Das Benninger Ried (PDF) - Regierung von Schwaben - Bayern
Das Benninger Ried (PDF) - Regierung von Schwaben - Bayern
Das Benninger Ried (PDF) - Regierung von Schwaben - Bayern
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
82<br />
6.2 · DAS LEBEN IM WASSER<br />
Ein reicher Fischgrund war das<br />
<strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> wohl nie. Dazu<br />
sind die Quellbäche zu kalt, zu<br />
nahrungsarm und zu seicht. Aber<br />
sauber und sauerstoffreich – das ist<br />
nicht zu verachten. Derartige Gewässer,<br />
die auch bei größter Hochsommerhitze<br />
kaum 15 °C erreichen,<br />
sandig-kiesige Sohlen haben<br />
und nur <strong>von</strong> wenigen Fischarten<br />
besiedelt sind, werden nach Fischartenzonierung<br />
als „Obere Forellenregion“<br />
auch Bachforellenregion<br />
bezeichnet. Die Charakterarten<br />
sind die genannte Bachforelle und<br />
die Mühlkoppe. Um festzustellen,<br />
was alles an Fischarten in den<br />
<strong>Ried</strong>bächen lebt, wurde 2004 durch<br />
einen Vertreter der Fischereifachberatung<br />
beim Bezirk <strong>Schwaben</strong> eine<br />
Elektrofischerei durchgeführt.<br />
Die Fische werden dabei durch<br />
ein elektrisches Feld <strong>von</strong> ca. 2 m<br />
Durchmesser <strong>von</strong> der sog. Fangelektrode<br />
angezogen und werden<br />
durch den Gleichstrom in eine Art<br />
Narkose versetzt. So können die<br />
Tiere bestimmt, gezählt und unverletzt<br />
entnommen werden.<br />
Es konnten 268 Fische der Arten<br />
Bachforelle (103 Stück), Koppe<br />
(113 Stück), Regenbogenforelle<br />
(27 Stück), Bachsaibling (6 Stück)<br />
und Dreistachliger Stichling<br />
(19 Stück) gefangen werden. Nach<br />
Artbestimmung, Vermessung<br />
und Wiegung wurden alle Fische<br />
zurückgesetzt.<br />
Die ursprüngliche Erwartung wurde<br />
voll bestätigt. Von den drei weiteren<br />
Arten sind die Regenbogen-<br />
Mühlkoppe<br />
Bachforelle<br />
FISCHE (PISCES)<br />
Stichling<br />
Bachsaibling<br />
forelle und der Bachsaibling vor<br />
über 100 Jahren aus Nordamerika<br />
nach Europa eingeführt worden.<br />
Sie sind heute in Teichanlagen weit<br />
verbreitet und als Ausreißer in den<br />
<strong>Ried</strong>hauptbach gelangt. In den Innenbächen<br />
finden sie anscheinend<br />
keinen geeigneten Lebensraum. Sie<br />
stellen deshalb auch keine Gefahr<br />
(Verdrängung) für den ursprünglichen<br />
Fischbestand dar. Der Stichling<br />
war ebenfalls nicht im Donaugebiet<br />
beheimatet und es wird<br />
vermutet, dass diese Art durch<br />
Aquarianer eine weite Verbreitung<br />
erfuhr. Dieser nur bis 8 cm große<br />
Kleinfisch betreibt aktive Brutpflege<br />
und baut richtige Nester für die<br />
Aufzucht. Der Stichling ernährt<br />
sich <strong>von</strong> Kleintieren bis zur Größe<br />
<strong>von</strong> Fischbrut. Durch seine geringe<br />
Größe wird er aber selbst oft Opfer<br />
der Bachforellen und Koppen.<br />
Die Koppe ist wie der Stichling<br />
intensiv mir der Brutpflege beschäftigt.<br />
Der Milchner (Männchen)<br />
sucht sich für die Hochzeit<br />
eine Höhlung am Gewässergrund<br />
in die er einen Rogner (Weibchen)<br />
