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III. Predigten und Predigtmeditationen 2. Jakob und Esau<br />

1899­1902 verwendet worden und mag 1904 von<br />

dort durch die deutsche „Schutztruppe“ aufgegriffen<br />

sein. Ein Brief von Reichskanzler bernHarD Fürst<br />

von büloW an Gouverneur General aDrian DietricH<br />

lotHar von trotHa (1848­1920, Gouverneur 1904­<br />

1905) vom 11. Dezember 1904 fordert die Errichtung<br />

solcher Lager, die teilweise bis 1908 bestehen<br />

werden*. Dem Völkermord von 1904 folgt in der<br />

Erinnerung an das 20. Jahrhundert die Deportation<br />

des armenischen Volkes in die syrische Wüste. Sie<br />

wird 1915 durch die jungtürkische Regierung des<br />

Osmanischen Reiches unter schweigendem Mitwissen<br />

der verbündeten Regierung des Deutschen<br />

Lothar von Trotha (1848-1920, Gouverneur 1904-1905)<br />

Reiches (mit dem Verbot von Berichten) verantwortet.<br />

Man wird davon ausgehen, dass zwei Jahrzehnte<br />

später die nationalsozialistische deutsche<br />

Führung bei der Planung und Durchführung des<br />

Holocaust eine zweifache Erinnerung daran hat:<br />

Es ist möglich, Völkermord zu verüben, ohne mit<br />

einer einschneidenden internationalen Ächtung<br />

rechnen zu müssen. Da wir mit dem Wissen um<br />

die Geschichte der Vernichtung dem Antlitz des<br />

biblischen Jakob = Israel begegnen, ahnen wir,<br />

was geschieht, als auf dem Weg des Herrenmenschentums<br />

Jüdinnen und Juden in Deutschland<br />

zwangsweise die Beinamen „Sara“ und „Israel“<br />

tragen müssen: Die Segensnamen der Mütter und<br />

Väter Israels werden zu Zwangsnamen pervertiert.<br />

Wir verlassen die Spur des Segens und begeben<br />

uns auf den Weg des Fluches und der Selbstver­<br />

* Gesellschaft für bedrohte Völker<br />

nichtung. Bertold Klappert hat auf dem Ökumenischen<br />

Kirchentag 2003 in Berlin mit Hinweisen des<br />

Philosophen und Rabbiners eMil luDWiG FackenHeiM<br />

(1916­2003) darauf aufmerksam gemacht.<br />

Der 2003 erschienene Tagebuchroman „Herero“<br />

des aus der Berliner alternativen Szene stammenden<br />

Autors Gerhard Seyfried gibt mit Lokal­ und<br />

Zeitkolorit Menschen von 1904 auf leicht fassliche<br />

Weise Gesicht. Das stärkere Gewicht liegt dabei<br />

auf der deutschen Seite. Der Roman mag mit dadurch<br />

angeregt sein, dass die Beschäftigung mit<br />

dem Mord am armenischen Volk nicht denkbar ist<br />

ohne seine Bezeugung durch „Die vierzig Tage des<br />

Musa Dagh“ (1933) von Franz WerFel (1890­1945).<br />

Seyfried macht trotz mancher Parallelen nicht den<br />

kaum zu verwirklichenden Versuch, die eindrückliche<br />

Kraft Werfels zu wiederholen. Wir wissen vielleicht<br />

aus dem Hererokrieg 1904 noch nicht einen<br />

Widerstands­ und Überlebensversuch von Menschen<br />

durchgehend darzustellen, der der armenischen<br />

Gruppe auf dem Moseberg bei Alexandrette<br />

(Iskenderun) entspricht. Das sicher größte Grauen<br />

des Todes in der Wüste ist kaum darstellbar und<br />

bei Seyfried nur in wenigen berichtenden Sätzen<br />

angesprochen.<br />

Eine Gottesdienstvorbereitung wird aus den Hintergründen<br />

des Jahres 1904 berücksichtigen: Der<br />

auch 2004 Menschen in ihrer Existenz bedrohende<br />

fremdenfeindliche Rassismus hat in Deutschland<br />

eine konkret zu belegende Geschichte nationaler<br />

Motive, die weit in das 19. Jahrhundert zurückreicht.<br />

Er arbeitet mit diskriminierenden Bildern,<br />

die den Blick in das wirkliche Angesicht von<br />

Menschen verstellen. Sie zeigen Fratzen statt der<br />

Gesichter. Die Partnerschaften unter den Mitgliedskirchen<br />

der VEM machen dagegen die Erfahrung,<br />

dass Menschen sich „von Angesicht zu Angesicht“<br />

begegnen. Die Partnerschaften sind genötigt zur<br />

kritischen Auseinandersetzung mit den Bildern, die<br />

solche Erfahrung und entsprechende gemeinsame<br />

Zukunftswege verstellen. Wenn hiermit Bilder und<br />

Einstellungen angesprochen sind, kann darüber<br />

nicht verschwiegen werden, dass Deutschland<br />

auch mit einer schwer durchschaubaren Fülle von<br />

Rechts­ und Verwaltungsbestimmungen etwa in<br />

Fragen des Aufenthaltsrechts und der Zuwanderung<br />

andere ausschließt.<br />

Für die Partnerschaft ist der Krieg von 1904<br />

ein Bruderkrieg. Partnerschaften werden dabei<br />

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