Finanzierung im Mittelstand - BDO
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8 Beitrag<br />
Beirat ausreichend Zeit für seine Aufgabe hat, über relevante<br />
Kenntnisse verfügt und unabhängig ist. Sind diese drei Kriterien<br />
erfüllt, steht einer erquicklichen Zusammenarbeit erst<br />
einmal wenig entgegen. Ein besonderes Augenmerk ist auf die<br />
Unabhängigkeit des Beirats zu legen. Ein das Unternehmen<br />
beratender Anwalt oder der Direktor der lokalen Bankfiliale,<br />
die Hauptkreditgeber ist, ist nicht das Ideal – wenn auch dieser<br />
Beirats-Hintergrund in der Realität oftmals vorhanden ist.<br />
Kann aber ein Kreditgeber in einer Krise <strong>im</strong> besten Sinne des<br />
Unternehmens handeln oder ist er nicht vielmehr seinem Arbeitgeber<br />
verpflichtet? Es kann empfehlenswert sein, bei der<br />
Suche nach geeigneten Beiratskandidaten auf einen spezialisierten<br />
Personalberater zurückzugreifen. Die Honorare für eine<br />
solche Suche sind regelmäßig niedriger als bei der Besetzung<br />
von Führungsfunktionen. Es spricht nichts gegen Gesellschafter<br />
<strong>im</strong> Beirat, wenn es um eine Vertretung der Gesellschafterinteressen<br />
geht – sie bilden so die Brücke zwischen der<br />
Gesellschafterversammlung und dem Beirat. Ein spezielles<br />
Thema ist die Präsenz von Prominenten in Unternehmensbeiräten.<br />
Manche Unternehmer versprechen sich von einer solchen<br />
Beiratsbesetzung eine positive Außenwirkung. Dagegen<br />
ist nichts einzuwenden. Die prominente Person sollte aber<br />
gleichzeitig auch in einem für das Unternehmen relevanten<br />
Bereich kompetent sein. Prominenz allein hat schon für den<br />
einen oder anderen Bumerang-Effekt gesorgt.<br />
Welche Kompetenzen hat der Beirat?<br />
Manche Familienunternehmen müssen mangels familieninterner<br />
Alternative über familienfremde Manager nachdenken,<br />
andere Familienunternehmen wollen bewusst familienfremde<br />
Manager in die Geschäftsleitung aufnehmen, auch um den<br />
Mitarbeitern zu signalisieren, dass der Karrierepfad nicht vor<br />
der Geschäftsleitungsebene enden muss – weil man eben<br />
nicht aus der Familie stammt oder zumindest mit dieser eng<br />
verbunden ist. Ein Beirat kann auch den Prozess der externen<br />
Personalsuche bezüglich der Besetzung von Managementpositionen<br />
positiv begleiten, indem er die neutrale und objektive<br />
Instanz darstellt, wenn z.B. auf der Gesellschafterebene<br />
zwei Gesellschafterstämme sich gegenüberstehen, die in der<br />
Tendenz vielleicht einen Kandidaten bevorzugen würden, der<br />
ihrem Gesellschafterstamm näher steht. Ähnlich dem Aufsichtsrat<br />
in einer Aktiengesellschaft kann es sinnvoll sein,<br />
auch dem Beirat eines Unternehmens eine faktische Überwachungskompetenz<br />
einzuräumen. In diesem Fall kann die<br />
Einschätzung des Beirats auch als Entscheidungsgrundlage<br />
für die Gesellschafterversammlung dienen. Je nach Gesellschafter-Konstellation<br />
wird häufig <strong>im</strong> Laufe der Zeit ein Katalog<br />
an zust<strong>im</strong>mungspflichtigen Geschäften definiert, bei denen der<br />
Beirat gehört werden muss.<br />
Auch ein Beirat will effizient organisiert sein<br />
Es ist durchaus mehr als nur eine Überlegung wert, den Beirat<br />
durch einen Vertrag an das Unternehmen zu binden, in dem<br />
Rechte und Pflichten auf den Punkt gebracht sind. Dies erspart<br />
Diskussionen zu einem späteren Zeitpunkt. Im Übrigen<br />
wird ein guter Beiratskandidat die Frage nach einem Vertrag<br />
stellen, in dem z.B. schon unter Haftungsgesichtspunkten<br />
best<strong>im</strong>mte Themen eindeutig geregelt sind. Gute Praxis ist<br />
hierfür eine Beiratsverfassung, in der u.a. die Zielsetzung des<br />
Beirats, die Zusammensetzung und Art der Entscheidungsfindung<br />
(z.B. qualifizierte Mehrheit) und die Vergütung geregelt<br />
werden. Aufgrund der vielen denkbaren Unternehmenskonstellationen<br />
und individuellen Begründung für die Einrichtung<br />
eines Beirats versteht es sich von selbst, dass diese Beiratsverfassung<br />
