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Das Benninger Ried (PDF) - Regierung von Schwaben - Bayern

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6.2 · DAS LEBEN IM WASSER<br />

Ein reicher Fischgrund war das<br />

<strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> wohl nie. Dazu<br />

sind die Quellbäche zu kalt, zu<br />

nahrungsarm und zu seicht. Aber<br />

sauber und sauerstoffreich – das ist<br />

nicht zu verachten. Derartige Gewässer,<br />

die auch bei größter Hochsommerhitze<br />

kaum 15 °C erreichen,<br />

sandig-kiesige Sohlen haben<br />

und nur <strong>von</strong> wenigen Fischarten<br />

besiedelt sind, werden nach Fischartenzonierung<br />

als „Obere Forellenregion“<br />

auch Bachforellenregion<br />

bezeichnet. Die Charakterarten<br />

sind die genannte Bachforelle und<br />

die Mühlkoppe. Um festzustellen,<br />

was alles an Fischarten in den<br />

<strong>Ried</strong>bächen lebt, wurde 2004 durch<br />

einen Vertreter der Fischereifachberatung<br />

beim Bezirk <strong>Schwaben</strong> eine<br />

Elektrofischerei durchgeführt.<br />

Die Fische werden dabei durch<br />

ein elektrisches Feld <strong>von</strong> ca. 2 m<br />

Durchmesser <strong>von</strong> der sog. Fangelektrode<br />

angezogen und werden<br />

durch den Gleichstrom in eine Art<br />

Narkose versetzt. So können die<br />

Tiere bestimmt, gezählt und unverletzt<br />

entnommen werden.<br />

Es konnten 268 Fische der Arten<br />

Bachforelle (103 Stück), Koppe<br />

(113 Stück), Regenbogenforelle<br />

(27 Stück), Bachsaibling (6 Stück)<br />

und Dreistachliger Stichling<br />

(19 Stück) gefangen werden. Nach<br />

Artbestimmung, Vermessung<br />

und Wiegung wurden alle Fische<br />

zurückgesetzt.<br />

Die ursprüngliche Erwartung wurde<br />

voll bestätigt. Von den drei weiteren<br />

Arten sind die Regenbogen-<br />

Mühlkoppe<br />

Bachforelle<br />

FISCHE (PISCES)<br />

Stichling<br />

Bachsaibling<br />

forelle und der Bachsaibling vor<br />

über 100 Jahren aus Nordamerika<br />

nach Europa eingeführt worden.<br />

Sie sind heute in Teichanlagen weit<br />

verbreitet und als Ausreißer in den<br />

<strong>Ried</strong>hauptbach gelangt. In den Innenbächen<br />

finden sie anscheinend<br />

keinen geeigneten Lebensraum. Sie<br />

stellen deshalb auch keine Gefahr<br />

(Verdrängung) für den ursprünglichen<br />

Fischbestand dar. Der Stichling<br />

war ebenfalls nicht im Donaugebiet<br />

beheimatet und es wird<br />

vermutet, dass diese Art durch<br />

Aquarianer eine weite Verbreitung<br />

erfuhr. Dieser nur bis 8 cm große<br />

Kleinfisch betreibt aktive Brutpflege<br />

und baut richtige Nester für die<br />

Aufzucht. Der Stichling ernährt<br />

sich <strong>von</strong> Kleintieren bis zur Größe<br />

<strong>von</strong> Fischbrut. Durch seine geringe<br />

Größe wird er aber selbst oft Opfer<br />

der Bachforellen und Koppen.<br />

Die Koppe ist wie der Stichling<br />

intensiv mir der Brutpflege beschäftigt.<br />

Der Milchner (Männchen)<br />

sucht sich für die Hochzeit<br />

eine Höhlung am Gewässergrund<br />

in die er einen Rogner (Weibchen)<br />

lockt. Hier erfolgt die Laichabgabe<br />

und Befruchtung. Nach 4 bis<br />

6 Wochen schlüpfen die Jungfische<br />

und werden noch solange bewacht<br />

bis sie selbstständig den Laichplatz<br />

verlassen.<br />

Die Koppe wird bis zu 18 cm groß<br />

und ist, wie am großen Maul zu<br />

erkennen, ein richtiger Räuber.<br />

Neben Kleintieren wie Insektenlarven,<br />

Krebsen und Würmern<br />

werden auch schlanke Fische bis<br />

fast eigener Körperlänge erbeutet.<br />

Aber auch die Koppe findet im<br />

<strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> ihren Meister. Die<br />

Bachforelle steht hier an der Spitze<br />

der aquatischen Lebensgemeinschaft.<br />

Die Bachforelle ist je nach<br />

Standort sehr unterschiedlich gefärbt<br />

und kann einfach anhand<br />

ihrer leuchtend roten Punkte <strong>von</strong><br />

den anderen Forellenartigen unterschieden<br />

werden. Durch das<br />

schmackhafte, grätenarme Fleisch<br />

unten: Elektrobefischung im <strong>Ried</strong><br />

rechts oben: Bachforelle (Salmo trutta)<br />

rechts unten: Mühlkoppe (Cottus gobio)<br />

wurde sie seit jeher hochgeschätzt.<br />

Heute ist sie durch den Ausbau der<br />

Gewässer und die intensive Nutzung<br />

des Umlandes als potentiell<br />

gefährdet anzusehen. Besonders<br />

der Verschluß des Lückensystems<br />

am Gewässergrund durch Eintrag<br />

<strong>von</strong> Erde und Sand gefährdet die<br />

Laichplätze für den typischen Kieslaicher.<br />

Die Laichzeit fällt <strong>von</strong><br />

November bis Januar mitten in den<br />

Winter. Der Laich wird in selbst<br />

gegrabene Kiesmulden gelegt und<br />

wieder zum Schutz abgedeckt.<br />

Die Entwicklungszeit ist lange,<br />

3 bis 4 Monate, um den schlüpfenden<br />

Jungfischen bereits ein ausreichendes<br />

Nahrungsangebot im<br />

zeitigen Frühjahr zu sichern. Unter<br />

den Bedingungen der <strong>Ried</strong>bäche<br />

werden die Milchner nach 3 Jahres<br />

und die Rogner nach 4 Jahren geschlechtsreif.<br />

Eine weitere Gefährdung dieser<br />

anspruchsvollen Fischart ist seit<br />

einigen Jahren durch das durch<br />

unbekannte Ursachen ausgelöste<br />

Bachforellensterben aufgetreten.<br />

Im Sommer in den größeren Fließgewässern<br />

wie der Iller verenden<br />

regelmäßig schwarz gefärbte Bachforellen.<br />

Die Ursachen werden im<br />

Wasserchemismus vermutet, da die<br />

betroffenen Gewässer alle <strong>von</strong> der<br />

Besiedelung mit Menschen und<br />

deren Abwässer belastet sind. Im<br />

<strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> tritt dieses Phäno-<br />

men nicht auf. Ein Teil der in den<br />

<strong>Ried</strong>bächen aus dem Ei geschlüpften<br />

Bachforellen ist auf Grund<br />

einer erblichen Besonderheit gezwungen<br />

abwärts zu wandern. Sie<br />

können durchaus auch bis in die<br />

Iller oder Donau schwimmen und<br />

sind in der Lage verödete Lebensräume<br />

neu zu besiedeln. Der sich<br />

selbst erhaltende Bachforellenbestand<br />

im <strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> ist als<br />

Genreserve hoch einzuschätzen<br />

und besonders schützenswert.<br />

83<br />

ROLAND PARAVICINI

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