Das Benninger Ried (PDF) - Regierung von Schwaben - Bayern
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38<br />
6.1 · PFLANZEN UND TIERE AN LAND<br />
Nachtfalter<br />
Die obige Übersicht zeigt deutlich,<br />
dass sich nur ein relativ geringer<br />
Teil der Falteraktivitäten, für den<br />
Laien sichtbar, bei Tage abspielt.<br />
Nahezu alle zu den Nachtfaltern<br />
zählenden Spinner, Schwärmer,<br />
Eulen und Spanner verlassen erst<br />
nach Einbruch der Dunkelheit ihre<br />
Verstecke, gehen auf Partnersuche,<br />
saugen den Nektar verschiedener<br />
Blütenpflanzen, suchen die zur<br />
Eiablage passenden Raupenfutterpflanzen<br />
auf und besiedeln neue<br />
Areale. Die Raupen vieler Arten,<br />
auch die einiger Tagfalterarten,<br />
nehmen im Schutze der Dunkelheit<br />
ihre Nahrung auf.<br />
Besonders attraktive Spinnerarten<br />
des <strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong>s sind das<br />
Kleine Nachtpfauenauge, (Saturnia<br />
pa<strong>von</strong>ia) und der Braune Bär<br />
(Arctia caja). Während das Kleine<br />
Nachtpfauenauge noch häufig<br />
und weit verbreitet ist, hat sich der<br />
Braune Bär, bedingt durch Nutzungsänderungen<br />
in der Landschaft<br />
und im Siedlungsbereich,<br />
vor allem in Schutzgebiete mit<br />
Offenlandanteilen (z. B. Streuwiesen)<br />
zurückgezogen.<br />
Von den „Jumbos“ unter den<br />
Nachtfaltern, den Schwärmern,<br />
fliegen im Schutzgebiet neben anderen<br />
das Abendpfauenauge<br />
(Smerinthus ocellata), der Pappelschwärmer<br />
(Laothoe populi) und<br />
der Mittlere Weinschwärmer<br />
(Deilephila elpenor). An Weiden,<br />
Pappeln und Weidenröschen finden<br />
die Raupen dieser Arten ihre<br />
Nahrung.<br />
Die artenreichste Familie unter<br />
den Großschmetterlingen, die der<br />
Eulen, ist im <strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> mit<br />
mindestens 86 Arten vertreten.<br />
Im Schilf und Rohrglanzgras entwickelt<br />
sich die Raupe der stark<br />
gefährdeten Rohrglanzgraseule<br />
(Archanara neurica). Die nächsten<br />
Nachweise dieser Feuchtgebietsart<br />
16 17<br />
18 19<br />
liegen aus Oberschwaben und aus<br />
dem Donautal bei Günzburg vor.<br />
Auch die folgenden als gefährdet<br />
eingestuften Eulenarten Sumpfgras-Schnauzeneule<br />
(Macrochilo<br />
cribrumalis), Moor-Motteneule<br />
(Hypenodes humidalis), Schmalflügelige<br />
Schilfrohreule, (Chilodes<br />
maritima) und Wasserschwaden-<br />
Röhrichteule, (Phragmatiphila<br />
nexa), sind typische Vertreter <strong>von</strong><br />
Mooren und Feuchtgebieten. Allen<br />
diesen Eulen gemeinsam ist das<br />
unauffällige Äußere der Falter. In<br />
dem in Bodennähe trockenen Schilf<br />
und <strong>Ried</strong>gras sind die gelbbraun<br />
gefärbten und wenig gezeichneten<br />
Schmetterlinge bestens getarnt.<br />
In großer Zahl (94 Arten) fliegen<br />
im Schutzgebiet Nachtfalter, die<br />
zur Familie der Spanner gehören.<br />
Der lateinische Name Geometridae<br />
dieser Familie weist auf die geometrischen<br />
