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III. Predigten und Predigtmeditationen 2. Jakob und Esau<br />

Gott hat mir „gnädig beschert“ („chanan“ 33, 5.11).<br />

Er sucht die „Gnade“ des Bruders (33, 8.10).<br />

Mitten in dieser dramatischen Entwicklung stehen<br />

sowohl das Gebet des Jakob – es folgt der Umsetzung<br />

der Sicherheitsstrategie – wie die Erfahrung<br />

des Überfallenwerdens am Fluss. Das Gebet, „das<br />

erste Gebet, das jemand für sich selbst an Gott richtete“<br />

* 1 , ist kein um die Angst kreisendes Gebet. Es<br />

ruft Gott zunächst als den Gott der Väter an und<br />

beruft sich auf Gottes Weisung und Zusage. Es ruft<br />

danach den naMen an und findet den Platz des<br />

Beters selbst mit Bezug auf seine Taten: „Ich bin zu<br />

gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an<br />

deinem Knechte getan hast”. Es macht dies an den<br />

von Gott empfangenen Geschenken auf dem gesamten<br />

zwanzigjährigen Weg deutlich, der nun auf<br />

die beiden Punkte des Gehens und Kommens über<br />

denselben Grenzpunkt (abgekürzt und nicht ganz<br />

zutreffend) zusammenrückt. Erst danach schreit<br />

Jakob nach Errettung auf dem Grund seiner Furcht,<br />

die er ausspricht. Er kehrt dahin zurück, Ihn erneut<br />

an seine Zusage zu erinnern.<br />

Im Kampf aufgrund des nächtlichen Überfalls versucht<br />

Jakob den Segen zu erkämpfen, den er doch<br />

schon einmal genommen hat. Bevor sein Wunsch<br />

nach dem Segen Antwort findet (wenn auf der<br />

jüngsten Textebene 32, 29 so zu lesen ist), fragt<br />

das Gegenüber nach Jakobs Namen. Die hier erreichte<br />

Zuspitzung des dramatischen Geschehens<br />

beider Kapitel liegt darin, dass Jakob mit seinem<br />

Namen sich selbst ausspricht als der, der „nach der<br />

Ferse des Bruders greift” (25, 26). Dass an dieser<br />

Stelle der Kampf gewonnen ist, enthüllt den Entscheidungspunkt<br />

auf Jakobs Weg. Im Kampf mit<br />

Gott erfährt er die Konfrontation mit sich selbst,<br />

mit seinem bisherigen Weg und seiner (von der<br />

Erzählung niemals ausdrücklich als solcher bezeichneten)<br />

Schuld. Hier fällt die Maske, bevor am<br />

nächsten Morgen die starren Masken auf dem Bild<br />

des Bruders fallen werden. Es erweist sich, dass<br />

das angstbesetzte Bild, die Fratze an der Stelle des<br />

andern die Projektion der eigenen Angst war, der<br />

eigenen unbearbeiteten Situation und Grundhaltung.<br />

Die Sonne des Tags der Begegnung mit dem<br />

Bruder kann Jakob aufgehen* 2 .<br />

Die Begegnung der Brüder braucht weder eine<br />

klärende oder aufarbeitende Aussprache, noch den<br />

Begriff der „Vergebung”. Das Suchen der „Gnade”<br />

* 1 Whitlau 111f. nach Benno Jacob<br />

* 2 so mit von Rad, Klappert und Jissaschar Jacobson, dem sich<br />

Whitlau/Aschkenasy, 112, anschließen<br />

22<br />

und das Verhalten Esaus genügen.<br />

Die Begegnung der Versöhnung ist kurz. Gegen<br />

den Wunsch Esaus folgt ihr sofort die Trennung.<br />

Die Verschiedenheit der Völker Israel und Esau, die<br />

unterschiedlichen Lebensräume und Lebensweisen<br />

erfordern unterschiedliche Wege. Viele Ausleger,<br />

JoHannes calvin eingeschlossen, hören dabei Jakob<br />

die Unwahrheit sagen, als er nach der Zusage,<br />

Esau zu folgen (33, 14), einen anderen Weg einschlägt,<br />

d. h. beim Ziel seiner Reise bleibt. Die<br />

Trennung wird nicht ausgesprochen, aber vollzogen.<br />

tHoMas Mann hat Esau als Gott Pan gestaltet, sodass<br />

„der gute Teufel dem Gesegneten” gegenüber<br />

steht. Das Buch Genesis gebraucht die Form „der<br />

Gesegnete” von Isaak 26, 29, nicht jedoch von<br />

Jakob. Der bereits genannten Bosheit des Schriftstellers<br />

gegen Jakob (s. o. S. 18) geht die gegen Esau<br />

voraus, die seine „peinlich ausdrückliche Hochherzigkeit”<br />

so „schmatzend” darstellt, „daß es dem also<br />

Geherzten bald zuviel wurde”. Jaakob „schwenkte ab<br />

bei erster Gelegenheit und schlug sich beiseite”.<br />

Siegward Kunath warnt weniger burlesk vor der<br />

„gefährliche(n) Umarmung” Israels (20) auch durch<br />

Christinnen und Christen. Er wagt die Einschätzung,<br />

dass „vielleicht die sanfte Gefahr noch gefährlicher<br />

[ist] als die Gewalt”, wenn „Schwestern und<br />

Brüder [...] in ihrer vermeintlichen Liebe nicht die<br />

Distanz wahren, die den Nächsten in seiner Eigenart<br />

achtet” (22).<br />

Zur Predigt<br />

Der Krieg von 1904 ist den Predigthörerinnen<br />

und ­hörern fern. Die Versuch, an ihn zu erinnern<br />

oder ihn erst bekannt zu machen, kann zu<br />

Abwehrreaktionen führen. Es ist erforderlich, die<br />

damaligen Erfahrungen so nahe zu bringen, dass<br />

die menschlichen Gesichter hervortreten, die selbst<br />

den Anspruch erheben, der sich nicht mit Abwehr<br />

beantworten lässt. Das Fortwirken der Vernichtungsbefehle<br />

durch den Herrenmenschen bis zum<br />

Holocaust kann ebenso benannt werden wie die<br />

aktuelle Folge der ungelösten Landrechtsfrage für<br />

Namibia. In einer Gemeinde, die sich aktiv an einer<br />

Namibiapartnerschaft beteiligt, sollten Information<br />

und Gedenken eingebettet werden in lokale Erfahrungen,<br />

in die eigenen Planungen für 2004 und<br />

die folgenden Jahre. Christinnen und Christen der<br />

beiden Länder und Kirchen, die sich heute als Geschwister<br />

wahrnehmen und geschwisterliche

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