534 KB - Die Regierung von Niederbayern
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1. Hintergrund<br />
Der Luchs<br />
Der Luchs (Lynx lynx) verschwand aus dem Bayerischen Wald um 1850. Ursächlich dafür<br />
war direkte Nachstellung, nicht die Zerstörung des Lebensraumes. Wenig Schalenwild führte<br />
zu großer Konkurrenzangst unter den jagdlich motivierten Landesfürsten, Übergriffe auf<br />
Kleinvieh wie Schafe und Ziegen schwor auch die ländliche Bevölkerung auf die Ausrottung<br />
der großen Katze ein. Im angrenzenden Böhmerwald hielt sich der Luchs noch bis Anfang des<br />
20. Jahrhunderts.<br />
Erste Hinweise auf seine Rückkehr stammen aus den fünfziger und sechziger Jahren, so im<br />
Fichtelgebirge und im Bayerischen Wald. Anfang der 70er Jahre werden in einer nicht<br />
genehmigten Aktion etwa 10 Luchse im Gebiet des Nationalpark Bayerischer Wald<br />
freigelassen. <strong>Die</strong>se Aussetzung führt zu massivem Protest in der Bevölkerung vor Ort, der<br />
sich im allmählichen Verschwinden der Tiere manifestiert. Nur im Bereich des Falkenstein<br />
können sich auch bis in die achtziger Jahre hinein Luchse halten.<br />
Foto: M. Wölfl<br />
1982 bis 1989 setzen die tschechoslowakischen Behörden insgesamt 17 Tiere im Bereich des<br />
heutigen Sumava-Natinonalparkes frei. <strong>Die</strong>se Individuen bilden den Grundstock für die
heutige Luchspopulation im Bayerisch-Böhmischen Grenzgebirge. Seit Anfang der 90er Jahre<br />
ist der Luchs fester Bestandteil des Bayerischen Waldes, abwandernde Jungtiere versuchen<br />
immer wieder, sich die dem Grenzkamm vorgelagerten Bereiche als Lebensraum zu<br />
erschließen.<br />
Für den langfristigen Schutz des Luchses in der Region sind Lebensraumverbesserungen im<br />
klassischen Sinn nicht notwendig. Vielmehr muss das Misstrauen der Bevölkerung vor Ort<br />
gegenüber dem Artenschutz, das vor allem durch die Altlast der Wiedereinbürgerung<br />
entstanden ist, aufgearbeitet werden. Dem Luchs fehlt es im Bayerischen Wald nicht an<br />
Lebensraum, sondern an Toleranz und Akzeptanz. Der oft sehr emotional geprägte Umgang<br />
mit dieser Tierart macht eine sachliche Diskussion äußerst schwer und behindert eine<br />
interessensübergreifende, faktenorientierte Bearbeitung der Thematik.<br />
2. Artenschutzprojekt Luchs<br />
2.1. Organisation und Zielsetzung<br />
Das Artenschutzprojekt Luchs der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong> beginnt 1995 mit der Vergabe<br />
<strong>von</strong> Werkverträgen für die Erfassung der Verbreitung des Luchses und die Skizzierung der<br />
vorherrschenden Konflikte um diese Tierart vor Ort. Im Frühjahr 1996 wird der Schwerpunkt<br />
der Arbeit auf den Naturpark Bayerischer Wald e.V. übertragen, der seitdem das<br />
Artenschutzprojekt vor Ort umsetzt. Darüber hinaus widmet sich auch die<br />
Arbeitsgemeinschaft Fischotter/Luchs der Thematik.<br />
<strong>Die</strong> Zielsetzung des Artenschutzprojektes Luchs lässt sich wie folgt charakterisieren: Der<br />
generelle Ansatz lautet, durch fachlich fundierte und transparente Arbeit das in der Region<br />
vorherrschende Misstrauen aufzuarbeiten und dadurch den Boden für mehr Akzeptanz und<br />
Toleranz für den Luchs zu bereiten. Darauf aufbauend sollen die Voraussetzungen für ein<br />
langfristiges Miteinander <strong>von</strong> Mensch und Luchs in der Region geschaffen werden.<br />
<strong>Die</strong> offene Herleitung und Bereitstellung <strong>von</strong> Fakten führen zu<br />
• Vertrauensbildung vor Ort;<br />
• Verfügbarkkeit <strong>von</strong> Entscheidungsgrundlagen;<br />
• Entscheidungsbildung und Maßnahmenumsetzung.<br />
2.2. Arbeitsinhalte und Ergebnisse<br />
Status und Verbreitung<br />
Zu Beginn des Artenschutzprojektes Luchs steht die Erfassung des Luchsbestandes im<br />
Vordergrund. In Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald und den
Naturschutzverbänden in der Region werden Verbreitungsdaten zusammengetragen und<br />
ausgewertet. Dabei wird deutlich, dass sich der Luchsbestand in Bayern seit 1990 aufgebaut<br />
und mittlerweile bei 20 bis 30 Tieren stabilisiert hat.<br />
Skizzierung der vorherrschenden Konfliktpotentiale<br />
Im wesentlichen fehlt im Umgang mit den Luchs das Vertrauen zwischen den verschiedenen<br />
Interessensgruppen wie Artenschutz, Jagd, Forst und Landwirtschaft. Zwischen den<br />
Luchsbefürwortern gibt es massive Reibungsverluste aufgrund <strong>von</strong> ungeklärten<br />
Zuständigkeiten. Von der Landnutzerseite werden Schäden an Haustier- und<br />
Wildtierbeständen befürchtet.<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Wissensdefizite und Wunschdenken sowohl bei Luchsbefürwortern als auch –gegnern<br />
machen eine faktenorietierte Öffentlichkeitsarbeit notwendig. Eine 14seitige Broschüre mit<br />
einer Auflage <strong>von</strong> 8 000 Stück ist mittlerweile fast vergriffen. Mit Stand vom 30.10.2001 ist<br />
das Artenschutzprojekt Luchs in der Region über Vorträge und Präsenz in Veranstaltungen<br />
(ca. 150), Presse (ca. 60), Hörfunk (11) und Fernsehen (6) in der Region präsent. Seit<br />
Frühjahr 2001 werden Schulklassen im Rahmen <strong>von</strong> Projekttagen in die Öffentlichkeitsarbeit<br />
miteinbezogen (22). Posterdarstellungen und eine Ausstellung komplettieren die<br />
Informationsarbeit.<br />
Vermittlung zwischen den Interessensgruppen<br />
Schnell wird deutlich, dass eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Interessengruppen<br />
für eine sachlich orientierte Diskussion notwendig wird. In einer Art Pendeldiplomatie<br />
werden die verschiedenen Interessensgruppen aufgesucht und über den aktuellen Stand der<br />
Luchsverbreitung und die vorherrschenden Konfliktpotentiale informiert.<br />
Als Meilenstein im Umgang mit dem Luchs gilt das Deggendorfer Luchssymposium, das im<br />
Herbst 1997 <strong>von</strong> den drei Artenschutzverbänden Bund Naturschutz, Landesbund für<br />
Vogelschutz und Landesjagdverband durchgeführt wird. <strong>Die</strong>se Allianz spricht sich eindeutig<br />
für den Erhalt und Förderung des Luchses aus, lehnt jedoch weitere Aussetzungen <strong>von</strong> Tieren<br />
ab. Als Folge des Symposiums finden diverse Rundtischgespräche mit Behörden- und<br />
Verbandsspitzen statt, auf denen weitere Maßnahmen zum Luchsschutz diskutiert werden<br />
(z.B. Luchs und Reh,<br />
Abgeltung <strong>von</strong> Luchsübergriffen auf Haustiere und Gatterwild<br />
Das Artenschutzprojekt Luchs übernimmt die Verwaltung und Umsetzung des beim<br />
Deggendorfer Symposiums eingerichteten Fonds über insgesamt 12 000 DM, der ab Anfang<br />
1998 greift. In der Folge finden zwei Schulungen statt, in der vor allem Jäger vor Ort über<br />
Luchsökologie und Risserkennung ausgebildet werden. <strong>Die</strong>ses Netz <strong>von</strong> Luchsberatern gilt<br />
als Voraussetzung für eine fundierte Begutachtung gemeldeter Übergriffe. Mit Stand vom 30.<br />
September 2001 sind insgesamt 79 Begutachtungen durchgeführt und dabei 19mal der Luchs<br />
als Verursacher festgestellt worden (8 Schafe, Gehegewild: 6x Damwild, 2x Rotwild, 2
Mufflon, 1x Sikawild). <strong>Die</strong> Übergriffe wurden mit einer Gesamtsumme <strong>von</strong> 4 150 DM<br />
ausgeglichen.<br />
Abfrage der Gehegehaltungen in Nordostbayern<br />
Aufgrund der Vorwürfe, dass in der Region immer noch Luchse illegal ausgesetzt werden,<br />
führt das Artenschutzprojekt Luchs seit 1998 jährliche Abfragen der bekannten<br />
Luchsgehegehaltungen in Nordostbayern durch. Im Zuge der Umfrage, die sich bis auf den<br />
jeweiligen Beginn der Gehegehaltung bezog, wird bekannt, dass sich letztmals 1992 der<br />
Verbleib <strong>von</strong> zwei Tieren nicht nachweisen lässt.<br />
Internationale Zusammenarbeit<br />
Intensive Kontakte zu den Luchsexperten aus Tschechien bestehen seit Anfang des Projektes.<br />
Im Zuge der Radiotelemetrie, die im Nachbarland schon 1996 beginnt, werden nach Bayern<br />
einwechselnde Tiere <strong>von</strong> dem Naturpark Bayerischer Wald e.V. überwacht. Der Status und<br />
die Verbreitung der Luchspopulation werden erstmalig über die Grenzen hinweg dargestellt<br />
und publiziert. Für 1998 geht man <strong>von</strong> etwa 70 erwachsenen Luchsen im Raum zwischen<br />
Linz in Österreich, Pilsen in Tschechien und Hof in Deutschland aus. <strong>Die</strong> Daten werden im<br />
zweijährigen Turnus aufeinander abgestimmt und publiziert. <strong>Die</strong> vom Artenschutzprojekt<br />
Luchs herausgegebene Informationsbroschüre wird 1999 auf die tschechische und 2000 auf<br />
die österreichische Situation übertragen.<br />
Radiotelemetrie<br />
Seit dem Jahr 2000 verwendet das Artenschutzprojekt Luchs die Radiotelemetrie als<br />
erhobenen Eckpfeiler für eine faktenorientierte und ortsbezogene Öffentlichkeitsarbeit. <strong>Die</strong><br />
Arbeiten verstehen sich als Ergänzung zu den <strong>von</strong> den Tschechen durchgeführten Arbeiten in<br />
den waldreichen Bereichen des Grenzkammes. In enger Abstimmung mit den örtlichen<br />
Jagdpächtern werden Luchse in freier Wildbahn gefangen und mit einem Funksender<br />
ausgestattet. Dann können die Tiere jederzeit geortet und Daten über ihre Raumnutzung und<br />
Nahrungswahl erhoben werden.<br />
Andra wird am 29.12.2000 bei Drachselsried im Zellertal besendert. Sie wiegt zum<br />
Fangzeitpunkt 16 kg, hat eine Schulterhöhe <strong>von</strong> 68 cm und wird als 2-3jähriges Weibchen<br />
klassifiziert. Mit Stand vom 30. September 2001 lassen sich folgende, jedoch noch vorläufige<br />
Ergebnisse aus der Überwachung des Tieres ableiten: Andra nutzt das Gebiet zwischen<br />
Kötzting, Drachselsried, Arber und dem tschechischen Nyrsko und ist regelmäßig auf einer<br />
Fläche <strong>von</strong> 240 km² unterwegs. <strong>Die</strong> durchschnittliche Distanz zwischen zwei aufeinanderfolgenden<br />
Tageslagern beträgt 4.8 km und variiert zwischen 0 und 16.5 km. Insgesamt 16<br />
Risse (14 Rehe, 2 Hasen) können der Luchsin zugeschrieben werden, allesamt zu 100%<br />
genutzt. 15 Losungen werden derzeit <strong>von</strong> den tschechischen Kollegen im Rahmen einer<br />
dortigen Diplomarbeit analysiert.
3. Ausblick<br />
<strong>Die</strong> Arbeit des Artenschutzprojekt Luchs im Bayerischen Wald hat zu einer deutlichen<br />
Versachlichung der öffentlichen Diskussion geführt. Dazu haben Maßnahmen wie fachlich<br />
fundierte Information, die Einrichtung des Luchsfonds und die Ausbildung <strong>von</strong> Luchsberatern<br />
beigetragen. <strong>Die</strong> regionale, überregionale und internationale Zusammenarbeit wurde<br />
wesentlich verbessert und als Folge ein erster Überblick über den Status und die Verbreitung<br />
des Luchses in der Böhmerwald-Region geschaffen. <strong>Die</strong> Radiotelemetrie liefert weitere<br />
Fakten und trägt zur Vertrauensbildung bei.<br />
<strong>Die</strong>sen Weg will das Artenschutzprojekt Luchs weitergehen. Zukünftig werden folgende<br />
Schwerpunkte gesetzt:<br />
• Radiotelemetrie als Eckpfeiler für eine fachlich fundierte Öffentlichkeitsarbeit und<br />
einer Vertrauensbildung vor Ort<br />
• Ausweitung der Informationsmedien (Projektzeitung, Website)<br />
• Vorstellung des Artenschutzprojektes in Schulen<br />
• Diskussion, Abstimmung und Umsetzung eines länderübergreifenden Managements<br />
der Luchsthematik<br />
Das Artenschutzprojekt Luchs betreut federführend den Kern der bayerischen Luchspopulation.<br />
Das Projekt strebt den ausgewogenen Umgang mit der Luchsthematik an und<br />
kann hier Beispiel sein für den Umgang mit einer Großtierart in Deutschland. Als<br />
Drehscheibe der Luchsthematik fokussiert das Artenschutzprojekt Luchs auf eine transparente<br />
und fachlich fundierte Öffentlichkeitsarbeit. Auf dieser Grundlage werden Managementstrategien<br />
erarbeit und umgesetzt, um eine langfristige Koexistenz <strong>von</strong> menschlichen und<br />
tierischen Nutzungsansprüchen zu schaffen.<br />
Dipl.-Biol. Manfred Wölfl<br />
Trailling 1a<br />
93462 Lam
Der Fischotter<br />
Seit 1988 wird im Bayerischen Wald das Artenhilfsprogramm Fischotter umgesetzt. Das Projekt<br />
wird seit 1995 <strong>von</strong> einer Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bayerischen Landesamtes für<br />
Umweltschutz, der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong>, des Naturparks und der Arbeitsgemeinschaft<br />
Fischotterschutz begleitet.<br />
Foto: F. Leibl<br />
Auf Grundlage der bis 1992 durchgeführten Kartierungen wurde ein Konzept zur Erhaltung<br />
und Stabilisierung des Fischotters in Bayern, für das Bayerische Landesamt für Umweltschutz<br />
erarbeitet.<br />
Flächenscharfe Sicherungs- und Optimierungskonzepte wurden für einen Abschnitt der Fortpflanzungsgewässer<br />
Tausendbach (Landkreis Regen) und 15 km der Mitternacher Ohe<br />
(Landkreis Freyung-Grafenau) erstellt.<br />
Kartierung<br />
Für Maßnahmen zugunsten des Otters, ebenso wie bei Eingriffen an Gewässern ist die Kenntnis<br />
vom Vorkommen des Fischotters unerlässlich. Aus diesem Grund nahm die Kartierung<br />
einen breiten Raum ein.<br />
In den ersten Jahren wurden große Gewässerabschnitte oder den gesamten Wasserlauf abgespürt,<br />
<strong>von</strong> 1995 an im Wesentlichen unter Brücken nach Indizien für den Otter (Losung, Sekret,<br />
Trittsiegel, Scharrhäufchen) gesucht. Untersuchungsgebiete waren in <strong>Niederbayern</strong> die
2<br />
Landkreise Freyung-Grafenau, Regen, Deggendorf und Passau. Ausgesuchte Gewässer standen<br />
aber auch in der Oberpfalz, in Oberfranken, Schwaben und Oberbayern auf dem Programm.<br />
Ergebnis: Das Fischottervorkommen in Ostbayern erstreckt sich in einem nahezu geschlossenen,<br />
bis etwa 50 km breiten Band <strong>von</strong> der österreichisch-bayerischen Grenze entlang der<br />
Grenze zu Tschechien bis zur Further Senke und erreicht im Landkreis Passau über Ilz und<br />
Erlau vermutlich die Donau. Gegenüber den ersten Kartierungen ist eine Zunahme der vom<br />
Otter bewohnten Gewässer zu verzeichnen.<br />
<strong>Die</strong> übrigen Nachweise aus der Oberpfalz (Haidenaab) und Oberfranken (Eger, Thüringische,<br />
Muschwitz) dürften auf Einzeltiere zurückzuführen sein.
