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Das Benninger Ried (PDF) - Regierung von Schwaben - Bayern

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6.2 · DAS LEBEN IM WASSER<br />

Schwimmkäfer Kleinkrebse, andere<br />

Insekten, Amphibienlarven und<br />

sogar kleine Fische verzehren. Die<br />

Wassertreter sind auch als erwachsene<br />

Käfer Pflanzenfresser und<br />

treten im <strong>Ried</strong> vorwiegend in den<br />

teichartigen, algenreichen Zonen<br />

des Nordwestteils auf. Sie zeichnen<br />

sich durch eine <strong>von</strong> den Hinterschenkeln<br />

ausgehende Platte aus,<br />

die die Bildung eines zusätzlichen<br />

luftgefüllten Zwischenraums auf<br />

der Bauchseite erlaubt, während<br />

bei den Schwimmkäfern der Luftvorrat<br />

auf den Raum unter den<br />

Deckflügeln beschränkt bleibt. Aus<br />

diesem Zusammenhang und der<br />

insgesamt geringeren Aktivität der<br />

Wassertreter erklärt sich, dass<br />

Käfer dieser Familie seltener zum<br />

Austausch ihrer Atemluft an die<br />

Wasseroberfläche kommen müssen.<br />

Schwimmkäfer sind im <strong>Benninger</strong><br />

<strong>Ried</strong> gleichmäßiger über<br />

das ganze Gebiet verteilt und besonders<br />

häufig auch in den Gräben<br />

und Schlenken des Südteils anzutreffen.<br />

Sie sind die einzige Käfergruppe,<br />

die in den Quellmundbereichen<br />

des <strong>Ried</strong>s auch mit speziell<br />

angepassten Arten vertreten sind,<br />

die nur unter stabilen, sommerkalten<br />

Temperaturverhältnissen zu<br />

existieren vermögen.<br />

Käfer der Familie Dryopidae sind<br />

eher träge, detritusfressende Tiere,<br />

die sich gerne im Uferbereich aufhalten<br />

und deren ganzer Körper<br />

<strong>von</strong> einer dicken Lufthülle umgeben<br />

ist. Sie sind eher wärmeliebend<br />

und im <strong>Ried</strong> nur durch eine Art in<br />

den Stillwasserbereichen des<br />

Nordteils vertreten. Die nahe verwandten<br />

Elmidae (Vertreter beider<br />

Familien werden im Deutschen<br />

oft als „Hakenkäfer“ bezeichnet)<br />

bevorzugen hingegen fließendes<br />

Wasser. Bei ihnen ist die Lufthülle<br />

dünner, auf bestimmte Körperbereiche<br />

beschränkt und erlaubt eine<br />

kontinuierliche Sauerstoffversorgung<br />

durch Diffusion aus dem<br />

Wasser. Die Käfer, ebenfalls eher<br />

träge Detritus- und Aufwuchsfresser,<br />

können daher ihr ganzes Leben<br />

unabhängig <strong>von</strong> der Wasseroberfläche<br />

existieren und auch in größerer<br />

Tiefe rasch strömender Bäche<br />

angetroffen werden. Generell weit<br />

verbreitet und häufig, sind sie im<br />

<strong>Ried</strong> erstaunlicherweise eine Seltenheit<br />

und konnten nur in einzelnen<br />

Exemplaren nahe der Quellmünder<br />

entdeckt werden.<br />

Schließlich treten im <strong>Ried</strong> Vertreter<br />

zweier Familien auf, die nur als<br />

Larven das Wasser bewohnen: die<br />

Schilfkäfer (Scirtidae) und Wasserpfennige<br />

(Psephenidae). Larven<br />

beider Familien sind auf den ersten<br />

Blick <strong>von</strong> asselähnlicher Gestalt<br />

und leben bevorzugt in flachen<br />

Bereichen mit reichen Anhäufungen<br />

<strong>von</strong> pflanzlichem Detritus. Sie<br />

besitzen einen kräftigen, aber familientypisch<br />

jeweils ganz anders gebildeten<br />