maßgeschneidert sein sollte. Unternehmensbeiräte<br />
bestehen häufig aus drei bis fünf Mitgliedern und treffen<br />
sich zu drei bis sechs Sitzungen pro Jahr. Mehr ist sehr selten<br />
praktikabel. Patt-Situationen sollten durch eine ungerade Zahl<br />
von Beiratsmitgliedern oder ein doppeltes St<strong>im</strong>mrecht für einen<br />
möglichen Beiratsvorsitzenden vermieden werden. Beiräte<br />
werden auf unbest<strong>im</strong>mte Zeit oder für häufig drei bis fünf Jahre<br />
bestellt. Gute Praxis sollte es sein, die Beiratssitzungen terminlich<br />
sehr frühzeitig für das gesamte Jahr festzulegen, um<br />
Terminabst<strong>im</strong>mungen nicht unnötig zu problematisieren. Sollten<br />
wichtige Themen anstehen, dürften Beiräte sicher auch<br />
zu kurzfristiger Terminierung bereit sein. Den Einladungen zur<br />
konkreten Beiratssitzung sollten eine Agenda und die entsprechenden<br />
Informationen beigefügt werden. Üblich ist auch ein<br />
zumindest kurzes Ergebnisprotokoll der Sitzung. Interessant<br />
ist zudem die Frage, wie <strong>im</strong> Fall des Ausscheidens eines Beiratsmitglieds<br />
zu verfahren ist. Gesellschafter und/oder Geschäftsleitung<br />
können über neue Aspiranten nachdenken und<br />
diese vorschlagen. Eine Variante ist das sog. Kooptionsmodell,<br />
bei dem sich der Beirat selbst durch Zuwahl eines neuen<br />
Mitglieds ergänzt. Auf diese Weise wird die Eigenständigkeit<br />
des Beirats unterstrichen.<br />
Der Kapitalmarkt freut sich!<br />
Mittel- und langfristig werden sich die Kreditkonditionen<br />
aufgrund strengerer Eigenkapitalvorschriften für die Banken<br />
verteuern. Zudem werden Kredite eventuell volumenmäßig<br />
begrenzt werden. Bereits heute suchen mittelständische<br />
Unternehmen neue Möglichkeiten der bankunabhängigen<br />
<strong>Finanzierung</strong>. Eine Variante hierfür kann die Emission einer<br />
Unternehmensanleihe an den hierfür neu entstandenen Börsensegmenten<br />
sein. Emittenten, die keine AG oder KGaA sind<br />
und somit nicht über einen Aufsichtsrat verfügen, sollten <strong>im</strong><br />
Hinblick auf ihre Kapitalmarktfähigkeit darüber nachdenken,<br />
einen Beirat einzurichten. Für Investoren kann dieser Beirat<br />
ein vertrauensbildendes Signal sein, der die Zeichnungsbereitschaft<br />
für eine Anleihe deutlich erhöht. Schließlich dokumentiert<br />
der Emittent mit der Einrichtung eines unabhängigen<br />
Beirats auch, dass die Geschäftsleitung bereit ist, auch die Interessen<br />
der Anleihegläubiger künftig ernst zu nehmen. Einige<br />
der Familienunternehmen, die heute in der Vorbereitung einer<br />
Anleiheemission sind, werden auf dem Weg an den Kapitalmarkt<br />
einen Beirat einrichten. Eine Kapitalmarktfinanzierung<br />
bedeutet für ein Familienunternehmen <strong>im</strong>mer eine Bereitschaft<br />
zur Öffnung. Eine Anleiheemission ist dabei so etwas wie die<br />
„Light-Variante“; sicherlich <strong>im</strong> Vergleich zu einem Börsengang.<br />
Ein solches IBO (Initial Bond Offering) kann ein Schritt auf<br />
dem Weg zu einem vielleicht später stattfindenden IPO (Initial<br />
Public Offering) sein. Ein Beirat kann so betrachtet ein Schritt<br />
auf dem Evolutionspfad Richtung AG und Aufsichtsrat sein.<br />
Hilfreich in Krisensituationen<br />
Unternehmen geraten durch exogene Faktoren – wir erinnern<br />
uns an die Finanzmarktkrise oder die Ereignisse in Japan –<br />
oder endogene Faktoren, wie z.B. einen Streit zwischen Gesellschaftern<br />
über die künftige Unternehmensausrichtung<br />
oder gar ein Todesfall des Gesellschafter-Geschäftsführers, in<br />
Situationen, die u.U. existenzbedrohend sein können. In solchen<br />
Situationen kann ein Beirat mit seinem Erfahrungsschatz<br />
helfen, diese Situation zu überstehen. In Streitfällen kann er<br />
die bereits angesprochene Moderatorenrolle übernehmen<br />
und für einen ausgewogenen Interessenausgleich <strong>im</strong> Sinne<br />
<strong>Finanzierung</strong> <strong>im</strong> <strong>Mittelstand</strong> 02/2011