Betreuersystem<br />
3<br />
Um einen Überblick über die vom Otter bewohnten Areale bzw. Veränderungen in ihnen zubekommen,<br />
ist eine langfristige Beobachtung erforderlich. Als Stichprobenpunkte bieten sich<br />
Brücken an, da sie vom Otter gerne zur Markierung aufgesucht werden. Aus Mitgliedern <strong>von</strong><br />
Naturschutz-, Fischereivereinen und der Jägerschaft wurde ein Betreuerstab aufgebaut. <strong>Die</strong><br />
freiwilligen Helfer kontrollieren regelmäßig "ihre" Brücken, Zur Zeit sind 28 Betreuer zur<br />
Kontrolle <strong>von</strong> 119 Brücken in den Landkreisen Regen, Deggendorf, Freyung-Grafenau und<br />
Passau im Einsatz.<br />
Mit 61 Brückenbauwerken beteiligten wir uns an der "deutschlandweiten" Kartierung der Aktion<br />
Fischotterschutz/Hankensbüttel.<br />
Für einen reibungslosen Ablauf der Kartierungen ist es notwendig, mit den Betreuern ständig<br />
Kontakt zu halten.<br />
Totfunde<br />
Seit 1995 werden Totfunde im Naturpark Bayerischer Wald registriert. Rechnet man 2 Meldungen<br />
aus dem Jahr 1994 hinzu, so beläuft sich in <strong>Niederbayern</strong> die Anzahl der tot und verletzt<br />
aufgefundenen Tiere bis Anfang Oktober dieses Jahres auf 22. Da<strong>von</strong> gehen 20 Tiere auf<br />
das Konto des Straßenverkehrs. Im Landkreis Freyung-Grafenau starben 19 Individuen, im<br />
Landkreis Regen 3. Aus der Oberpfalz liegen 5 Meldungen aus den Jahren 1997 und 2000<br />
vor, unter ihnen 3 Verkehrsopfer.
4<br />
In einem Beitrag in der Zeitschrift "Jagd in Bayern" wurde an die Jagdpächter appelliert, bei<br />
Auffinden eines toten Otters Schädel und Kern für wissenschaftliche Untersuchungen zur<br />
Verfügung zu stellen. Zur unentgeltlichen Analyse der Schadstoffbelastung konnte die Bundesanstalt<br />
für Fleischforschung in Kulmbach, zur Altersbestimmung das Naturkundemuseum<br />
in Görlitz gewonnen werden.<br />
Von den bisher eingesandten Kernen liegen aus Kulmbach erst die Ergebnisse <strong>von</strong> 6 Tieren<br />
vor, während 12 noch ausstehen. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Der in den Fischottern<br />
nachgewiesene Radiocäsiumgehalt ist gering. Unter den Schwermetallen weist Cadmium<br />
erhöhte Werte auf, was aber nicht für eine Belastung des Lebensraumes spricht, da Cadmium<br />
lebenslang angereichert wird. Ein Tier zeigte einen erhöhten Kupferwert, offenbar aufgrund<br />
eines erhöhten Kupfergehaltes im Lebensraum. Bei allen untersuchten Tieren war die Belastung<br />
mit PCBs ziemlich hoch, vor allem mit dem gefährlichsten dem PCB-126. Ein Einfluss<br />
auf die Fortpflanzung ist nicht auszuschließen. Dr. Hecht führt die PCB-Belastung auf die<br />
Allgegenwart dieser Schadstoffe zurück.<br />
Bislang konnte das Alter <strong>von</strong> 15 Tieren mittels Zahnanschliff bestimmt werden. Fünf Individuen<br />
starben im ersten und zweiten Lebensjahr. Vier Otter befanden sich bei ihrem Tod im<br />
fünften bis achten Lebensjahr und 6 Tiere erreichten ein beachtliches Alter <strong>von</strong> 10 und mehr<br />
Jahren.<br />
Brückenoptimierung<br />
Brücken können zur tödlichen Gefahr werden, wenn sie dem Otter keine Markiermöglichkeit<br />
bieten. Nach einer Studie der Aktion Fischotterschutz/Hankensbüttel geschehen mehr als 50<br />
% der Verkehrsunfälle an solchen Bauwerken. Seit 1996 bemühte ich mich daher, Straßenbau-,<br />
Tiefbau-, Wasserwirtschaftsämter und Gemeinden auf dieses Damoklesschwert hinzuweisen<br />
und <strong>von</strong> der Notwendigkeit zu überzeugen, solche Brücken zu optimieren bzw. neue<br />
Brückenottergerecht zu bauen. Auch die Höhere Naturschutzbehörde unterstützte diese Forderung.<br />
Normalerweise genügt das Einbringen <strong>von</strong> Steinen, um den Otter zur Unterquerung
5<br />
eines Brückenbauwerkes zu bewegen. Bei hohem Wasserstand unter der Brücke sind Laufstege,<br />
in Form <strong>von</strong> Holzbohlen, die bessere Lösung.<br />
Brücke optimiert durch einen Steg Foto: Mau<br />
Inzwischen wurden in den Landkreisen Freyung-Grafenau, Passau, Regen, Deggendorf und<br />
Straubing-Bogen 32 Brücken für den Otter passierbar gemacht. Auch scheint sich otterfreundlicher<br />
Brückenneubau durchzusetzen. <strong>Die</strong> teuerste Umgestaltung einer Brücke für den Otter<br />
erfolgte am Multiplate-Durchlass über den Pfeffermühlbach bei Waldkirchen, wofür ca.<br />
50.000 DM der Wasserabsturz <strong>von</strong> 3-4m über die Böschung umgeleitet wurde. <strong>Die</strong>se Maßnahme<br />
war als Ausgleich für Straßenbau anerkannt worden.<br />
Fischteiche<br />
Schadensmeldungen an Fischteichen gingen aus dem Landkreis Regen in den letzten beiden<br />
Jahren gehäuft im Naturpark ein. Im Landkreis Freyung-Grafenau wandten sich Teichbesitzerdirekt<br />
an Herrn Poost. Konnte der Otter als "Täter" bestätigt werden, so regelte Herr Poost<br />
die Angelegenheit. Mehrmals ließen sich Teichbesitzer überreden, ihre Anlage zumindest<br />
zeitweise für Besatzmaßnahmen zugunsten des Otters zur Verfügung zu stellen. Ein kleiner<br />
Teich vor einer Fischzuchtanlage in Frauenau dient dem Otter, während der Wintermonate als<br />
Speisekammer und fungiert zugleich als Ablenkteich. Ebenfalls am Kleinen Regen liegt der<br />
im Winter besetzte, naturparkeigene Nahrungsteich.<br />
Stellungnahmen, Beratung<br />
In Stellungnahmen im Zusammenhang mit der geplanten Neuerrichtung <strong>von</strong> E-Werken und<br />
der Planung <strong>von</strong> Umgehungsstraßen konnten die Bedürfnisse des Otters deutlich gemacht<br />
werden.<br />
<strong>Die</strong> Beratung reichte über Auskunft zu Ottervorkommen (Planungsbüros bei Erstellen <strong>von</strong><br />
Landschaftsplänen, bei Flächenankäufen, der Vergabe <strong>von</strong> Fischereirechten oder bei der Anlage<br />
<strong>von</strong> Loipen) und die Beantwortung verschiedenster Fragen zum Fischotter, die aus Bayern<br />
und anderen Bundesländern eingingen, bis zur Hilfestellung bei Fach- und Diplomarbei-
6<br />
ten, der Bereitstellung <strong>von</strong> Literatur zum Otter bzw. zu ottergerechten Brückenbau, <strong>von</strong> Bildmaterial<br />
oder Otterlosung.<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>Die</strong> Darstellung des Otters in der Öffentlichkeit erfolgte in Vorträgen, Literaturbeiträgen, einer<br />
Fischotterbroschüre und Wanderausstellung des Naturparks, (die in Zusammenarbeit mit<br />
Herrn Hofmann und dem Büro "atelier & friends" entstanden ist) ebenso wie bei einer Exkursion<br />
an den Schwarzen Regen. Außerdem schrieb ich Artikel für die Presse und gab Interviews.<br />
Es wurden 2 Filmbeiträge anlässlich der Herausgabe der Naturpark-Broschüre zum<br />
Otter, sowie über Aktivitäten zugunsten des Otters im Bayerischen Wald gedreht.<br />
Ausblick<br />
Handlungsbedarf besteht bezüglich Sicherheit und Nahrungsangebot.<br />
Sicherheit für den Fischotter heißt ungefährdeter Aufenthalt an Gewässern und Uferzonen.<br />
Sie schließt gute Deckung, Durchgängigkeit der Wasserläufe, Verzicht auf Fallen und gering<br />
möglichste Gefährdung durch Straßen ein.<br />
Von essentieller Bedeutung für eine Stabilisierung und Ausbreitung des ostbayerischen<br />
Fischotterbestandes ist die Verfügbarkeit <strong>von</strong> Nahrung. Dabei ist der Erhalt und die Wiederherstellung<br />
<strong>von</strong> Lebensraum für Amphibien (Feuchtwiesen, Amphibientümpel) ebenso wichtig,<br />
wie der <strong>von</strong> Fischen (Unverbaute Wasserläufe und Uferzonen, ausreichendes Restwasser,<br />
Passierbarkeit bestehender Wehre). Wichtig scheint mir die Akzeptanz des Otters <strong>von</strong> Fischereivereinen.<br />
Auch sollte Öffentlichkeitsarbeit in Zukunft wieder Bestand des Artenhilfsprogrammes sein.<br />
Dipl. Biologin Dr. H. Mau<br />
Naturpark Bayer. Wald e.V.<br />
Infozentrum 3<br />
94227 Zwiesel
Fledermausschutz im Bayerischen Wald<br />
1. Veranlassung: Warum Fledermausschutz ?<br />
• Fledermäuse sind seit den 30er Jahren unter Schutz<br />
• <strong>Die</strong> Tiere sind wichtige Mitglieder der heimischen Natur und die effektivsten nächtlichen<br />
Insektenvertilger<br />
• Fledermäuse sind seit den 60er Jahren in ihren Beständen um 80 - 90 % zurückgegangen,<br />
vier Arten sind vom Aussterben bedroht, die Ursachen sind auf menschliche Einflüsse<br />
zurückzuführen<br />
• Viele Fledermäuse leben in Gebäuden, dagegen lehnte ein Großteil der Bevölkerung die<br />
Fledermäuse wegen alter Vorurteile ab<br />
• In Südostbayern waren bis in die 80ger Jahre keinerlei Fledermausvorkommen bekannt,<br />
nur bekannte Fledermausquartiere sind jedoch geschützte Quartiere<br />
• Eine Erfassung der Bestände und direkte Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der<br />
Bestände waren dringend notwendig<br />
Bechsteinfledermaus Foto: Morgenroth<br />
2. Maßnahmen: Was ist passiert ?<br />
• Seit 1990 wurde begonnen die Fledermausbestände in den Landkreisen Passau,<br />
Freyung-Grafenau, Regen, Straubing-Bogen und Deggendorf flächendeckend zu<br />
erfassen. Es wurden dabei z.B. alle Kirchen und viele Biotope und Ortschaften
2<br />
kontrolliert, Kontakte mit verschiedenen Ämtern aufgenommen, Aufrufe in die Zeitung<br />
gesetzt, Keller und Stollen kontrolliert<br />
• Es wird begleitend intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Es wurden z.B. jährlich<br />
ca. 14 Artikel in die lokalen Zeitungen gesetzt, Vorträge gehalten, 4 Fernsehfilme gedreht,<br />
Radiointerviews gegeben, Exkursionen durchgeführt, eine erfolgreiche Wanderausstellung<br />
und Fledermausbroschüren erstellt.<br />
• Es werden Beratungsgespräche und Schutzmaßnahmen durchgeführt. Es wurden<br />
z.B. Beratung zum Erhalt der Fledermäuse an Häusern durchgeführt, Stollen und Keller<br />