Kauapparat, mit dem sie<br />

auch harte Blätter zermahlen und<br />

den darauf befindlichen Belag aus<br />

Pilzen und Bakterien aufnehmen<br />

können. Unter den Schilfkäfern<br />

sind Larven der Gattung Elodes im<br />

<strong>Ried</strong> am häufigsten, die bevorzugt<br />

in der schlammigen Quelle nahe<br />

der Aussichtsplattform auftreten.<br />

Die Wasserpfennige haben ihren<br />

Verbreitungsschwerpunkt in den<br />

Tropen, wo viele Arten Larven<br />

<strong>von</strong> kreisrunder Form besitzen, die<br />

der Familie den Namen gegeben<br />

haben. In Europa sind sie nur<br />

durch die allgemein seltene Eubria<br />

palustris vertreten, die im <strong>Ried</strong><br />

die Schlenken des Zentrums bevorzugt.<br />

41 Arten nachgewiesen<br />

Von aus dem <strong>Ried</strong> untersuchten<br />

Wasserkäfern gehören 44 % zu den<br />

Wasserfreunden (12 Arten), 34 %<br />

zu den Schwimmkäfern (15 Arten),<br />

10 % zu den Wassertretern (vier<br />

Arten) und 6 % zu den Schilfkäfern<br />

(drei Arten). Die übrigen vier nachgewiesenen<br />

Familien treten nur in<br />

verstreuten Einzelexemplaren auf.<br />

Die Mehrzahl der Arten ist aus<br />

Stillgewässern unterschiedlichen<br />

Typs in ganz Europa bekannt.<br />

Unter den sieben häufigsten Arten<br />

handelt es sich nur bei Agabus<br />

paludosus um einen räuberischen<br />

Schwimmkäfer, alle anderen sind<br />

pflanzen- und detritusfressende<br />

Arten der Palpicornier (Anacaena<br />

globulus, A.lutescens, Laccobius<br />

bipunctatus, Enochrus fuscipennis,<br />

Helophorus aquaticus) oder der<br />

Wassertreter (Haliplus lineatocollis).<br />

Wie bei den Süßwassermilben<br />

weist auch die Käferfauna einige<br />

„Lücken“ auf: Einige in <strong>Bayern</strong> in<br />

einem Lebensraum diesen Typs<br />

sicher zu erwartende Quell- und<br />

Moorarten besiedeln das <strong>Benninger</strong><br />

<strong>Ried</strong> offensichtlich nicht.<br />

Andererseits ließen sich einige<br />

Seltenheiten nachweisen, deren<br />

Auftreten die Sonderstellung des<br />

Gebietes unterstreicht. Der Wasserpfennig<br />

Eubria palustris war seit<br />

Jahrzehnten nicht mehr im tertiären<br />

Hügelland in <strong>Bayern</strong> nachgewiesen<br />

worden und ist in der<br />

Roten Liste der Wasserkäfer <strong>Bayern</strong>s<br />

als „gefährdet“ eingestuft.<br />

Weitere besondere Arten sind der<br />

Schwimmkäfer Hydroporus obscurus,<br />

die Wasserfreunde Enochrus<br />

fuscipennis und Limnebius nitidus<br />

sowie der Hydraenide Ochthebius<br />

nobilis – vier Arten, die im Voralpenraum<br />

bislang nur selten oder<br />

überhaupt nicht gefunden wurden.<br />

Offenbar kann ein stark schüttendes<br />

Quellgebiet wie das <strong>Benninger</strong><br />

<strong>Ried</strong> ein Rückzugsraum sein, in<br />

dem besondere Arten die Vernichtung<br />

der Flussauen überlebt haben.<br />

Bild 1: Craptodytes spp.<br />

Bild 2: Agabus sturmi<br />

Bild 3: Agabus paludosus<br />

Bild 4: Agabus nebulosus<br />

Bild 5: Hydroporus tristis<br />

Bild 6: Haliplus fluviatis<br />

Bild 7: Hydroporus ferrugineus<br />

Bild 8: Hydroporus palustris<br />

Bild 9: Larve <strong>von</strong> Dytiscus spp.<br />

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REINHARD GERECKE · FRANZ HEBAUER

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