lockt. Hier erfolgt die Laichabgabe<br />
und Befruchtung. Nach 4 bis<br />
6 Wochen schlüpfen die Jungfische<br />
und werden noch solange bewacht<br />
bis sie selbstständig den Laichplatz<br />
verlassen.<br />
Die Koppe wird bis zu 18 cm groß<br />
und ist, wie am großen Maul zu<br />
erkennen, ein richtiger Räuber.<br />
Neben Kleintieren wie Insektenlarven,<br />
Krebsen und Würmern<br />
werden auch schlanke Fische bis<br />
fast eigener Körperlänge erbeutet.<br />
Aber auch die Koppe findet im<br />
<strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> ihren Meister. Die<br />
Bachforelle steht hier an der Spitze<br />
der aquatischen Lebensgemeinschaft.<br />
Die Bachforelle ist je nach<br />
Standort sehr unterschiedlich gefärbt<br />
und kann einfach anhand<br />
ihrer leuchtend roten Punkte <strong>von</strong><br />
den anderen Forellenartigen unterschieden<br />
werden. Durch das<br />
schmackhafte, grätenarme Fleisch<br />
unten: Elektrobefischung im <strong>Ried</strong><br />
rechts oben: Bachforelle (Salmo trutta)<br />
rechts unten: Mühlkoppe (Cottus gobio)<br />
wurde sie seit jeher hochgeschätzt.<br />
Heute ist sie durch den Ausbau der<br />
Gewässer und die intensive Nutzung<br />
des Umlandes als potentiell<br />
gefährdet anzusehen. Besonders<br />
der Verschluß des Lückensystems<br />
am Gewässergrund durch Eintrag<br />
<strong>von</strong> Erde und Sand gefährdet die<br />
Laichplätze für den typischen Kieslaicher.<br />
Die Laichzeit fällt <strong>von</strong><br />
November bis Januar mitten in den<br />
Winter. Der Laich wird in selbst<br />
gegrabene Kiesmulden gelegt und<br />
wieder zum Schutz abgedeckt.<br />
Die Entwicklungszeit ist lange,<br />
3 bis 4 Monate, um den schlüpfenden<br />
Jungfischen bereits ein ausreichendes<br />
Nahrungsangebot im<br />
zeitigen Frühjahr zu sichern. Unter<br />
den Bedingungen der <strong>Ried</strong>bäche<br />
werden die Milchner nach 3 Jahres<br />
und die Rogner nach 4 Jahren geschlechtsreif.<br />
Eine weitere Gefährdung dieser<br />
anspruchsvollen Fischart ist seit<br />
einigen Jahren durch das durch<br />
unbekannte Ursachen ausgelöste<br />
Bachforellensterben aufgetreten.<br />
Im Sommer in den größeren Fließgewässern<br />
wie der Iller verenden<br />
regelmäßig schwarz gefärbte Bachforellen.<br />
Die Ursachen werden im<br />
Wasserchemismus vermutet, da die<br />
betroffenen Gewässer alle <strong>von</strong> der<br />
Besiedelung mit Menschen und<br />
deren Abwässer belastet sind. Im<br />
<strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> tritt dieses Phäno-<br />
men nicht auf. Ein Teil der in den<br />
<strong>Ried</strong>bächen aus dem Ei geschlüpften<br />
Bachforellen ist auf Grund<br />
einer erblichen Besonderheit gezwungen<br />
abwärts zu wandern. Sie<br />
können durchaus auch bis in die<br />
Iller oder Donau schwimmen und<br />
sind in der Lage verödete Lebensräume<br />
neu zu besiedeln. Der sich<br />
selbst erhaltende Bachforellenbestand<br />
im <strong>Benninger</strong> <strong>Ried</strong> ist als<br />
Genreserve hoch einzuschätzen<br />
und besonders schützenswert.<br />
83<br />
ROLAND PARAVICINI