vergittert, Höhlenbäume erhalten, Fledermauskästen aufgehängt, Kirchen geöffnet.<br />
• Es werden Renovierungen und Holzschutzbehandlung in Quartieren betreut. Es<br />
werden z.B. in Zusammenarbeit mit den Diözesanbauämtern und den Holzschutzfirmen<br />
Maßnahmen an Kirchen fachlich betreut. Renovierungen in Privathäusern werden<br />
intensiv begleitet<br />
• Es wurde ein Betreuerkreis aus ehrenamtlichen Betreuern für jeden Landkreis<br />
aufgebaut. Um die Betreuung der bekannten Quartiere vor Ort zu verbessern wurden<br />
ehrenamtliche Betreuer gesucht. Es finden z.B. regelmäßige Betreuertreffen statt,<br />
Schulungen und Exkursionen werden durchgeführt.<br />
3. Ergebnisse: Was ist dabei herausgekommen ?<br />
• Das Untersuchungsgebiet erwies sich als ausgesprochen bedeutendes Rückzugsgebiet für<br />
Fledermäuse, besonders für seltene und stark geschützte Arten<br />
Alle Fledermausarten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, <strong>von</strong> 19 regelmäßig in<br />
Bayern vorkommenden Arten wurden 18 in Südostbayern gefunden. <strong>Die</strong> fehlende Art "Große<br />
Hufeisennase" ist an Kalksteingebiete gebunden. Für 8 seltene und stark bedrohte Arten hat<br />
der Ostbayerische Raum besondere Bedeutung:<br />
Fledermausart<br />
Häufigkeit in<br />
Ostbayern<br />
Häufigkeit<br />
bayernweit<br />
Schutzstatus<br />
FFH-Art<br />
Kleine<br />
selten selten Vom Aussterben nein<br />
Hufeisennase<br />
bedroht, FFH<br />
Wimperfleder- selten selten Vom Aussterben nein<br />
maus<br />
bedroht, FFH<br />
Mopsfledermaus häufig selten Vom Aussterben<br />
bedroht, FFH<br />
ja<br />
Große<br />
Bartfledermaus<br />
häufig zerteilt Stark gefährdet ja<br />
Kleine<br />
Bartfledermaus<br />
häufig häufig gefährdet ja<br />
Fransenfledermaus<br />
häufig zerteilt gefährdet ja<br />
Bechsteinfledermaus<br />
zerteilt selten gefährdet, FFH ja<br />
Wasserfledermaus<br />
häufig häufig Vorwarnliste ja<br />
Fortpflanzung
Großes Mausohr zerteilt zerteilt Gefährdet, FFH ja<br />
Braunes Langohr häufig häufig gefährdet ja<br />
Graues Langohr häufig zerteilt Stark gefährdet ja<br />
Nordfledermaus häufig selten Stark gefährdet ja<br />
Zweifarbfledermaus<br />
häufig selten Extrem selten ja<br />
Breitflügelfleder<br />
maus<br />
zerteilt zerteilt Vorwarnliste ja<br />
Großer<br />
Abendsegler<br />
häufig häufig gefährdet ?<br />
Kleiner<br />
Abendsegler<br />
zerteilt selten Stark gefährdet ja<br />
Rauhhautfledermaus<br />
selten selten Stark gefährdet nein<br />
Zwergfledermaus häufig häufig Vorwarnliste ja<br />
• <strong>Die</strong> Quartiere in den Privathäusern sind erst teilweise erfasst, die Meldungen nehmen zu.<br />
<strong>Die</strong> Bevölkerung erwartet Resonanz<br />
• <strong>Die</strong> Bestandserfassung der Waldfledermäuse liegt noch in den Anfängen, seltene Arten<br />
wurden gefunden und sind weiter zu erwarten (z.B. Kleinabendsegler und<br />
Bechsteinfledermaus.)<br />
• Nach einer langfristigen Öffentlichkeitsarbeit ist die Anteilnahme in der Bevölkerung<br />
deutlich gestiegen, die Einstellung hat sich wesentlich gebessert.<br />
Es wurde z.B. eine stark gestiegene Anfrage bezüglich Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen<br />
für Fledermäuse registriert, insbesondere hinsichtlich Renovierungen, und<br />
aufgefundenen Fledermäusen, es gehen dauerhaft Meldungen <strong>von</strong> Tierärzten, Polizei,<br />
Feuerwehr, verschiedenen Organisationen, Vereinen und Privatleuten ein.<br />
60%<br />
Einstellung gegenüber Fledermäusen 1990<br />
3<br />
11%<br />
29%<br />
Auswertungen aller Gespräche seit Kartierungsbeginn 1990<br />
Gelb = negative Einstellung, Rot = gleichgültige Einstellung, Blau = positive Einstellung
4<br />
Es werden zunehmend Meldungen registriert die keiner Anzeige (sonst. Meldung, rot) folgen,<br />
eine Folge verbesserter Aufklärung und Betreuertätigkeit , Beispiel LKR PASSAU<br />
Anzahl<br />
33%<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Einstellung gegenüber Fledermäusen 1999<br />
10%<br />
Meldungen und Anfragen 1990 - 2000<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />
Kartierungsjahr<br />
sonst. Meldung<br />
Anzeige<br />
• <strong>Die</strong> Kirchenquartiere sind zu fast 100 % erfasst, es fehlen jedoch die größeren Kapellen<br />
und einige Schlösser, es wurde ein Monitoringprogramm zur Bestandskontrolle und<br />
Entwicklung in einzelnen Kirchen etabliert.<br />
• <strong>Die</strong> Anzahl der Kirchen-Fledermäuse in Ostbayern ist hoch und nimmt zu.<br />
Seit 1990 wurden 15 Kirchen mit neuen Langohrkolonien und einer Mausohrwochenstube<br />
besiedelt, die Anzahl der Tiere in den Kolonien ist stabil oder steigt an.<br />
• Bei fachlich begleiteter Renovierung oder Holzschutzbehandlung bleiben die Kolonien<br />
erhalten. Durch die begleitenden Maßnahmen liegt der Verlust <strong>von</strong> wichtigen Quartieren<br />
bei weniger als 5%. <strong>Die</strong>se Quartiere wurden in der fledermausfreien Zeit verschlossen<br />
und Ersatzquartiere geschaffen.<br />
57%
Der Anteil der mit Fledermäusen besetzten Kirchen ist hoch<br />
Gelb = Einzeltiere<br />
Grün = Wochenstuben/Kolonien<br />
Blau = ehem. Kolonien nach Renovierung erloschen<br />
Rot = nicht besetzt (meist fledermausfeindliche Renovierung)<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
Anzahl 200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
22%<br />
5<br />
Anteil besetzter Kirchen<br />
6%<br />
60%<br />
Zunahme zweier Mausohrkolonien im Landkreis<br />
Straubing seit 1989<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />
Kartierungsjahr<br />
Falkenfels<br />
Degernbach<br />
Bestandsentwicklung der unter fachlicher Leitung renovierten Kirchen Falkenfels und<br />
Degernbach im Landkreis Straubing-Bogen, die Renovierung Falkenfels (blau) erfolgte im 1.<br />
Jahr, die Renovierung Degernbach (rot) im 11 Jahr. Der Rückgang der Zahlen in Falkenfels<br />
im 11 Jahr ist durch die falsche Zählung einer Betreuerin entstanden.<br />
• Im Jahr 2000 sind in fünf Landkreisen und zwei kreisfreien Städten jetzt 65 ehrenamtliche<br />
Fledermausbetreuer im Einsatz. <strong>Die</strong> Betreuer übernehmen 1-8 verschiedene Gemeinden.<br />
Sie arbeiten selbständig, werden bei Bedarf fachlich unterstützt. Schulungen werden<br />
mehrmals jährlich vorgenommen, das Betreuersystem ist sehr effektiv.<br />
• Sehr aufgeschlossene Quartierbesitzer betreuen ihr eigenes Fledermausquartier<br />
Neben den ehrenamtlichen Fledermausbetreuern wurden aufgeschlossene Quartierbesitzer<br />
für Ausflugszählungen geschult. Sie teilen ihre Beobachtungen den Betreuern mit.<br />
12%
• Der Bayerische Wald verfügt über vergleichsweise sehr gut besetzte Winter- und<br />
Balzquartiere. Besonders der Silberberg hat als Winterquartier europaweite Bedeutung.<br />
6<br />
• <strong>Die</strong> Schutzmaßnahmen v.a. in den Winterquartieren zeigten Erfolg, in den Quartieren war<br />
eine deutliche Zunahme der Tiere zu verzeichnen.<br />
4. Schlussfolgerung: Wie soll es weitergehen ?<br />
<strong>Die</strong> große Bedeutung des Ostbayerischen Raumes für seltene und bedrohte<br />
Fledermausarten lässt uns eine hohe Verantwortung für den Schutz und weiteren<br />
Bestand dieser Tiere tragen!<br />
• Ausbau, Fortführung und Koordinierung des Betreuersystems. Ziel ist eine langfristige<br />
Betreuung aller Gemeinden, eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Betreuung<br />
vor Ort. <strong>Die</strong> Betreuer müssen dabei kontinuierlich betreut, geschult und fachlich unterstützt<br />
werden.<br />
• Weitere Suche nach Wochenstuben in Privathäusern. <strong>Die</strong> Dunkelziffer liegt hier noch<br />
sehr hoch und nur bekannte Quartiere können gesichert und geschützt,<br />
Beratungsgespräche durchgeführt und Probleme gelöst werden, nur bekannte Quartiere<br />
sind sichere Quartiere.<br />
• Verstärkte Suche <strong>von</strong> seltenen Waldfledermäusen, Ausweisung <strong>von</strong> Höhlenbäumen,<br />
Anbringung <strong>von</strong> Nistkästen. <strong>Die</strong> Dunkelziffer ist hier noch höher, es drohen<br />
Bestandsverluste durch die rein wirtschaftlich orientierte Waldnutzung, eine<br />
Zusammenarbeit mit Forstämtern, Waldbesitzern und Verbänden wird angestrebt.<br />
• Fortsetzung der Öffentlichkeitsarbeit. Dem wachsenden öffentlichen Interesse muß<br />
Rechnung getragen werden, die Öffentlichkeitsarbeit wird fortgesetzt, angedacht wurde<br />
z.B. eine Fledermausnotrufnummer und der Ausbau unserer bestehenden<br />
Aufnahmestation, evtl. ein Fledermauszentrum.<br />
• Weitere fachliche Betreuung der Renovierungen und Holzschutzmaßnahmen. Dem<br />
Quartierverlust muss durch Maßnahmen entgegengewirkt werden. Kirchen müssen für<br />
eine wachsende Zahl an Kirchenfledermäusen geeignet bleiben.<br />
• Weiterführung des Monitorigprogrammes zur Bestandsentwicklung. <strong>Die</strong><br />
Winterquartiere und Wochenstuben sind ausgesprochen gefährdete Quartiere, sie müssen<br />
in regelmäßigen Abständen kontrolliert und gezählt werden um Unfälle und Verluste zu<br />
vermeiden.<br />
• Forschung mit neuen Methoden an den seltenen Arten. Mit neuen Techniken wie<br />
Telemetrie und besseren Detektoren kann die Lebensweise der Tiere besser erforscht und<br />
weitere Information zur Verbreitung und Schutz erhalten werden. Es wird eine<br />
internationale Kooperation mit den tschechischen Kollegen angestrebt.<br />
• Erstellen eines Fledermausatlas für Ostbayern und Sumava. <strong>Die</strong><br />
Fledermausforschung in Tschechien ist ebenfalls sehr weit fortgeschritten und die<br />
Zusammenarbeit ist bereits sehr gut. Es sollen die Daten beidseitig der Grenze aufbereitet<br />
und populärwissenschaftlich publiziert werden. Eine Internetseite ist geplant.
