Download - Blaulicht
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wEITERBILdUNG<br />
FALLsTUdIE OsTBAHNHOF GRAz<br />
Im Folgenden wird die Ermittlung der potentiellen Zahl<br />
von Toten und Verletzten nach einer BLEVE an einem<br />
Flüssiggaskesselwaggon in einem relativ dicht besiedelten<br />
Stadtgebiet (Grazer Ostbahnhof, wo eine Flüssiggasabfüllstation<br />
geplant ist) als exemplarisches<br />
Beispiel demonstriert.<br />
Wie schon festgestellt wurde, ist für die<br />
Durchführung einer derartigen Modellrechnung<br />
die Zahl der im dreifachen Feuerballradius<br />
anwesenden Personen zu ermitteln. Diese setzten<br />
sich im vorliegenden Fall aus den im Freien befindlichen<br />
Hausbewohnern, den am Bahngelände<br />
anwesenden Menschen und den Personen, welche<br />
sich im Bereich der unmittelbaren Straßenzüge<br />
befinden, zusammen.<br />
dreifacher feuerballradius zur ermittlung der todesopfer<br />
bei einer bleVe (ostbahnhof).<br />
Die Anwendung obiger Formel ergibt für die geplante<br />
Flüssiggasabfüllstation am Grazer Ostbahnhof:<br />
• Personen im Freien: In dem von uns betrachteten<br />
„worst case“ (Flüssiggas-Kesselwaggon mit<br />
120 m³ Inhalt und 80 % Füllungsgrad) kann ein<br />
Feuerballradius von r = 112 m errechnet werden.<br />
Bei der konservativen Annahme, dass sich alle<br />
im dreifachen Feuerballradius wohnhaften 2.000<br />
Personen im Freien befinden, errechnet man mit<br />
obiger Formel insgesamt 250 Todesopfer. Alle<br />
1.750 weiteren Personen müssen dabei als verletzte<br />
eingestuft werden.<br />
• Bei der Annahme, dass sich eine größere Zahl<br />
von Personen im Zuge von veranstaltungen der<br />
Grazer Messe und der UPC-Arena im Gefahrenbereich<br />
aufhält, erhöht sich die Todesrate erheblich.<br />
Bei insgesamt 5.000 Menschen, welche<br />
sich im dreifachen Feuerballradius befinden,<br />
müsste bereits mit 5 x 125 = 625 Toten gerechnet<br />
werden.<br />
• Personen in Bauwerken: eine weitere Schätzung<br />
ergab im gegenständlichen Fall, dass sich<br />
im einfachen Feuerballradius etwa 100 Personen<br />
aufhalten (dabei wurden keine Passanten berücksichtigt).<br />
Bei Anwendung der obigen Faustregel,<br />
dass 50 bis 90 % der während der Bleve<br />
in Bauwerken befindlichen Personen getötet<br />
werden, ergeben sich danach 50 bis 90 Tote.<br />
Die jeweilige Differenz auf 100 ergibt die Zahl<br />
der verletzten.<br />
22 <strong>Blaulicht</strong> 02-2012<br />
bLeVe & Vce – Was ist das?<br />
bis 90 % der Personen in Bauwerken<br />
innerhalb des einfachen Feuerballradius<br />
nicht überleben. Die<br />
restlichen Personen müssen als<br />
verletzt angenommen werden.<br />
VCE<br />
Bei diesem explosionstyp handelt<br />
es sich um eine Zündung eines<br />
ausgetretenen brennbaren Gases.<br />
vCe steht dabei als Kürzel für<br />
• V = Vapour (Dampf, Gas),<br />
• C = Cloud (Wolke) und<br />
• E = Explosion (explosion).<br />
Hierbei muss die Gaskonzentration<br />
innerhalb der explosionsgrenze<br />
des jeweiligen Gases<br />
liegen. Die Heftigkeit der auftretenden<br />
Reaktion ist von der freigesetzten<br />
Gasmenge abhängig.<br />
ein konzentriertes (fettes) Gasluft-Gemisch<br />
wird ohne große<br />
Druckwirkung, aber mit hoher<br />
Strahlungswärme abbrennen.<br />
VERGLEICH VCE UNd BLEVE<br />
eine vCe kann, im vergleich zu<br />
einer Bleve bei einer großflächigen<br />
Ausbreitung der Gaswolke<br />
und einer Rückzündung, größere<br />
Zerstörungsbilder zeigen (z. B. in<br />
der Großraffinerie Feyzin, Frankreich,<br />
1966). Da die Berechnungen<br />
für diesen Katastrophenfall<br />
komplizierter sind, wurden in den<br />
vorliegenden Betrachtungen die<br />
entgleisung eines flüssiggas-kesselwaggons<br />
mit anschließender Vce in<br />
Viareggio (italien) im Jahre 2009<br />
(22 tote, 50 Verletzte und über 1.000<br />
obdachlose).<br />
Auswirkungen einer Bleve für<br />
die Abschätzung der Auswirkungen<br />
auf die Umgebung betrachtet.<br />
LITERATURHINwEIsE<br />
WIDeTSCHeK O.: Großer Gefahrgut-Helfer<br />
– Gefahren, richtiges verhalten<br />
und einsatzmaßnahmen bei<br />
Schadstoff-Unfällen; leopold Stocker<br />
verlag, Graz, April 2012. vorbestellungen<br />
können bereits jetzt über www.<br />
brandschutzforum.at/shop erfolgen.<br />
HeRTeRICH H.: Die Freisetzung<br />
von verflüssigten Gasen; unveröffentlichtes<br />
Skriptum im Rahmen von Gefahrgut-Seminaren,<br />
1994.<br />
MINISTeRIUM FÜR UMWelT<br />
UND eNTWICKlUNG: Untersuchungsbericht<br />
über die explosionen<br />
vom 7. Mai 2007 in der Industriezone<br />
von Dagneux (Ain), gekürzte Übersetzung<br />
von Dr. Bernhard Schaffernak,<br />
Wien.<br />
INTeRNATIONAl lABOUR OF-<br />
FICe (IlO): Major Hazard Control,<br />
Genf, 1988.<br />
BUNDeSAMT FÜR UMWelT,<br />
WAlD UND lANDSCHAFT: Rahmenbericht<br />
Flüssiggas-Tankanlagen<br />
zum Kurzbericht und zur Risikoermittlung<br />
im Hinblick auf die Störfallvorsorge;<br />
Basler & Hoffmann, Basel, 1992.<br />
MARSHAll v.C.: Major Chemical<br />
Hazards; library of Congress Card No.<br />
86-27611; Chichester, england, 1987.<br />
KARlSCH D.: Die explosionskatastrophe<br />
in der erdölraffinerie „Rhone<br />
Alpes“ bei Feyzin in Frankreich;<br />
vFDB-Zeitschrift, Heft 1/1966.<br />
Nächste Folge:<br />
Gefährliche Leckagen.