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III. Predigten und Predigtmeditationen 2. Jakob und Esau<br />
Prozess sein kann, schildert GiselHer W. HoFFMann<br />
in seiner Romanbearbeitung der Jahre 18611905<br />
aus der Perspektive der Herero unter dem Titel<br />
„Die schweigenden Feuer”.<br />
Nomadische Kulturen regeln, wer welches Weideland<br />
nutzt, wobei Veränderungen häufig sind. Sie<br />
kennen nicht die Praxis, großräumig Weideland<br />
durch Abgrenzungen etwa auf der Rechtsbasis von<br />
Kaufverträgen und Privatbesitz unzugänglich zu<br />
machen. Dies wird erst seit 1883 geschehen sein,<br />
wobei wahrscheinlich schon beim ersten von sehr<br />
vielen Landkäufen eine Unklarheit über die genaue<br />
Flächengröße bewusst bestehen blieb* 1 .<br />
Nach europäischen Missionaren und Händlern<br />
– die Rivalität europäischer Mächte zeigt sich darin,<br />
dass im Waffenhandel englische Händler in<br />
Namibia aktiv waren – erleben diese Völker Deutsche<br />
auch als Landbesitzer und Farmer, Ingenieure<br />
und Vermesser, Beamte und Soldaten, die Eisenbahnen,<br />
Telegraphen und Heliographenlinien, ein<br />
Post und Telephonnetz mit den heute bestaunten<br />
Gebäuden der deutschen Gründerzeit bauen, die<br />
marschieren und exerzieren und Geschütze einsetzen.<br />
Dazu machen sie die Erfahrung der Alkoholabhängigkeit,<br />
der Verschuldung und der Zwangsmaßnahmen<br />
gegen Schuldabhängige, auch unter<br />
ihren eigenen Häuptlingen.<br />
Deutsche kommen mit mitgebrachten Bildern von<br />
Afrikanern. luDWiG von roHDen (18151889), seit<br />
1846 theologischer Lehrer am Missionsseminar der<br />
Rheinischen Mission und von 18841889 im Alter<br />
noch Friedrich Fabris Nachfolger als Inspektor, hat<br />
1867 für die „höheren Classen evangelischer Gymnasien<br />
und Realschulen“ einen „Leitfaden der Weltgeschichte“<br />
veröffentlicht. Zu seiner Sicht gehört<br />
die Überzeugung, dass sich mit der Loslösung des<br />
Menschen von Gott im Sündenfall auch seine Gestalt<br />
und Hautfarbe verändert hat. Die am weitesten<br />
von Gott Entfernten sind am tiefsten gesunken,<br />
schwarz geworden und dem Tier am ähnlichsten.<br />
Von Rohden hat die Hoffnung, dass sich mit Erziehung<br />
und christlicher Einwirkung tierische Gesichtsbildung<br />
und dunkle Farbe verändern* 2 .<br />
* 1 Patemann, 74-78<br />
* 2 vorgetragen von Lothar Schreiner, s. S. 10<br />
* 3 38, zitiert nach Menzel, Rheinische Mission, 76<br />
* 4 Formulierung durch Menzel, aa.O., 77<br />
* 5 1. Auflage 1868, hohe Auflagen<br />
* 6 Auflage von 1911, nach Helbig, 106<br />
* 7 Haeckel, Onlineversion von Kurt Stüber,<br />
Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, Köln)<br />
Die gleiche Sicht hat 1859, zwei Jahre nach seiner<br />
Berufung zum Missionsinspektor, bereits der eigentlich<br />
der Inneren Mission verbundene und als<br />
dem Pietismus nahestehend bekannte Mitbegründer<br />
der Deutschen Evangelischen Allianz Friedrich<br />
Fabri in „Die Entstehung des Heidenthums und die<br />
Aufgabe der Heidenmission“ in Barmen veröffentlicht.<br />
Er glaubt, dass beim Turmbau zu Babel „die<br />
Söhne und Nachkommen Hams“ (die Afrikaner) „die<br />
Anstifter und Hauptwerkzeuge dieses großen, gottwidrigen<br />
Unternehmens gewesen sind“* 3 , dass dagegen<br />
die Söhne Japhets (die Europäer) „verhältnismäßig<br />
weniger an dem Aufruhr gegen Gott beteiligt<br />
waren”* 4 . Auf den Fluch, der nach der Auslegung<br />
von Genesis/1. Mose 9, 25 unter anderen durch<br />
Fabri immer noch auf Hams Nachkommen lastet,<br />
spielt Carl Gotthilf Büttner 1874 und 1875 mehrfach<br />
in Briefen aus Otjimbingwe an Inspektor Fabri<br />
an. Er folgert:<br />
„[...] ist es nicht wunderbar, wenn das Ende der Geschichte<br />
ausweist, daß die germanischen Völker als<br />
die erstgeborenen zur Weltherrschaft berufen sind<br />
und auch den adeligsten Sinn haben. Man muß erst<br />
unter den Hamiten hier leben, um begreifen zu können,<br />
was für Unterschiede es in der Menschheit gibt.”<br />
(20. 12. 1875, nach Menzel, Büttner, 32)<br />
Soweit der deutsche Mittelstand Bibelpredigern<br />
gegenüber kritisch eingestellt ist, kann er statt<br />
solcher Schriften die „Natürliche Schöpfungsgeschichte“<br />
* 5 des Sozialdarwinisten ernst HeinricH<br />
Haeckel (18341919) lesen. Sie kommt zum völlig<br />
entsprechenden Ergebnis mit der Unterscheidung<br />
von zwölf Arten und 36 Rassen der Menschheit,<br />
die auf die Herrschaft der weißen Art zielt und<br />
„Hottentotten“, „Kaffern“, „Neger“ und Papua zu<br />
den „niedrigst entwickelten Arten“ zählt* 6 . Die erste<br />
Auflage, die zehn Arten unterscheidet, urteilt:<br />
„Im Allgemeinen stehen die wollhaarigen und die<br />
schiefzähnigen Menschen auf einer viel tieferen Entwickelungsstufe,<br />
und den Affen viel näher, als die<br />
schlichthaarigen und die geradzähnigen Menschen.“<br />
Sie schließt die Darstellung der Schöpfung mit der<br />
Feststellung ab, dass aus dem indogermanischen<br />
Zweig „die höchst entwickelten Kulturvölker hervorgingen”,<br />
sowie mit der Erwartung, dass gegenüber<br />
der weißen, kaukasischen oder iranischen Art nur<br />
wenige andere „den Kampf um’s Dasein mit diesen<br />
noch auf lange Zeit hinaus glücklich bestehen” werden.*<br />
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