• Weiterführung der Schutzmaßnahmen. <strong>Die</strong> Beratungsgespräche vor Ort erweisen sich<br />
als überaus effektive Schutzmaßnahmen und sollten fortgesetzt werden. Weitere<br />
Schutzmaßnahmen, Verschluss <strong>von</strong> Winterquartieren, die Öffnung <strong>von</strong> Kirchen,<br />
Aufhängung <strong>von</strong> Kästen, Ausweisung <strong>von</strong> Bäumen etc. sind sinnvoll. Interessierte<br />
Hausbesitzer werden hinsichtlich Fledermausschutz in Haus und Garten beraten. Jede<br />
Renaturierung <strong>von</strong> Gewässern und Schaffung <strong>von</strong> Vernetzungsstrukturen und Biotopen<br />
als Jagd- und Nahrungsgebiet unterstützt den Fledermausbestand.<br />
Dipl. Biol. S. Morgenroth<br />
Holzheim 16<br />
92331 Parsberg<br />
7
Wasseramsel und Flussuferläufer im Bayerischen Wald<br />
Wasseramsel und Flussuferläufer sind Charakterarten für saubere, naturnahe und noch weitgehend<br />
ungestörte Bäche und Flüsse. Von den vielfältigen Eingriffen in die Gewässerlandschaften<br />
während der letzten Jahrzehnte sind beide Arten deshalb besonders negativ<br />
betroffen. Wasseramsel wie Flussuferläufer sind auf den Roten Listen der gefährdeten Tiere<br />
der Bundesrepublik und Bayerns zu finden.<br />
Während die Wasseramsel in Bayern als im Bestand gefährdet eingestuft werden muss, hat sie<br />
im Bayerischen Wald noch einen ihrer Verbreitungsschwerpunkte. Vor allem im Inneren<br />
Bayerischen Wald gibt es noch relativ stabile Bestände. Hier gilt es durch entsprechende<br />
Schutzmaßnahmen eine Kernpopulation zu erhalten, die auch als Ausbreitungszentrum für die<br />
Wiederbesiedlung ehemals aufgegebener Standorte fungieren kann.<br />
Anders gelagert ist die Situation beim Flussuferläufer. Schon immer selten im Bayerischen<br />
Wald, war er früher anscheinend aber zumindest an den größeren Flüssen wie Regen oder Ilz<br />
ein regelmäßiger Brutvogel. Heute muss er als vom Aussterben bedrohte Art eingestuft werden.<br />
Bei der erst 1990 (wieder)entdeckten Population am Regen handelt es sich um ein isoliertes<br />
Vorkommen, das nur dann weiter bestehen wird, wenn eine Mindestanzahl <strong>von</strong> geeigneten<br />
Brutrevieren erhalten werden kann. Da es sich zugleich um das bedeutendste außeralpine<br />
Flussuferläufer-Vorkommen in der Bundesrepublik handelt, ist der Artenschutz hier besonders<br />
gefordert.<br />
1. Wasseramsel<br />
Habitatansprüche<br />
<strong>Die</strong> Wasseramsel brütet an schnell fließenden Gebirgs- und Mittelgebirgsbächen mit kiesigem<br />
und steinigem Grund und klarem Wasser. Hauptsächlich ernährt sie sich <strong>von</strong> im Wasser lebenden<br />
Invertebraten, die sie meist tauchend erbeutet. <strong>Die</strong> höchsten Besiedlungsdichten werden<br />
in den oberen Gewässerabschnitten, d.h. in der Forellen- und der Äschenregion erreicht.<br />
Neben dem Nahrungsangebot ist das Vorhandensein <strong>von</strong> sicheren Nist- und Schlafplätzen für<br />
ihr Vorkommen wichtig. Zur Nestanlage werden zumeist Nischen und Höhlen unter Brücken<br />
oder sonstigen Bauwerken am Gewässer gewählt. An diesen Stellen ist das charakteristische<br />
kugelförmige Moosnest der Wasseramsel vor Feinden und Hochwasser oft besser geschützt<br />
als an natürlichen Standorten wie etwa auf Steinen oder Felsen in den Gewässern oder unterspülten<br />
Uferbereichen.<br />
Vorkommen im Bayerischen Wald<br />
<strong>Die</strong> Wasseramselbestände im Bayerischen Wald dürften als relativ stabil einzustufen sein,<br />
auch wenn lokale Verluste durch verschiedene Gefährdungsursachen zu verzeichnen sind.<br />
Obwohl Wasseramseln wegen ihrer strengen Bindung an Gewässer relativ leicht zu erfassen<br />
sind, lagen flächige Bestandserfassungen aus dem Bayerischen Wald lange Zeit nur für das
2<br />
Nationalparkgebiet vor (LANGE & ZIMMERMANN 1975, SCHERZINGER 1978 in WÜST<br />
1986).<br />
Neuere Untersuchungen<br />
1990 und 1991 wurde deshalb im Auftrag des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern e.V.<br />
(LBV) der Wasseramselbestand an den morphologisch als Brutgewässer geeigneten Bächen<br />
im Naturparkgebiet (damals die Landkreise Regen sowie Deggendorf und Straubing-Bogen<br />
nördlich der Donau) kartiert. Im einzelnen waren dies der Große Regen, der Kleine Regen<br />
unterhalb der Talsperre Frauenau, die Flanitz, der Schwarze Regen, die Teisnach unterhalb<br />
Gotteszell, der Rothbach, die Mehnach, der Bogenbach mit Quellbächen, der Kollbach bei<br />
Bogen und die Hengersberger Ohe mit Quellbächen und Zuflüssen. 1991 wurden zudem alle<br />
weiteren potentiell geeigneten Bäche mit einer Mindestbreite <strong>von</strong> einem Meter abgesucht. Es<br />
ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass damit alle potentiellen Brutgewässer der Wasseramsel im Naturparkgebiet<br />
erfasst wurden.<br />
Ergebnisse<br />
Insgesamt wurden 181 Wasseramselreviere festgestellt. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche<br />
Dichte <strong>von</strong> 1 Revier pro 3,3 km Gewässerkilometer. <strong>Die</strong>ser Wert entspricht in etwa den<br />
Ergebnissen aus Untersuchungen in anderen Mittelgebirgen und den Alpen. <strong>Die</strong> meisten Wasseramsel-Reviere<br />
fanden sich an Gewässern im Einzugsbereich des Regens, einige Abschnitte<br />
des Großen und des Schwarzen Regens und des Rothbaches waren im Vergleich mit Literaturwerten<br />
extrem dicht <strong>von</strong> Wasseramseln besiedelt. An den zur Donau hin abfließenden Bächen<br />
brüteten dagegen nur wenige Paare (Abb. 1).<br />
Verteilung der Wasseramsel-Reviere im Bay. Wald Quelle: OAG Ostbayern (19/1992)
3<br />
<strong>Die</strong> Gründe dafür sind hauptsächlich in den sedimentologischen Eigenschaften der Gewässer<br />
zu sehen: Während sich die Gewässer im Einzugsbereich des Regens durch hohe Fliessgeschwindigkeit,<br />
Flachwasserbereiche und kiesiges Substrat auszeichnen und damit als Nahrungshabitate<br />
der Wasseramsel hervorragend geeignet sind, sind die zur Donau abfließenden<br />
Bäche aufgrund des meist geringen Gefälles über große Strecken mit Schlick und Sand sedimentiert<br />
und fallen somit in diesen Bereichen als Nahrungshabitate weitgehend aus.<br />
Weitere Gründe für Bestandseinbußen im Untersuchungsgebiet führt SCHLEMMER (1992)<br />
auf Wasserausleitungen und Stauhaltungen zurück. Daneben sind vor allem an Gewässern im<br />
Vorwaldbereich Reviere wegen des Wegfalls geeigneter Brutplätze in Folge <strong>von</strong> Brücken-<br />
und Mühlenmodernisierung aufgegeben worden. Gewässerbegradigung, Uferverbauung, Gewässerverschmutzung<br />
und -versauerung haben im Bayerischen Wald derzeit nur an wenigen<br />
Stellen negative Auswirkungen auf den Wasseramselbestand.<br />
Wichtigste Schutz- und Förderungsmaßnahmen für die Wasseramsel im Bayerischen Wald<br />
sind nach SCHLEMMER (1992):<br />
- Schaffung <strong>von</strong> sicheren Nistplätzen durch das Anbringen <strong>von</strong> Nistkästen an geeigneten<br />
Gewässerabschnitten.<br />
- Verzicht auf einschneidende wasserbauliche Veränderungen wie Begradigung, Uferverbau,<br />
Aufstauung oder Ableitung.<br />
- Einschränkung <strong>von</strong> Störungen während der Brutzeit durch Freizeitaktivitäten wie Kanufahren,<br />
Angeln etc.<br />
Nistkasten-Aktion<br />
Von LBV-Mitarbeitern und -Mitgliedern wurde im Jahr 1992 begonnen, geeignete Gewässerabschnitte<br />
mit Wasseramselnistkästen auszustatten. Es wurden insgesamt über 280 Kästen<br />
angebracht und alljährlich kontrolliert. Während des achtjährigen Kontrollzeitraumes <strong>von</strong><br />
1992 bis 1999 stieg die Prozentzahl der besetzten Nistkästen leicht an: Von 22 % im ersten<br />
Jahr auf 32,2 % im achten Jahr. <strong>Die</strong> Jahre 1997 und 1998 erscheinen dabei als besonders gute<br />
"Wasseramsel-Jahre" mit Belegungsquoten <strong>von</strong> 35,7 bzw. 35,9%. Indirekt lässt dieses Ergebnis<br />
nicht nur auf eine Bestandssicherung, sondern auch auf eine leichte Zunahme des Wasseramselbestandes<br />
im Untersuchungsgebiet schließen.<br />
Aufgrund der sehr personal- und zeitaufwendigen Nistkasten-Kontrollen werden die Kontrollen<br />
seit 1999 nur noch im Abstand <strong>von</strong> 2-3 Jahren durchgeführt. Eine weitere Beobachtung<br />
der Bestandsentwicklung sollte aber in jedem Fall sichergestellt werden.<br />
Fazit<br />
Während die Förderung der Wasseramselbestände durch das Anbringen <strong>von</strong> Nistkästen relativ<br />
einfach zu realisieren ist, sollten auch die anderen Schutzvorschläge sukzessive in die Tat<br />
umgesetzt werden, auch wenn dies aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsinteressen nur<br />
durch langwierige Konsensgespräche oder auch naturschutzrechtliche Eingriffe möglich sein<br />
wird.
4<br />
Literatur:<br />
LANGE, L. & W. ZIMMERMANN (1975): <strong>Die</strong> Wasseramsel im Bayerischen Wald. Nationalpark:<br />
29-33 o<br />
SCHLEMMER, R. (1992): Untersuchungen zu Vorkommen, Brutbiologie, Gefährdung und<br />
Schutz der Wasseramsel (Cinclus cinclus) im Naturpark Bayerischer Wald. Jber. OAG Ostbayern<br />
19: 103-144 o<br />
WÜST, W. (1980): Avifauna Bavariae II, München<br />
2. Flussuferläufer<br />
Habitatansprüche<br />
Der Flussuferläufer ist eine Charakterart locker bewachsener Flussschotter und kiesiger Seeufer.<br />
Zur Nahrungssuche werden vor allem regelmäßig überschwemmte, nicht oder nur spärlich<br />
bewachsene Kiesbänke genutzt. <strong>Die</strong> Nahrung wird häufig entlang der Wasserkante gesucht.<br />
Hauptsächlich werden Imagines <strong>von</strong> Insekten, vor allem Käfer und Fliegen erbeutet.<br />
Das Nest wird am Boden, meist gut versteckt zwischen krautiger Vegetation oder unter kleinen<br />
Büschen auf Flussinseln oder an geeigneten Uferstellen angelegt.<br />
Allgemeine Bestandssituation<br />
In Mitteleuropa nehmen die Bestände seit dem 19. Jahrhundert kontinuierlich ab. Als Ursachen<br />
werden vor allem Zerstörung des Lebensraumes durch Flussregulierung, Uferverbauung<br />
und Überstauung sowie Störungen durch intensive Freizeitnutzung (Wassersport,<br />
Badebetrieb, Angler, Camper etc.) genannt. Hinzu kommen natürliche Verluste durch Überschwemmungen<br />
und das Zuwachsen freier Kiesbänke (BAUER & BERTHOLD 1996). Aufgrund<br />
der anhaltend negativen Tendenz blieben in den meisten Regionen Mitteleuropas nur<br />
noch kleine Restvorkommen erhalten. Maximal werden 5.000 bis 8.000 Brutpaare mit<br />
Schwerpunkten in den Alpen, Sudeten und Karpaten mit ihren jeweiligen Vorländern geschätzt.<br />
Der Flussuferläufer wird in der Roten Liste der gefährdeten Tiere der Bundesrepublik<br />
Deutschland ebenso wie in der Roten Liste der gefährdeten Tiere Bayerns als "Vom Aussterben<br />
bedroht" eingestuft. Der bundesdeutsche Bestand wird mit 400 bis 600 Brutpaaren angegeben<br />
(BAUER & BERTHOLD 1996). In Nordbayern kommen nur noch wenige vereinzelte<br />
Brutpaare vor (NITSCHE & PLACHTER 1987, THEISS & GLÄNZER 1987). Den südbayerischen<br />
Bestand veranschlagt BEZZEL (1995) mit etwa 150 Brutpaaren. <strong>Die</strong> hier beschriebene<br />
Population im Naturpark Bayerischer Wald ist darin noch nicht berücksichtigt.<br />
Vorkommen im Bayerischen Wald<br />
Angaben über Brutvorkommen im Bayerischen Wald liegen kaum vor. Anfang der 20er Jahre<br />
des 20. Jahrhunderts hat LANKES (1925) den Flussuferläufer am Schwarzen Regen bei
5<br />
Viechtach als Brutvogel festgestellt. Seither fanden keine speziellen Nachforschungen mehr<br />
statt und die Art wurde für den Bayerischen Wald lediglich als "brutverdächtig" eingestuft.<br />
Neuere Untersuchungen<br />
1990 wurde im Rahmen der Wasseramselkartierung ein bis dahin nicht bekanntes Flussuferläufer-Vorkommen<br />
am Schwarzen Regen entdeckt. 1991 wurde daher vom LBV eine gezielte<br />
Flussuferläufer-Kartierung für diesen Bereich in Auftrag gegeben. Ziel dieser Untersuchung<br />
war es, den Brutbestand des Flussuferläufers im Naturpark Bayerischer Wald zu erfassen und<br />
damit die Grundlage für die Erarbeitung eines Schutzkonzeptes für diese Art in der Region zu<br />
schaffen.<br />
Ergebnisse<br />
Bei dieser Kartierung wurden <strong>von</strong> SCHLEMMER am Schwarzen Regen zwischen Zwiesel<br />
und dem Höllensteinsee unterhalb <strong>von</strong> Viechtach 25 besetzte Reviere und zusätzlich 9 Reviere<br />
am Trinkwasserspeicher Frauenau festgestellt. Damit liegt das bedeutendste außeralpine<br />
deutsche Brutvorkommen des Flussuferläufers im Bayerischen Wald (1998 wurden <strong>von</strong><br />
SCHLEMMER auch am Großen Regen zwischen Bayerisch Eisenstein und Zwiesel noch<br />
zwei weitere Brutreviere entdeckt).<br />
Als Gefährdungsfaktoren wurden vor allem Störungen während der Brutzeit und speziell am<br />
Trinkwasserspeicher Frauenau das Zuwachsen der Brutplätze - weitgehend vegetationsfreie<br />
Uferstreifen aus groben Schottern und Sand - im Lauf der natürlichen Sukzession angesehen.<br />
Am Trinkwasserspeicher wurden daraufhin <strong>von</strong> der zuständigen Wasserwirtschaftsverwaltung<br />
die Pflegevorschläge <strong>von</strong> SCHLEMMER aufgegriffen und der Fichtenaufwuchs auf einer<br />
Länge <strong>von</strong> ca. 100 m auf der Ostseite beseitigt.<br />
1996 wurden die Brutreviere am Regen zwischen Zwiesel und dem Höllensteinsee sowie am<br />
Trinkwasserspeicher Frauenau erneut kartiert, um die Bestandsentwicklung zu dokumentieren.<br />
Außerdem wurden vorhandene Störungen durch Freizeitaktivitäten erfasst und ein detailliertes<br />
Schutzkonzept erarbeitet.<br />
Am Regen wurden statt der 1991 festgestellten 25 Brutreviere nur noch 16 Reviere aufgefunden.<br />
Am Trinkwasserspeicher wurden 1996 noch 7 Brutreviere gezählt. Ursache für den drastischen<br />
