Das Benninger Ried (PDF) - Regierung von Schwaben - Bayern
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6.2 · DAS LEBEN IM WASSER<br />
dann mit ihrem Stechrüssel aus.<br />
Die „Rückenschwimmer“ der Familien<br />
Notonectidae und Pleidae<br />
sind ebenfalls weitgehend an die<br />
Wasseroberfläche gebunden, betreten<br />
sie aber <strong>von</strong> unten: Ihr Körper<br />
ist durch einen Luftvorrat „überkompensiert“<br />
(leichter als Wasser)<br />
und mit seinem Schwerpunkt auf<br />
der Rückenseite. Aus diesem Grunde<br />
werden sie in Ruhe <strong>von</strong> unten<br />
an das Oberflächenhäutchen gedrückt,<br />
auf dem sie durch die luftabweisende<br />
Behaarung ebenso stehen<br />
können wie auf der anderen<br />
Seite der Wasseroberfläche der<br />
Wasserläufer mit seinen wasserabweisenden<br />
Beinhaaren. <strong>Das</strong> Nahrungsspektrum<br />
der großen Notonectidae<br />
ähnelt durchaus dem, was<br />
die Gerriden auf der anderen Seite<br />
auch zu sich nehmen. Dazuhin unternehmen<br />
sie aber aktiv Raubzüge<br />
in tiefere Wasserschichten, wo sie<br />
andere Insekten, Kaulquappen und<br />
auch Jungfische ergreifen können.<br />
Die Zwergrückenschwimmer<br />
(Pleidae) ernähren sich hingegen<br />
vorwiegend <strong>von</strong> Kleinkrebsen.<br />
Ebenfalls in das Stockwerk direkt<br />
unter der Wasseroberfläche gehören<br />
zwei sehr charakteristische<br />
Wanzen, die am Hinterende ein<br />
langes Atemrohr tragen, durch das<br />
sie in Ruhe ihre Atemluft ständig<br />
austauschen können: Die Stabwanze<br />
(Gattung Ranatra) und der Wasserskorpion<br />
(Gattung Nepa). Beide<br />
sind durch ihr Äußeres und ihr<br />
Verhalten gut getarnte Lauerjäger,<br />
die nur gelegentlich die unmittelbare<br />
Nähe der Wasseroberfläche<br />
verlassen. Bis sie dorthin zurückgekehrt<br />
sind, verschließen wasserabstossende<br />
Haare ihr Atemrohr.<br />
Den eigentlichen Raum der Wassertiefe<br />
und des Bodensediments<br />
haben nur die Vertreter der<br />
Schwimmwanzen (Naucoridae<br />
und Aphelocheiridae) und Ruderwanzen<br />
(Corixidae) erobert. Aphelocheirus<br />
hat ein besonderes Atemsystem<br />
entwickelt, das ihm einen<br />
ständigen Aufenthalt unter Wasser<br />
erlaubt, allerdings nur in fliessendem<br />
Wasser funktioniert. Die Arten<br />
der anderen beiden Gruppen<br />
müssen hingegen regelmäßig ihren<br />
Luftvorrat an der Oberfläche erneuern<br />
bzw. austauschen. Die Ruderwanzen<br />
ähneln auf den ersten<br />
Blick den großen Rückenschwimmern,<br />
zeigen aber ein vollkommen<br />
anderes Verhalten und unterscheiden<br />
sich <strong>von</strong> allen anderen Gruppen<br />
aquatischer Wanzen durch ihre<br />
vorwiegend vegetarische Ernährung.<br />
Sie sitzen oft in der Nähe des<br />
Grundes und sieben mit ihren<br />
Mundwerkzeugen das organische<br />
Sediment durch, aus dem sie vorwiegend<br />
Algen entnehmen.<br />
Wehrhafte<br />
Unterwassermusikanten<br />
Die Fähigkeit vieler Wasserwanzen,<br />
zirpende Geräusche hervorzubringen<br />
ist unter den Wirbellosen<br />
des Süßwassers einzigartig. Die besondere<br />
Ausprägung dieser Eigenschaft<br />
bei den Corixidae hat diesen<br />
auch den Namen „Wasserzikaden“<br />
eingebracht. Bemerkenswert ist<br />
weiter, dass der Stich etlicher Arten<br />
auch dem Menschen empfindliche<br />
Schmerzen und Nachwirkungen<br />
bereiten kann. Hierauf spielt der<br />
Artname <strong>von</strong> Naucoris cimicoides<br />
an: „cimicoides“ lässt sich mit<br />
„bettwanzenartig“ übersetzen.<br />
Nach dem eingangs Gesagten wird<br />
es nicht verwundern, dass Wasserwanzen<br />
im <strong>Benninger</strong> Moos keine<br />
linke Seite: Bachwasserläufer<br />
(Hydrometra stagnorum)<br />
oben: Kolbenwasserläufer (Velia caprai)<br />
unten: Wasserscorpion (Nepa cinerea)<br />
herausragende Rolle spielen und<br />
nur sporadisch auftreten. Unter<br />
den 13 nachgewiesenen Arten befinden<br />
sich zwei der Familie Saldidae,<br />
die eigentlich der Uferfauna<br />
zuzuordnen sind, fünf gehören zu<br />
den Wasserläufern und weitere<br />
zwei zum obersten Stockwerk der<br />
eigentlichen Wasserfauna, der Rückenschwimmer<br />
Notonecta glauca<br />
und der Wasserskorpion Nepa cinerea.<br />
Letzterer wurde im Larvenstadium<br />
gefunden, und es bleibt<br />
unsicher, ob die Art in den insgesamt<br />
kalten Wässern des Gebietes<br />
überhaupt durchsetzungsfähig ist.<br />
Zur Fauna des Gewässergrundes<br />
schließlich rechnen vier Ruderwanzen-Arten<br />
der Corixidae.<br />
Die meisten Nachweise waren in<br />
den ruhigen größeren Wasserflächen<br />
im Nordteil des Gebietes,<br />
auch hier traten viele Arten als<br />
Einzelexemplare oder in geringer<br />
Dichte auf. Lediglich Velia caprai,<br />
die insgesamt am häufigsten nachgewiesene<br />
Art, wurde ausschließlich<br />
in den eigentlichen Quellbereichen<br />
gefunden. Sie bevorzugt<br />
generell geschützte und beschattete<br />
Uferzonen <strong>von</strong> Fließgewässern.<br />
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REINHARD GERECKE · CLAUDE MEISCH · FABIO STOCH