Muster in der Flügelzeichnung<br />
vieler ihrer Vertreter hin. Die<br />
Mehrzahl der Spannerarten lebt<br />
in der Larvalphase (als Raupe) an<br />
Gehölzen.<br />
Im <strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> säumen eine<br />
Reihe <strong>von</strong> aue- und moortypischen<br />
Gehölzarten die Ränder <strong>von</strong> Quellmoor,<br />
Streuwiesen und Fließgewässern.<br />
Der auf den Streuwiesen<br />
im Umfeld des Quellmoors vorkommendeSumpflabkraut-Blattspanner,<br />
Orthonama vittata und<br />
der Rotgelbe Weidenspanner,<br />
Eulithis testata, beide Arten der<br />
Vorwarnliste, sind Feuchtgebietsindikatoren.<br />
Von den Blüten verschiedener<br />
Gehölze und anderer<br />
Pflanzen ernähren sich die Raupen<br />
<strong>von</strong> 19 im Schutzgebiet nachgewiesenen<br />
Blütenspannerarten. Da<strong>von</strong><br />
gelten der Obsthain-Blütenspanner,<br />
Eupithecia insigniata, und der<br />
Weiße Eichen-Blüternspanner,<br />
Eupithecia irriguata als gefährdete<br />
Arten.<br />
Kleinschmetterlinge<br />
Obwohl sie bezüglich der Artenzahl<br />
die Großschmetterlinge übertreffen,<br />
wurden in der Faunistik<br />
(Erforschung der Tierwelt) über<br />
viele Jahrzehnte des vergangenen<br />
Jahrhunderts die Kleinschmetterlinge<br />
vernachlässigt. Der Laie<br />
kennt bestenfalls einige Schädlinge<br />
unter ihnen, wie z. B. Eichenwickler,<br />
Kastanienminiermotte, Dörrobstmotte<br />
oder Kleidermotte.<br />
Die Kleinschmetterlinge besiedeln<br />
sowohl ausgedehnte Lebensräume<br />
als auch kleine und kleinste<br />
Biotope. Unter ihnen befinden<br />
sich viele Spezialisten, deren Raupen<br />
nur an eine oder einige wenige<br />
Pflanzen gebunden sind.<br />
Den Kleinschmetterlingen kommt<br />
deshalb bei der Bewertung <strong>von</strong><br />
Lebensräumen eine wichtige Indikatorfunktion<br />
zu.<br />
Von den o.g. 35 Schmetterlingsfamilien,<br />
die im <strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong><br />
festgestellt wurden, gehören 23 zu<br />
den Kleinschmetterlingen. Die entwicklungsgeschichtlich<br />
(phyloge-<br />
20<br />
21<br />
netisch) älteste Familie ist die der<br />
Urfalter. Diese kleinen metallisch<br />
glänzenden Schmetterlinge besitzen<br />
noch keinen Saugrüssel, sondern,<br />
wie viele andere Insekten,<br />
ausgebildete Fresswerkzeuge.<br />
Über diese ernähren sie sich vom<br />
Pollen verschiedenster Blütenpflanzen.<br />
An blühenden Seggen<br />
kann im Mai der stark gefährdete<br />
<strong>Ried</strong>gras-Urfalter, Micropteryx<br />
mansuetella, im Schutzgebiet beobachtet<br />
werden.<br />
Bild 16: Blaukernauge<br />
(Minois dryas)<br />
Bild 17: Storchschnabelbläuling<br />
(Aricia eumedon)<br />
Bild 18: Kleines Nachtpfauenauge<br />
(Saturnia pa<strong>von</strong>ia)<br />
Bild 19: Brauner Bär<br />
(Arctia caja)<br />
Bild 20: Abendpfauenauge<br />
(Smerinthus ocellata)<br />
Bild 21: Dunkelgrüne Flechteneule<br />
(Cryphia algae)<br />
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RICHARD HEINDEL · HUBERT ANWANDER