Bestandsrückgang am Regen dürfte wahrscheinlich ein durch mehrere Hochwässer<br />
bedingter nahezu totaler Brutausfall im Jahr 1995 gewesen sein. An einigen Stellen wurden<br />
massive Störungen durch Angler, Camper, Badegäste oder freilaufende Hunde festgestellt, so<br />
dass ein erfolgreiches Brüten des Flussuferläufers dort nicht möglich war. Eine Überprüfung<br />
der Auswirkungen der Beseitigung des Fichtenaufwuchses am Ostufer des Trinkwasserspeichers<br />
durch SCHLEMMER im Jahr 1998 zeigte, dass dadurch die Attraktivität dieses Uferbereiches<br />
als Brutplatz für den Flussuferläufer gesteigert werden konnte, z.B. war ein 1996 bereits<br />
verwaistes Brutrevier in diesem Bereich wieder besetzt.<br />
Aufgrund der beiden Kartierungsdurchgänge wurden <strong>von</strong> SCHLEMMER (1996) die folgenden<br />
Schutzmaßnahmen vorgeschlagen:
6<br />
- Abgestuftes System <strong>von</strong> Sperrzeiten und -zonen am Regen für Freizeitaktivitäten wie<br />
Boot- oder Kanufahren, Angeln etc. zur Vermeidung <strong>von</strong> Störungen während der<br />
Brutzeit<br />
- Erhöhung der Restwassermengen an Ausleitungsstellen<br />
- Unterbindung der natürlichen Sukzession auf den Schotterflächen und Inseln durch<br />
entsprechende Pflegemaßnahmen bei Bedarf<br />
Fazit<br />
Während sich die Biotoppflegemaßnahmen mehr oder weniger problemlos durchführen lassen,<br />
sind die übrigen Maßnahmenvorschläge nur im Rahmen <strong>von</strong> naturschutzrechtlichen Verfahren<br />
realisieren.<br />
Seit 2001 wird - wiederum im Auftrag des LBV - in Zusammenarbeit mit dem LfU ein erneutes<br />
Gutachten mit einer Laufzeit <strong>von</strong> drei Jahren durchgeführt. Dabei soll geklärt werden, inwieweit<br />
sich Freizeitaktivitäten konkret auf den Reproduktionserfolg des Flussuferläufers<br />
auswirken, ob und welche potentiellen Habitatverbesserungen durch wasserbauliche Maßnahmen<br />
in Frage kommen und ob das Flussuferläufer-Vorkommen im Bayerischen Wald sich<br />
selbst erhält oder auf Zuwanderung angewiesen ist.<br />
Ausblick<br />
Grundlagenuntersuchungen sind spätestens 2003 in ausreichendem Maß vorhanden. Damit<br />
gibt es dann auch eine tragfähige Basis für die Realisierung <strong>von</strong> Schutzmaßnahmen, die nur<br />
im Rahmen <strong>von</strong> naturschutzrechtlichen Verfahren, z.B. einer NSG-Ausweisung möglich sind.<br />
Dipl. Biol. Alois Hofmann<br />
Naturpark Bayerischer Wald e.V.<br />
Infozentrum 3<br />
94227 Zwiesel<br />
Literatur:<br />
BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1996): <strong>Die</strong> Brutvögel Mitteleuropas - Bestand und Gefährdung.<br />
Wiesbaden o<br />
BEZZEL, E., H.J. FÜNFSTÜCK & J. KIRCHNER (1995): Der Flussuferläufer Actitis hypoleucos<br />
im Werdenfelser Land 1966 bis 1994: Lebensraum, Durchzug, Brutbestand und<br />
Schutzprobleme. Garmischer Vogelkundl. Ber. 24: 47-60 o
7<br />
LANKES,K. (1925): Ornithologisches aus <strong>Niederbayern</strong>, besonders dem Bayerischen Wald.<br />
Verh. Orn. Ges. Bayern 16:246-264 o<br />
NITSCHE, G. & H. PLACHTER (1987): Atlas der Brutvögel Bayerns 1979 - 1983. München<br />
SCHLEMMER, R. (1992): Brutvorkommen des Flussuferläufers (Actitis hypoleucos) im Naturpark<br />
Bayerischer Wald. Unveröffentlichtes Gutachten. o<br />
SCHLEMMER, R. (1996): Kartierung des Flussuferläufers Actitis hypoleucos am Schwarzen<br />
Regen zwischen Zwiesel und Höllenstein und am Trinkwasserspeicher Frauenau und Schutzvorschläge.<br />
Unveröffentlichtes Gutachten. O<br />
SCHLEMMER, R. (1998 a): Effizienzkontrolle der Pflegemaßnahmen für den Flussuferläufer<br />
- Actitis hypoleucos - am Trinkwasserspeicher Frauenau. Unveröffentlichtes Gutachten. o<br />
SCHLEMMER, R. (1998 b): Schutzkonzept für den Flussuferläufer - Actitis hypoleucos - am<br />
Großen Regen. Unveröffentlichtes Gutachten. o<br />
THEISS, N. & G. GLÄNZER (1987): Bestandsentwicklung des Flussuferläufers Actitis hypoleucos<br />
<strong>von</strong> 1981-1986 im Oberen Maintal. Anz. Orn. Ges. Bayern 26: 137-139
Wachtelkönig im Inneren Bayerischen Wald<br />
1. Einleitung, Untersuchungsgebiet und Methode<br />
Der Wachtelkönig zählt zu den am stärksten gefährdeten Vogelarten Mitteleuropas (BAUER,<br />
H.-G. & P. BERTHOLD (1996). Neben Moorente, Großtrappe und Seggenrohrsänger ist er<br />
die einzige in Deutschland brütende Vogelart, deren Bestand weltweit als gefährdet gilt<br />
(SCHÄFFER 1994, LANDESBUND FÜR VOGELSCHUTZ IN BAYERN, LBV 1999). Seit<br />
1993 werden im südlichen Böhmerwald (BÜRGER et al. 1997, 1999; BÜRGER & PYKAL<br />
2000) und seit 1994 in Oberösterreich (UHL 1999a) Wachtelkönige kartiert und teilweise<br />
auch beringt. Ziel der vorliegenden Untersuchung war, die Wachtelkönigrufplätze im Inneren<br />
Bayerischen Wald <strong>von</strong> 1999 bis 2001 jährlich in drei flächendeckenden Durchgängen zu erfassen<br />
und ein Schutzkonzept für die Art zu erarbeiten.<br />
2. Bestand, Verteilung und Standorttreue<br />
Im Inneren Bayerischen Wald wurden 1999 mindestens 46, 2000 mindestens 25 und 2001<br />
mindestens 22 rufende Männchen festgestellt. <strong>Die</strong> Anzahl besetzter Rufplätze war mit 63, 29<br />
bzw. 26 deutlich höher. <strong>Die</strong>s ist darauf zurückzuführen, dass die Männchen im Verlauf der<br />
Brutperiode mehrere Rufplätze besetzen können. An fünf Stellen wurden Brutnachweise erbracht.<br />
Wichtigstes Verbreitungsgebiet des Wachtelkönigs im Landkreis Regen und im gesamten<br />
Untersuchungsgebiet ist das Zellertal <strong>von</strong> Bodenmais nach Westen bis in den Landkreis Kötzting<br />
mit Zentrum um Arnbruck. Ansonsten kommen Wachtelkönige im Landkreis Regen nur<br />
noch vereinzelt und sporadisch vor, wobei das Gebiet um Lindberg und Altpocher noch am<br />
regelmäßigsten besiedelt ist. Im Landkreis Freyung-Grafenau findet sich das stärkste Wachtelkönigvorkommen<br />
entlang des Grenzstreifens <strong>von</strong> Hinterfirmiansreut, über Schnellenzipf<br />
bis Haidmühle, wobei jedoch der größte Teil der Rufplätze bereits auf böhmischer Seite liegt.<br />
Ein zweiter Schwerpunkt im Landkreis Freyung-Grafenau liegt im Bereich Schönbrunn -<br />
Raimundsreut. Hier sind die Brachflächen entlang des Reschwassers die wichtigsten Attraktionsflächen<br />
für Wachtelkönige. In der weiteren Umgebung werden <strong>von</strong> Jahr zu Jahr wechselnd<br />
vor allem Brachflächen, daneben auch Wiesen im Bereich <strong>von</strong> Glashütte, Schönbrunnerhäuser,<br />
in der Gegend <strong>von</strong> Kirchl, um Kreuzberg und im Reschwasser- und Rothbachtal und den<br />
angrenzenden Hängen in der Gemarkung Mauth besetzt (Tab. 1).<br />
Von den 30 Gebieten, in denen <strong>von</strong> 1999 bis 2001 Wachtelkönige festgestellt wurden, waren<br />
nur 6 in allen drei, 8 in zwei und 16 in nur einem Jahr besetzt. Selbst Gebiete, in denen Wachtelkönige<br />
in einem Jahr in größerer Dichte vorkommen, können im nächsten Jahrvollständig<br />
verwaist sein (vgl. Tab. 1: Zellertal westlich Bodenmais). Auch bei der Besiedlung einzelner<br />
Wiesen bzw. Brachflächen innerhalb eines Gebietes waren die Wachtelkönige kaum standorttreu.<br />
So waren <strong>von</strong> den insgesamt 1 00 kartierten Rufplätzen nur 4 in allen drei Jahren und nur<br />
13 in zwei Jahren besetzt. <strong>Die</strong> überwältigende Zahl <strong>von</strong> 83 Rufplätzen war dagegen <strong>von</strong> 1999<br />
bis 2001 nur einmal besetzt. Andererseits deuten langjährige Beobachtungen <strong>von</strong> Anwohnern<br />
darauf hin, dass einzelne Gebiete über Jahrzehnte hinweg unregelmäßig besetzt bleiben.<br />
Gebiet vor 1999 1999 2000 2001
Wiesing + 1 1<br />
Zellertal östlich Niederndorf + 1 1<br />
Zellertal bei Arnbruck + 5 5 2<br />
Zellertal bei Röhrlhof + 1<br />
Zellertal bei Drachselsried 1 1<br />
Zellertal bei Grafenried 2<br />
Zellertal westlich Bodenmais + 7<br />
Etzendorf + 1<br />
Schwarzachtal bei Burgstall +<br />
Rabenstein-Lindberg-Altpocher-Oberzwieselau + 1 2<br />
Buchenau 2<br />
Rodungsinsel Neuhütte 2<br />
Hänge bei Haslach, Elmberg und Grünbach + 2<br />
Rodungsinsel Glashütte + 1 1<br />
Schönbrunnerhäuser 1<br />
Schönbrunn/Raimundsreut + 1 3 3<br />
Kirchl 1 1<br />
Kreuzberg 2 1<br />
Herzogsreut 1<br />
Grainet/Rehberg 1<br />
Vierhäuser/Neuhütte 1 1<br />
Reschwassertal bei Mauth 1<br />
Hänge bei Hohenröhren 1<br />
Rothbachtal bei Kühreuten 2<br />
Saußwassertal südwestlich Annathal 1<br />
Grenzbereich bei Hinterfirmiansreut 2 2 1<br />
Grenzbereich bei Marchhäuser (Philippsreut) 1<br />
Grenzbereich bei Schnellenzipf + 2 1 2<br />
Grenzbereich bei Marchhäuser (Bischofsreut) + 1 4 3<br />
Grenzbereich bei Auerbergsreut/Haidmühle 6 4 2<br />
Summe<br />
2<br />
46 25 22<br />
Tab.1: Bestand rufender Wachtelkönigmännchen im Inneren Bayerischen Wald 1999 bis 2001<br />
(+: Gebiete in denen Wachtelkönige vor 1999 nachgewiesen wurden; vgl. Abs. 5)<br />
3. Habitat<br />
Im Inneren Bayerischen Wald werden vor allem Mähwiesen und Wiesenbrachen, seltener<br />
auch nicht bestoßene Viehweiden und ausnahmsweise auch Getreide- und Futteräcker <strong>von</strong><br />
Wachtelkönigen besiedelt (Abb. 1). Unter Berücksichtigung des geringen Flächenanteils <strong>von</strong><br />
Brachflächen gegenüber Mähwiesen, werden Brachflächen <strong>von</strong> Wachtelkönigen stark bevorzugt<br />
besiedelt.<br />
Für die Besetzung eines Rufplatzes wird eine Mindesthöhe des grasigen Bewuchs <strong>von</strong> 20 bis<br />
30 cm angegeben (LBV 1999). Den bisherigen Beobachtungen zu folge scheinen Wachtelkönige<br />
darüber hinaus wenig Ansprüche an die Ausstattung des Bruthabitates zu stellen. Eine
3<br />
Bevorzugung feuchter oder nasser Wiesen gegenüber trockeneren Standorte wurde im Untersuchungsgebiet<br />
nicht festgestellt. <strong>Die</strong> meisten "Mähwiesen-Rufplätze" waren in trockenen<br />
Wiesen. Auch wurde keine Bevorzugung <strong>von</strong> Talwiesen gegenüber Hangwiesen beobachtet.<br />
In einzelnen Fällen wurden trockene Hangwiesen besiedelt, obwohl diese unmittelbar an<br />
feuchtere und reich strukturierte Talwiesen angrenzen. Auch deuten die vier erbrachten Brutnachweise,<br />
die alle in wenig strukturierten, trockenen Fettwiesen lagen, auf geringe Ansprüche<br />
der Art hinsichtlich des Feuchtegrades und der strukturellen Ausstattung hin. Wesentlich<br />
für den Bruterfolg ist jedoch der Schnittzeitpunkt der Wiesen. <strong>Die</strong>ser muss so spät liegen,<br />
dass die jungen Wachtelkönige bereits fliegen können oder zumindest laufend den Mähmaschinen<br />
ausweichen können. Derzeit werden die Wiesen im Inneren Bayerischen Wald in der<br />
Regel für eine erfolgreiche Jungenaufzucht zu früh gemäht. Hecken- und Waldrandnähe werden<br />
<strong>von</strong> Wachtelkönigen stärker toleriert als dies bei Braunkehlchen der Fall ist.<br />
4. Brutbiologie und Brutzeiten<br />
Aus den 1999 im Inneren Bayerischen Wald festgestellten Brutnachweisen lassen sich für das<br />
Vorkommen <strong>von</strong> Gelegen und Jungvögeln aus Erstbruten folgende Eckdaten ableiten. Mit der<br />
Eiablage wird in der letzten Maidekade begonnen. Sie zieht sich bei späteren Erstgelegen<br />
mindestens bis Anfang Juni hin. <strong>Die</strong> Jungen der ersten Brut schlüpfen Mitte bis Ende Juni und<br />
werden zwischen Mitte und Ende Juli flugfähig. Nachgelege bzw. Eier <strong>von</strong> Zweitbruten sind<br />
bis Ende Juli zu erwarten. <strong>Die</strong> letzten Jungen sollten Ende August fliegen können (Abb. 2).
5. Schutzmaßnahnen<br />
4<br />
Wiesen in denen Wachtelkönige rufen sollten nicht vor dem 1. August gemäht werden. Wo<br />
dies nicht möglich ist, sollten die Wiesen zumindest nicht vor dem 1. Juli gemäht und<br />
Rückzugsflächen für die noch nicht flugfähigen Jungvögel stehen gelassen werden. Ein<br />
mindestens fünf Meter breiter Streifen am Wiesenrand dürfte genügen. Auch kann eine direkt<br />
angrenzende Brachfläche oder ein Getreideacker als Rückzugsraum dienen. Wichtig ist, dass<br />
die Jungen langsam in die Restfläche gedrängt werden. Bei Restflächen an einem Rand sollte<br />
also auf der gegenüber liegenden Wiesenseite mit der Mahd begonnen und sukzessive zur<br />
Restfläche hin fortgesetzt werden. Bleiben beiderseits der Wiese Restflächen, so kann die<br />
Mahd in der Wiesenmitte begonnen und <strong>von</strong> dort beiderseits nach Außen fortgesetzt werden.<br />
Entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahme ist, dass bei der Mahd nur langsam (maximal<br />
Schritttempo) gefahren wird, damit die zu dieser Zeit zum größten Teil erst wenige Tage alten<br />
Wachtelkönigküken ausweichen können.<br />
Brachflächen werden <strong>von</strong> Wachtelkönigen bevorzugt besiedelt. Darüber hinaus dürfte der<br />
Bruterfolg in Brachflächen wegen fehlender Mähverluste besonders groß sein. Eine deutliche<br />
Populationsstärkung könnte daher durch die Förderung <strong>von</strong> mehrjährigen Wiesenbrachen im<br />
Inneren Bayerischen Wald erzielt werden. Entsprechende Flächen könnten durch Förderung<br />
eines Rotationsbrachesystem dauerhaft als Wachtelkönighabitate erhalten werden. Da stark<br />
verfilzte Flächen <strong>von</strong> Wachtelkönigen gemieden werden, sollten Brachflächen zumindest alle<br />
fünf Jahre einmal gemäht und das Mähgut abtransportiert werden. Damit auch späte<br />
Zweitbruten nicht gefährdet werden, sollten Pflegemaßnahmen in Brachflächen erst ab Mitte<br />
September durchgeführt werden.<br />
Im Jahr 2000 wurde angefangen die Brachflächen innerhalb des Nationalparks Sumava<br />
extensiv zu beweiden. Um negative Auswirkungen auf die Wachtelkönigvorkommen zu<br />
vermeiden, sollten die Flächen, in denen Wachtelkönige vorkommen, nicht vor Ende Juli<br />
beweidet werden.
5<br />
Wegen der Unstetigkeit mit der einzelne Gebiete besiedelt werden und der geringen<br />
Standorttreue des Wachtelkönigs ist ein bedeutender Schutz der Art im Inneren Bayerischen<br />
Wald nur zu erreichen, wenn die aktuellen Vorkommen jährlich im Frühjahr erfasst und<br />
dementsprechend mit den betroffenen Landwirten einjährige Mähverzichtsvereinbarungen<br />
ausgehandelt werden. Da dies für das gesamte Untersuchungsgebiet wegen des hohen<br />
Zeitaufwandes kaum dauerhaft zu realisieren ist, sollten die Schutzbemühungen auf die<br />
Gebiete, in denen Wachtelkönige <strong>von</strong> 1999 bis 2001 schwerpunktmäßig festgestellt wurden,<br />
konzentriert werden. Mehrjährige Verträge scheinen nur bei wenigen Flächen, die wiederholt<br />
besiedelt wurden, sinnvoll zu sein. 1<br />
Schwerpunktflächen für den Schutz des Wachtelkönigs im Inneren Bayerischen Wald sind:<br />
im Landkreis Regen<br />
a) das Zellertal <strong>von</strong> Bodenmais bis in den Landkreis Kötzting hinein mit dem Arnbrucker<br />
Raum als Zentrum<br />
b) das Gebiet um Lindberg und Altpocher<br />
im Landkreis Freyung-Grafenau<br />
c) der Grenzbereich zwischen Hinterfirmiansreut und Haidmühle<br />
d) die Gegend um Schönbrunn und Raimundsreut mit den Brachen entlang des<br />
Reschwassers und Urbanbaches als Zentrum.<br />
Da in den Schwerpunktflächen für den Wachtelkönigschutz auch Braunkehlchen,<br />
Wiesenpieper und Feldschwirl vorkommen, sollten bei den Schutzbemühungen auch die<br />
Ansprüche dieser Wiesenbrüter berücksichtigt werden. Für Braunkehlchen wurden die<br />
entsprechenden Schutzvorschläge bereits parzellenscharf erarbeitet (vgl. Schlemmer 2000:<br />
Pflege und Entwicklungspläne zum Braunkehlchen- und Wachtelkönigschutzkonzept Innerer<br />
Bayerischer Wald).<br />
Dipl. Biologe Dr. R. Schlemmer<br />
Proskestraße 5<br />
93059 Regensburg<br />
1 <strong>Die</strong>se Schutzvorschläge decken sich weitgehend mit Schutzkonzepten in anderen Brutgebieten des<br />
Wachtelkönigs (vgl. Gaedecke 1999: Braunschweig; Schimkat 2000: Dresdner Ostragehege; Uhl<br />
1999b, 2000: Oberösterreich).
Literatur:<br />
6<br />
BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1996): <strong>Die</strong> Brutvögel Mitteleuropas - Bestand und<br />
Gefährdung.Wiesbaden.<br />
BÜRGER, P., J. PYKAL & J. HORA (1997): Der Wachtelkönig Crex crex in der<br />
Tschechischen Republik. Vogelwelt 118: 209 - 213.<br />
BÜRGER, P., J. PYKAL & J. HORA (1998): Distribution, numbers and ringing results of<br />
Corncrake (Crex crex) in the Czech Republic in the period 1993 - 1997. Sylvia 34: 73<br />
- 84<br />
BÜRGER, P. & J. PYKAL (2000): Report on activities of the Corncrake Research Group in<br />
theperiod 1998 - 1999. Zprävy CSO 50: 13 - 16<br />
GAEDECKE:, N. (1999): Bestandserfassung des Wachtelkönigs (Crex crex) 1999 im<br />
Nordteil Braunschweigs und Schutzkonzept für ausgewählte Gebiete. Milvus 18: 23-<br />
46<br />
LANDESBUND FÜR VOGELSCHUTZ IN BAYERN (Hrg. 1999): Der Wachtelkönig.<br />
Biologie, Gefährdung und Schutz. Hilpoltstein.<br />
SCHÄFFER, N. (1994): Der Wachtelkönig - eine weltweit in ihrem Bestand bedrohte<br />
Vogelart.Ber. Vogelschutz 32: 97 - 102.<br />
SCHIMKAT, J. (2000): Schutzbemühungen für den Wachtelkönig (Crex crex) im Dredner<br />
Ostragehege. Mitt. Ver. Sächs. Ornithol. 8: 475-485<br />
UHL, H. (1999a): Bestandsentwicklung Wiesenbrütender Vogelarten in Oberösterreich.<br />
Zwischenbericht über die Zählergebnisse 1994, 1996 und 1998. Unveröffentlichtes<br />
Manuskript.<br />
UHL, H. (1999b): Projekte im Rahmen der euregio bayerischer wald / böhmerwald. WWF-<br />
Projekt: GREVOLATO (Grenzüberschreitender Vogelschutz, Landschaft und<br />
Tourismus). Ecourier 2: 1 0<br />
UHL, H. (2000): Wiesenvogelschutz in Oberösterreich - Projekte für ein klangvolles Frühjahr<br />
in unseren Landschaften. ÖKO-L 22: 3 - 18
Entwicklung der Auerhuhnbestände im Bayerischen Wald und<br />
die Chancen sie zu erhalten<br />
<strong>Die</strong> Hauptverbreitungsgebiete der Auerhühner sind die alten, lichten Nadelholzwälder des<br />
Nordens mit einer reichen Bodenvegetation aus Zwergsträuchern, vornehmlich der Heidelbeere.<br />
Wo sich so strukturierte, ausgedehntere, bodensauere Nadelwälder außerhalb dieser<br />
nordischen Verbreitungsgebiete finden, leben seit jeher auch Auerhühner, so auch in den<br />
Hochlagenwäldern des Bayerischen Waldes. Außerhalb dieser natürlichen Lebensräume sind<br />
Sekundärbiotope durch Streunutzung, Waldweide und Birkenbergwirtschaft etc. entstanden,<br />
die lange Zeit ebenfalls besiedelt worden sind.<br />
Foto: Leibl<br />
<strong>Die</strong> Hochlagenwälder des Bayer. Waldes sind schon immer wegen der geringen Zuwächse,<br />
des nicht sehr wertvollen Holzes und der großen Entfernungen zu Bringungseinrichtungen<br />
wie Schlittenbahnen und Triftanlagen nicht intensiver genutzt worden. In der Glashüttenzeit<br />
waren sie das Tätigkeitsfeld der Aschenbrenner, die überwiegend das für die<br />
Verjüngungsstrategie der Hochlagenwälder bedeutsame Totholz verkohlten und damit den<br />
natürlichen Verjüngungszyklus unterbrachen.<br />
Wesentliche Veränderungen im Auerhuhnlebensraum der Hochlagenwälder brachten<br />
1. die beiden großen Windwurfkatastrophen der Jahre 1870 und 1929 und die folgenden<br />
Borkenkäferfraßgänge, die einen Großteil der alten, autochthonen Fichtenbestände vernichteten.<br />
<strong>Die</strong>se Ereignisse bewirkten jedenfalls, dass sich in den Folgejahren die Auerhuhnbestände<br />
fast explosionsartig vermehrten und bis dahin nie gekannte Bestandsdichten<br />
erreichten.<br />
<strong>Die</strong> Kahlflächen wurden aus heutiger Sicht leider viel zu rasch, und viel zu dicht wiederbewaldet,<br />
besonders nach 1929, noch dazu mit nicht angepassten Fichtenherkünften. Und<br />
so sind heute in den Hochlagen auf großer Fläche dichte, monostrukturierte, gleichaltrige<br />
Fichtenbestände nachgewachsen, die 1929er Folgewälder sind noch dazu wegen ihrer falschen<br />
Herkünfte besonders stark <strong>von</strong> den Waldschadensgängen gezeichnet, die wegen ih-
2<br />
rer extremen Schneebruchanfälligkeit über das Stangenholzalter nicht hinaus kommen.<br />
Dadurch sind heute große Bereiche der Hochlagen des Bayer. Waldes nicht mehr auerwildtauglich.<br />
2. die seit Mitte der 50er Jahre mit zunehmender Industrialisierung, zunehmenden Verkehr<br />
und der industrialisierten Landwirtschaft stark angestiegene Schadstoffbelastung und<br />
Düngereinträge, besonders <strong>von</strong> Stickstoffverbindungen.<br />
Betroffen sind <strong>von</strong> solchen Einflüssen besonders die Hoch- und Kammlagen, die Hauptlebensräume<br />
der Auerhühner eben.<br />
<strong>Die</strong> genannten Entwicklungen haben dazu geführt, dass sehr sauere Nebelniederschläge<br />
(und über 1/3 der Hochlagenniederschläge sind Nebelniederschläge) zusammen mit hoher<br />
Ozon- und Photooxydanzienkonzentration zu Bestandsverlichtungen geführt haben, die<br />
wegen der gleichzeitigen N-Einträge aber nicht die Heidelbeere, sondern Habergras,<br />
Drahtschmiele und Farne begünstigt haben. <strong>Die</strong>se Entwicklung der Bodenvegetation ist<br />
wohl eine der Hauptursachen für den dramatischen Rückgang des Auerhuhn in den letzten<br />
Jahrzehnten.<br />
Gleichzeitig sind sämtliche Sekundärbiotope (atmosphärisch gedüngt) zu stammzahlreichen,<br />
finsteren Fichtenbeständen zusammengewachsen und damit als Lebensraumersatzebenfalls<br />
ausgeschieden.<br />
3. auch die vormals weitgehend ruhigen Hoch- und Kammlagen wurden inzwischen <strong>von</strong> den<br />
Besucherströmen und Freizeitsportlern entdeckt, so dass es kaum noch Ruhezonen weder<br />
im Sommer noch im Winter gibt. Der Trend zu weiterem Anstieg des Störfaktors Mensch<br />
im Auerhuhnareal hält weiter an.<br />
Unter solchen Voraussetzungen war es nicht verwunderlich, dass Ende der 80er Jahre des<br />
letzten Jahrhunderts der Bestand an balzenden Hähnen im gesamten Bayerischen Wald auf 15<br />
zusammengeschrumpft war, das Erlöschen dieses bedeutensten bayrischen Vorkommens außerhalb<br />
der Alpen in absehbarer Zeit bevorstand.<br />
Bestandsentwicklung 1972-1985, Nationalpark Bayerischer Wald<br />
Wir haben im Bayer. Wald glücklicherweise zwei profunde international anerkannte Kenner<br />
der Rauhfußhühner, nämlich Dr. Aschenbrenner aus Lohberg und Dr. Scherzinger vom Nationalpark.<br />
Beide haben auf die dramatische Situation der Auerhühner im Bayerischen Wald<br />
hingewiesen und um Unterstützung für die Erhaltung des Auerhuhnes im Bayerischen Wald
3<br />
geworben. Sie haben uns aus der staatliche Forstverwaltung, die die größten Areale der Auerwildbiotope<br />
betreut, überzeugt, dass rasch gehandelt werden muss. Und so ist die Aktionsgemeinschaft<br />
"Schutzgemeinschaft Auerhuhn Bayerischer Wald" entstanden eine Interessengemeinschaft<br />
ohne Vereinsstatus aus privaten und staatlichen Forstverwaltungen, dem Nationalpark<br />
und der Jägerschaft. Deren konkretes Ziel war es die Auerhühner im Bayerischen<br />
Wald über die Zeit zu retten, ihr unmittelbar bevorstehendes Aussterben zu verhindern. Ich<br />
stand der Erfolgsaussicht dieses Vorhabens immer sehr skeptisch gegenüber, habe mich dann<br />
aber überzeugen lassen, dass es nur dann gelingen kann, wenn die staatliche Forstverwaltung,<br />
der die großen Waldteile am Grenzkamm außerhalb des Parks unterstehen dieses Ziel mitve rfolgt.<br />
<strong>Die</strong> Empfehlung der beiden bekannten Kenner dieser Wildtierart war klar und eindeutig: Nur<br />
durch Stützung der Bestände durch Auswilderungen kann das bevorstehende Aussterben verhindert<br />
werden. Dazu bedarf es eines flächendeckenden Netzes an Auswilderungsvolieren und<br />
eine Mindestzahl <strong>von</strong> 100 Jungtieren je Jahr, die im gesamten inneren Bayerischen Wald ausgewildert<br />
werden sollte.<br />
Der Aufwand dazu war nicht unerheblich: Zunächst mussten zu den bereits bestehenden Volieren<br />
3 im Lamer Winkl und im Nationalpark weitere 3 gebaut werden. <strong>Die</strong> Gesamtkosten für<br />
alle Anlagen, ihre Unterhaltung und der Junghühnerankauf wurden für die nächsten 10 Jahre<br />
mit 600 000,- DM veranschlagt. Sie wurden vom Nationalpark, <strong>von</strong> der Staatsforstverwaltung<br />
und vom Landesjagdverband aufgebracht. Es war <strong>von</strong> vorneherein auch klar, dass bei diesem<br />
Aufwand und dem äußerst unsicheren Ausgang dieses Vorhabens keine Mittel für die wünschenswerte<br />
wissenschaftliche Begleitung des Vorhabens (nach Angebot rd. 300 000,- DM)<br />
mehr übrig blieben.<br />
<strong>Die</strong> Auswilderung wurde dann in den Jahren zwischen 1990 und 2000 flächendeckend zwischen<br />
Osser und Dreisessel durchgeführt. In dieser Zeit wurden rd. 1000 Junghühner ausgewildert.<br />
Im Bereich zwischen Mühlriegel und Kleinem Arber wurde ein Auerwildschutzgebiet ausgewiesen.<br />
Inzwischen hatten sich mit den großräumigen Absterbevorgängen der Hochlagenwälder im<br />
Nationalpark und der nesterartig bis kleinflächigen Ausfall in den angrenzenden Staats- und<br />
Großprivatwäldern die Lebensräume entscheidend verändert. Während im Nationalpark mit<br />
dem Gesamtausfall des alten Waldes in den Hochlagen zwischen Rachel und Lusen, dem<br />
Rückgang der Waldameisen als wichtigem Futter der Küken, der Vergrasung und der nachdrängenden<br />
jungen Waldgeneration auf lange Sicht diese Bereiche als Lebensraum für die<br />
Auerhühner fehlen werden, hat sich die Situation mit der markanten Auflichtung der Waldbestände<br />
in den angrenzenden Hochlagenwäldern außerhalb des Parks erkennbar verbessert.<br />
<strong>Die</strong> Nationalparkverwaltung, die schon vor 1990 mit der Auswilderung begonnen hatte, hat<br />
sich wohl aufgrund der genannten Entwicklung entschlossen die Auswilderung einzustellen.<br />
Es war nur folgerichtig, dass danach auch alle anderen Volieren geschlossen werden, zumal<br />
nach unseren Beobachtungen das ursprüngliche Ziel erreicht war. Nach letzter Einschätzung<br />
leben derzeit wieder 100-120 und im benachbarten Böhmerwald etwa 150-160 Auerhühner.<br />
Auch im Nachbarland wird im übrigen in geringem Umfang seit einiger Zeit ausgewildert.<br />
Eine erfreuliche Entwicklung ist, dass wieder häufiger Nachbruten beobachtet werden. <strong>Die</strong><br />
Bestandszahlen sind zwar ermutigend, stellen aber die Untergrenze einer gesicherten Population<br />
dar. Der Fortbestand der Auerhuhnbestände im Bayrisch-Böhmischen Grenzgebirge ist<br />
damit bei weitem nicht gesichert.
4<br />
Auerhuhnnachweise 1994/95, Nationalpark Bayerischer Wald<br />
<strong>Die</strong> einzige Chance zur Erhaltung des Auerhuhns im Grenzgebiet, die ich sehe, ist es die<br />
Waldbestände der Hochlagenwälder wieder in auerhuhntaugliche Lebensräume durch Hiebsmaßnahmen<br />
nach Abklingen der Borkenkäfergradation vor allem in den dichten, monostrukturierten<br />
Folgebestände der Windwurfkatastrophen nach dem Vorbild der alten, autochthonen<br />
Bestände zu entwickeln. Da auch aus waldwirtschaftlicher Sicht zur Stabilisierung<br />
und Sicherung des gefährdeten Hochlagenwaldes solche Hiebsmaßnahmen großräumig geplant<br />
sind, besteht konkrete Aussicht, dass hier erkennbare Verbesserung der Auerhuhnlebensräume<br />
eintreten werden. Auch im Nachbarbereich jenseits der Grenze sollten solche<br />
Maßnahmen angestoßen werden. Zur Eindämmung der winterlichen Modesportarten außerhalb<br />
des bestehenden Loipennetzes wird es notwendig sein weitere Auerwildschutzgebiete<br />
auszuweisen.<br />
Zur Beobachtung der Bestandsentwicklung muss auch das ursprünglich eingeführte Meldesystem<br />
der Beobachtungen wieder intensiviert werden.<br />
<strong>Die</strong> mit großer Skepsis auch <strong>von</strong> uns selbst betrachtete Auswilderungsaktion hat gezeigt, dass<br />
es auf diese Weise möglich ist diese bestandsbedrohte Wildtierart vom Aussterben zu bewahren.<br />
Wenn parallel dazu Schutzgebiete ausgewiesen und die Lebensräume wieder hergestellt<br />
werden, bestehen zumindest Chancen zum längerfristigen Erhalt des Auerhuhnes im Bayer.<br />
Wald. Dadurch aber, dass im Zentralbereich des Grenzkammes auf beiden Seiten der Grenze<br />
weite Areale als Lebensraum ausfallen werden, besteht zu Optimismus allerdings kein Anlass.<br />
<strong>Die</strong> Erhaltung des Auerhuhns im Bayer. Wald sollte trotzdem weiterhin ein Ziel des Artenschutzes<br />
bleiben.<br />
Dazu wäre es nach meiner Ansicht nach einer Phase des intensiven Beobachtens der Entwicklung<br />
und der Lebensraumgestaltung notwendig, ein neues Schutzprojekt auf den Weg zu bringen.<br />
Parallel dazu sollten wissenschaftliche Untersuchungen laufen, die beispielsweise auch<br />
die Umstände analysieren, wie es möglich ist, dass im Vorwald eine ganz kleine Population<br />
ohne Stützungsmaßnahmen überleben konnte.<br />
Wir wissen offenbar immer noch zu wenig über die Lebensraumansprüche unter heutigen<br />
Umweltbedingungen.
5<br />
Der Austausch mit den tschechischen Nachbarn, die durchaus Interesse am Auerhuhnschutz<br />
zeigen, muss intensiviert werden.<br />
Forstdirektor Klarhauser<br />
Forstamt Bodenmais<br />
Marktplatz 11<br />
94249 Bodenmais<br />
Literatur:<br />
Scherzinger W. (1995): "Artenschutzprojekt Auerhuhn im Nationalpark Bayerischen Wald<br />
1985-95"
Birkhuhnschutz im Bayerischen Wald<br />
Beschreibung des Lebensraumes<br />
Das Birkhuhn war im Bayerischen Wald eine typische Kennart der offenen und halboffenen<br />
Kulturlandschaft.<br />
Foto: STMLU<br />
In dieser Landschaft war es ein Bewohner <strong>von</strong> Lebensraumkomplexen die aus Streuwiesen,<br />
mageren Weiden, Feldgehölzen, feuchten Niedermoorsenken und kleinen Übergangs- bzw.<br />
Hochmooren bestanden.<br />
Scherzinger (1976) berichtet noch Anfang der siebziger Jahre <strong>von</strong> einer großflächigen aber<br />
sehr schütteren Besiedlung der bäuerlich geprägten Kulturlandschaft des Bayerischen Waldes.<br />
Wie umfassend und feingliedrig das Lebensraumnetz des Birkhuhn im Bayerischen Wald<br />
gewesen sein mag lässt nachfolgende Abbildung erahnen (aus: Ringler, A. (1987): Gefährdete<br />
Landschaft).<br />
Eingezeichnet sind Mager- und Trockenstandorte. <strong>Die</strong>se vermitteln das Bild eines durchgehenden<br />
und äußerstengmaschigen Biotopverbundsystems.<br />
Annähernd deckungsgleich in dieses Biotopnetz eingebettet waren die Vorkommen des Birkhuhns<br />
Mitte des vergangenen Jahrhunderts.
Bestandsentwicklung<br />
2<br />
<strong>Die</strong>se Situation sieht heute natürlich ganz anders aus. Anfang der siebziger Jahre begannen<br />
großflächig angelegte Flurbereinigungsverfahren und Aufforstungswellen das tradierte<br />
Landschaftsbild des Bayerischen Waldes nachhaltig und für das Birkhuhn nachteilig zu verändern.<br />
Wie massiv diese Landschaftsveränderung war lässt die zweite Abbildung erahnen.<br />
Verlust <strong>von</strong> Mager-, Trocken- und Niedermoorstandorten im Bayerischen Wald aus: Ringler, A (1987):<br />
Gefährdete Landschaft<br />
Das ursprünglich vorhandene Biotopnetz aus Feucht- und Trockenlebensräumen hat nicht nur<br />
Löcher bekommen, es hat sich sogar binnen weniger Jahrzehnte , <strong>von</strong> spärlichen Resten abgesehen,<br />
förmlich in Luft ausgelöst.<br />
Das Birkhuhn hat darauf entsprechend reagiert.
3<br />
Im Altlandkreis Regen bspw. wurden 1970 noch 466 Birkhähne gezählt. 1975, also fünf Jahre<br />
später, waren es noch 176 Hähne. Weitere 5 Jahre darauf, 1980 kamen nur noch 6 Hähne zur<br />
Beobachtung und seit 1985 muss das Birkhuhn im Landkreis Regen als ausgestorben bezeichnet<br />
werden.<br />
Ursachen des Verschwindens<br />
<strong>Die</strong> Ursachen des Aussterbens sind bekannt.<br />
− Es war nicht die Bejagung des Birkwilds, die bis 1972 ausgeübt wurde.<br />
− Es waren auch nicht die Fressfeinde, die dem Birkhuhn zu schaffen machten.<br />
− Es war ohne Zweifel die Veränderung der Landschaft, insbesondere der offenen Kulturlandschaft,<br />
die das Aussterben des Birkhuhns verursacht hatte.<br />
Macht ein Artenschutzprojekt „Birkhuhn“ Sinn?<br />
Macht heute ein Artenschutzprojekt „Birkhuhn" überhaupt Sinn? Ja und nein!<br />
Nein, wenn es nur darum gehen sollte, potentielle Prädatoren zu eliminieren.<br />
Nein, wenn es nur darum gehen sollte, mit großem öffentlichem Schaueffekt gezüchtete Birkhühner<br />
in eine für sie nicht mehr geeignete Umwelt freizusetzen.<br />
Ja, wenn es noch das eine oder andere kleine Restvorkommen geben sollte, das man durch<br />
geeignete Maßnahmen stabilisieren, vielleicht sogar weiterentwickeln kann.<br />
Ein derartiges Restvorkommen findet sich im Gemeindegebiet Haidmühle entlang der bayerisch-tschechischen<br />
Grenze.<br />
<strong>Die</strong>ses Vorkommen ist Teil einer noch größeren Birkhuhnpopulation auf tschechischer Seite.<br />
Erforderliche Lebensraumgestaltung<br />
Ziel des sich derzeit gewissermaßen in statu nascendi befindlichen Birkhuhnprojektes ist es,<br />
Lebensraumknotenpunkte entlang der Grenze durch geeignete Maßnahmen zu festigen bzw.<br />
diese birkhuhngerecht zu entwickeln.<br />
Im Einzelnen werden in ausgewählten Landschaftsteilen in der nächsten Zeit folgende Maßnahmen<br />
umgesetzt:<br />
− Beseitigung <strong>von</strong> Fichtenaufforstungen sofern sie isolierend wirken<br />
− Auflichtung <strong>von</strong> Aufforstungen und Förderung <strong>von</strong> für das Birkhuhn nutzbaren Laubgehölzen,<br />
− Beseitigung <strong>von</strong> Entwässerungseinrichtungen und Förderung der Moorentwicklung<br />
− Ankauf landwirtschaftlich genutzter Grundstücke zum Zwecke der Extensivierung und<br />
Lebensraumgestaltung.
4<br />
Erfreulich ist die breite Unterstützung und Zustimmung, die dieses Artenschutzvorhaben erfährt.<br />
Eine Allianz bestehend aus Naturschutzverbänden, Jägern, Naturschutz- und Forstbehörden<br />
steht zu dem Vorhaben und wirkt aktiv am Projekt mit.<br />
Anlässlich einer ersten gemeinsamen Besprechung wurden bereits erste Umsetzungsmaßnahmen<br />
festgelegt und über das weitere Fortgehen Einigkeit erzielt.<br />
Allen am Birkhuhnschutzprojekt beteiligten ist dabei klar, dass das niederbayerischen Restvorkommen<br />
<strong>von</strong> der Entwicklung der Birkhuhnbestände auf tschechischem Gebiet abhängig<br />
ist.<br />
Entscheidend für den Erfolg unseres Birkhuhnprojektes wird sein, wie sich das Schutzmanagement<br />
des Birkhuhns im Nationalpark Sumava gestaltet. Hier müssen wir mit unseren tschechischen<br />
Nachbarn intensive Kontakte pflegen und zu gemeinsamen getragenen Zielen kommen.<br />
Dr. Franz Leibl<br />
<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong><br />
Sachgebiet 830<br />
<strong>Regierung</strong>splatz 540<br />
84028 Landshut<br />
Literatur:<br />
Ringler, A. (1987): Gefährdete Landschaft. Lebensräume auf der Roten Liste; eine Dokumentation<br />
in Bildvergleichen. BLV Verlagsgesellschaft, München.<br />
Scherzinger, W. (1976): Rauhfuß-Hühner. Nationalpark Bayerischer Wald, Heft 2. Schriftenreihe<br />
des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Verbreitung<br />
Flussperlmuschel<br />
<strong>Die</strong> Flussperlmuschel ( Margaritifera margaritifera ) ist in der holoarktischen Zone verbreitet.<br />
Sie ist eine Leitart für kalkarme, kühle, nährstoffarme und sauerstoffreiche Gewässer.<br />
In der BRD gibt es noch 69 Vorkommen mit max. 144.000 Individuen, 62 Vorkommen mit<br />
max. 140.000 Individuen liegen in Bayern.<br />
In <strong>Niederbayern</strong> ist die Zahl der noch perlhaltigen Bäche mit ca.40 am größten. Das beste<br />
Einzelvorkommen ist in der Kleinen Ohe z. Gaißa mit ca. 12.000 Muscheln.<br />
Autökologie<br />
<strong>Die</strong> Flussperlmuschel ist eine 60 Mio. Jahre alte Art. Ihr maximales Lebensalter in Mitteleuropa<br />
beträgt 110 Jahre.<br />
Sie besiedelt kühle, nährstoffarme, sauerstoffreiche Gewässer mit Calcium und Magnesium<br />
im Mangel. Sie kann Bäche, Flüsse und Ströme ( z.B. die Wolga ) besiedeln. Heutzutage<br />
kommt sie als Reinwasserart in der BRD fast nur noch in der Forellenregion der Mittelgebirgsbäche<br />
vor. Sie lebt als Filtrierer <strong>von</strong> organischem Feinmaterial und Detritus.<br />
<strong>Die</strong> Ansprüche an die Gewässerqualität und Sedimentstruktur sind hoch.<br />
<strong>Die</strong> Flussperlmuschel hat einen dreiphasigen Lebenszyklus: die adulte Phase als erwachsene<br />
Muschel auf der Gewässersohle, die parasitäre Phase als Glochidium an den Kiemen <strong>von</strong><br />
Wirtsfischen und eine Jugendphase im Lückenraum der Gewässersohle, dem sog. Interstitial.<br />
<strong>Die</strong> Jungmuscheln bleiben mindestens 5 Jahre im Sediment; mit ca. 15 Jahren werden sie<br />
geschlechtsreif.<br />
Eine gute Trächtikeitsrate einer Population liegt bei 30%, in ausgedünnten Populationen<br />
kommt es zur Zwitterbildung ( Sicherstellung der Fortpflanzung).<br />
Ein weibliches Tier produziert 4,2 Mio. Larven, ca. 20 Larven schaffen es einen Fisch zu<br />
infizieren.<br />
<strong>Die</strong> Mortalität der Jungmuscheln beträgt ca. 95 %<br />
1
Gefährdung<br />
<strong>Die</strong> Flussperlmuschel ist weltweit im gesamten Verbreitungsgebiet gefährdet. Sie wird<br />
sowohl in der Berner Konvention als auch in der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie genannt.<br />
Ein gutes Überleben bieten vom Menschen wenig beeinflusste Naturlandschaften oder<br />
extensive Kulturlandschaften.<br />
Kulturlandschaften müssen eine ausgewogene Nährstoffbilanz im Einzugsgebiet des<br />
Gewässers aufweisen ( eher negativ ).<br />
Verschlammung und Sedimenteintrag gelten als Hauptgefährdungsfaktor für die<br />
Flussperlmuschel.<br />
Mit diesen Ansprüchen an ihren Lebensraum findet die Flussperlmuschel in mitteleuropäischen<br />
Kulturlandschaften nicht die besten Lebensbedingungen vor.<br />
Der Rückgang ist dramatisch, die Überalterung der meisten Bestände schreitet fort ( auch in<br />
<strong>Niederbayern</strong> ).<br />
Ursachen der Gefährdung:<br />
• Eutrophierung der Gewässer, d.h. Erhöhung der Primärproduktion im Gewässer durch<br />
erhöhte Nährstoffzufuhr aus Landwirtschaft, Teichwirtschaft und kommunalen und<br />
gewerblichen Abwässern. Folge ist u.a. eine Verschlammung der Gewässersohle,<br />
Abbaustellen und Straßenbaumaßnahmen tragen ebenso dazu bei<br />
• Gestörte Gewässerstruktur: Sohlverbauungen, Mühlenbetrieb, Sedimentverschiebung,<br />
kein Ufergehölz, Erosion durch die Bisamratte<br />
• Perlräuberei und Fraß<br />
Das Artenhilfsprogramm Flussperlmuschel<br />
Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, als der Rückgang der Flussperlmuschel deutlich<br />
sichtbar wurde, begannen erste systematische Bestandserfassungen der Art. Es wurde<br />
offenkundig, dass die bayerischen Populationen überaltert waren, Jungmuscheln überwiegend<br />
fehlten und die Sterblichkeit der adulten Muscheln sehr hoch war.<br />
1987 zählte man in Bayern noch 89 Vorkommen, 8 da<strong>von</strong> mit Jungmuscheln (
Alle 1991 bekannten Bestände wurden erfasst in Hinblick auf Bestandsgröße, besiedeltem<br />
Bereich, verschiedene Populationsparameter wie Alter der Tiere, Mortalität und Trächtigkeit,<br />
Gewässerchemie und Gefährdungsfaktoren.<br />
Für 9 dieser Bestände in <strong>Niederbayern</strong> liegen fast lückenlose Daten vor. Darunter sind neben<br />
den größten Populationen auch Bäche mit der besten Gewässerchemie vertreten An 7 dieser<br />
Bäche werden Schutzkonzepte umgesetzt.<br />
Umsetzung des AHP Flussperlmuschel in <strong>Niederbayern</strong><br />
<strong>Die</strong> Umsetzung des Artenhilfsprogramms startete 1991/1992 im Rahmen der 5b-Förderung<br />
<strong>Die</strong> Trägerschaft für die Projekte lag bei einzelnen Kommunen und Landkreisen, ein Projekt<br />
wird seit 1999 <strong>von</strong> einem Naturschutzverband durchgeführt.<br />
<strong>Die</strong> Projekte werden jeweils <strong>von</strong> einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe unterstützt; feste<br />
Mitglieder sind das Sachgebiet 830, das Landesamt für Umweltschutz, das jeweilige<br />
Wasserwirtschaftsamt und Landratsamt und der Naturpark Bayerischer Wald e. V. im<br />
Naturparkgebiet. Bei Bedarf werden andere zuständige Verwaltungen wie Landwirtschaft und<br />
Forst zugezogen.<br />
In unregelmäßigen Abständen findet ein niederbayerischer Erfahrungsaustausch statt, bei dem<br />
zusätzlich das Sachgebiet 850 und die Bezirksfachberatung für Fischerei teilnehmen.<br />
Beginn der Umsetzung mit der Erstellung <strong>von</strong> Schutzkonzepten ( Wolfertsrieder Bach<br />
Kößnach, Kl.Ohe z. Gaißa, Schöllnacher Ohe/ Säcklmühlgraben, Staffelbach, Ginghartinger<br />
Bach ).<br />
Umsetzungsmaßnahmen:<br />
- Abwasserreinigung, Messung Gewässerchemie ( WWA Deggendorf und Passau )<br />
- Berechnung Nährstofffrachten im Einzugsgebiet ( WWA Passau )<br />
- Wasserbauliche Maßnahmen: Bau Auffanggräben<br />
- Quellenrenaturierungen Extensivierung des Quellenumgriffes<br />
- Schutz vor Sedimenteintrag: Bau <strong>von</strong> Absetzbecken zur Regenrückhaltung <strong>von</strong><br />
Straßenabwässern, Weiherentlandungen<br />
- Sanierung Mühlgraben, Sanierung starker Uferabbrüche<br />
- Extensivierung Fischteiche ( bisher mit mäßigem Erfolg ), Merkblatt sachgerechte<br />
Teichbewirtschaftung <strong>von</strong> Fachberatung für Fischerei des Bezirks<br />
- Entfernung nicht standortgerechter Bestockung mit Fichten; Bepflanzung mit Erlen<br />
- Extensive Nutzung im Einzugsgebiet des Gewässers: Ankauf und Extensivierung <strong>von</strong><br />
Uferstreifen<br />
- Verträge nach VNP und KULAP, Pflegemaßnahmen, Auffangbecken für Drainagen<br />
3
- Bisamfang<br />
- Künstliche Reproduktion: Besatz mit infizierten Bachforellen<br />
- Elektrobefischungen zur Prüfung des Wirtsfischangebots<br />
- Aufzucht <strong>von</strong> Jungmuscheln: Zusammenarbeit mit J. Hruska in der Tschechischen<br />
Republik ab 1998; Erhalt der Jungmuscheln in 2001 ( erfolgreiche Zusammenarbeit ).<br />
Ausbringen der Jungmuscheln in ihren Ursprungsgewässer in dafür angelegten<br />
Aufzuchtgräben; Monitoring der Jungmuscheln ( Ranna und Kößnach )<br />
- Öffentlichkeitsarbeit: drei Faltblätter ( Landkreis. Regen, Gemeinde Hauzenberg und<br />
Gemeinde Sonnen )<br />
Bilanz<br />
Nach 8 Jahren Umsetzung in <strong>Niederbayern</strong> haben wir 2 relativ stabile Populationen und 2<br />
Populationen mit Jungmuscheln. Alle anderen Vorkommen sind rückläufig.<br />
<strong>Die</strong> größten Probleme bei der Umsetzung liegen in der Extensivierung der landwirtschaftlichen<br />
Nutzung im Einzugsgebiet der Flussperlmuschelgewässer.<br />
Bisher ist es nur an einem Gewässer in der BRD gelungen, eine Population wieder zu beleben,<br />
d.h. natürliche Nachkommenschaft zu erzielen.<br />
An diesem Gewässer war die Gewässerchemie in Ordnung, ein großes Problem war die Versandung<br />
bzw. Verschlammung.<br />
Seit gut 20 Jahren wird an dem Gewässer und seinem Einzugsgebiet intensiv und mit großem<br />
finanziellen Aufwand gearbeitet:<br />
Ankauf <strong>von</strong> Fischteichen, Entsorgung <strong>von</strong> Einleitungen aus der Landwirtschaft über Sandfänge<br />
und Pflanzenbeete, Infektionsmaßnahmen u.a..<br />
Unser Ziel ist es, mittelfristig die Überlebensrate der erwachsenen Perlmuscheln erheblich zu<br />
verbessern und Populationen mit stabiler Jungmuschelproduktion aufzubauen.<br />
Dazu müssen wir unsere Strategien überdenken und die erfolgversprechendsten Populationen<br />
und Gewässer auswählen. Derzeit erstellen wir zusammen mit Sachgebiet 850 Steckbriefe für<br />
unsere Flussperlmuschelgewässer.<br />
Eine Zusammenarbeit mit Oberösterreich zum Thema Sedimenteintrag und Verschlammung<br />
ist geplant.<br />
<strong>Die</strong> Umsetzungsarbeit ist mit einem hohen Aufwand auch finanziell verbunden und es ist<br />
unwahrscheinlich, dass alle Populationen gerettet werden können.<br />
Dipl.-Biologin M. Schupfner<br />
<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong><br />
Sachgebiet 830<br />
<strong>Regierung</strong>splatz 540<br />
84028 Landshut<br />
4
Höchst gefährdete Pflanzenarten im Bayerischen Wald<br />
1) Farn- und Blütenpflanzen:<br />
(niederbayerischer Anteil)<br />
<strong>Die</strong> fast fertige Übersicht der Farn- und Blütenpflanzen <strong>Niederbayern</strong>s, ihrer Gefährdung und<br />
Schutzbedürftigkeit enthält nicht nur die üblichen Gefährdungsgrade, sie leistet auch eine Zusammenschau<br />
regionaler wie überregionaler Artenschutzaspekte, die sich in „Schutzerfordernisgraden“<br />
ausdrücken. <strong>Die</strong>se geben die Schutzprioritäten klar vor.<br />
Nach dieser „Roten Liste <strong>Niederbayern</strong>“ sind auch im Bayerischen Wald viele Arten höchster<br />
Schutzpriorität (Schutzerfordernisgrade
2<br />
Carex chordorrhiza^ 2* I* Strickwurzel-Segge Ldkr. REG u. SR-BOG<br />
Asplenium adiantum-nigrum 2* I Schwarzer Streifenfarn Donauleiten, Graflinger Tal<br />
°Carex hartmanii 2* I Hartmans Segge Ldkr. PA (Ldkr. SR �)<br />
Carex michelii 1 I Michelis Segge Donauleiten<br />
Crocus vernus ssp. albiflorus* 2* I Weißer Krokus § Stadt Passau<br />
°Hieracium macranthelum 2* I Großblütiges Habichtskraut Ldkr. DEG u. REG<br />
Lepidium latifolium*° 1* I Breitblättrige Kresse Ruine Hilgartsberg<br />
Lycopodiella inundata^ 2 I Sumpfbärlapp § Ldkr. FRG u. REG<br />
Montia fontana 2 II (Bach-)Quellkraut alle Landkreise<br />
°Montia fontana ssp. amporitana 1 I Mittleres Quellkraut<br />
°Montia fontana<br />
ssp. chondrosperma<br />
1 I Acker-Quellkraut<br />
aktuelle Verbreitung unklar<br />
°Montia fontana ssp. fontana 1? I Glanzsamiges Quellkraut bisher kaum unterschieden<br />
°Montia fontana ssp. variabilis 2 II Veränderliches Quellkraut<br />
°Ranunculus rhombilobus 2? I Rhombuslappiger Gold-<br />
Ldkr. REG<br />
Hahnenfuß<br />
Scutellaria minor 2 I Kleines Helmkraut nördlich Regen<br />
Sedum telephium ssp. fabaria 2* I Berg-Fetthenne Ldkr. DEG u. REG<br />
Bömischer Enzian Foto: Poost
3<br />
<strong>Die</strong> unteren Naturschutzbehörden sind mit den diffizilen Aufgaben des Pflanzenartenschutzes in<br />
der Regel personell und oft auch fachlich überfordert. <strong>Die</strong> <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong> lässt<br />
daher im ganzen <strong>Regierung</strong>sbezirk die Bestände besonders schutzbedürftiger Arten beobachten<br />
(Monitoring) und betreuen. <strong>Die</strong> auf der Grundlage <strong>von</strong> Werkverträgen tätigen Betreuer sorgen<br />
auch für die oft notwendigen Artenhilfsmaßnahmen. Im Falle des subendemischen (nur im östlichen<br />
Bayerischen Wald und angrenzenden Gebieten in Oberösterreich und Tschechien vorkommenden)<br />
Böhmischen Enzians hat das LfU die Gesamtkoordination und ist Auftraggeber für das<br />
Monitoring, während für die Umsetzung der Erhaltungsmaßnahmen wiederum die <strong>Regierung</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong> Werkverträge abschließt. – Nachstehend ein Überblick der Pflanzenarten, die<br />
aktuell im Auftrag der <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong> (Reg.Nb) oder unter ihrer Mitwirkung betreut<br />
werden:<br />
Pedicularis sceptrum-carolinum^ Karlszepter<br />
Reg.Nb.<br />
Euphorbia villosa Zottige Wolfsmilch St. PA/Reg. Nb<br />
°Gentianella bohemica Böhmischer Enzian LfU<br />
Potamogeton polygonifolius Knöterich-Laichkraut Reg.Nb.<br />
Carex chordorrhiza^ Strickwurzel-Segge Reg.Nb.<br />
Botrychium matricariifolium Ästige Mondraute Reg.Nb/Nationalp.<br />
Botrychium multifidum Vielteilige Mondraute Reg.Nb/Nationalp.<br />
Crocus vernus ssp. albiflor.* Weißer Krokus Stadt Passau<br />
Diphasiastrum issleri Isslers Flachbärlapp Reg.Nb/Nationalp.<br />
Diphasiastrum oellgardii Oellgaards Flachbärlapp Reg.Nb/Nationalp.<br />
Pseudorchis albida^ Weißzüngel Reg.Nb.<br />
Lycopodiella inundata^ Sumpfbärlapp Reg.Nb.<br />
Dactylorhiza sambucina Holunder-Knabenkraut Reg.Nb./Landkreise<br />
Trifolium spadiceum Moorklee Reg.Nb.<br />
Hierzu kommen folgende auch außerhalb des Bayerischen Waldes wachsendem und auch dort<br />
betreuten Arten:<br />
Arnoseris minima Lämmersalat Reg.Nb.<br />
Chondrilla juncea Binsen-Knorpellattich Reg.Nb.<br />
Pedicularis palustris Sumpf-Läusekraut Reg.Nb.<br />
Gegenstände des Monitorings sind außerdem:<br />
Cardamine resedifolia^ Resedablättriges Schaumkraut Reg.Nb.<br />
Polystichum braunii Brauns Schildfarn Nationalp./Reg.Nb<br />
Rhodiola rosea^ Rosenwurz Reg.Nb.<br />
Coeloglossum viride^ Grüne Hohlzunge Reg.Nb.<br />
2) „Niedere“ Pflanzen:<br />
Während bei den „höheren“ Pflanzen zusätzlich zur Entwicklung des Lebensraumes vielfach<br />
auch unmittelbar artbezogene Hilfsmaßnahmen bis hin zur Auspflanzen <strong>von</strong> Nachzucht aus<br />
örtlichen Beständen angebracht und möglich sind (Beispiel Zottige Wolfsmilch, Stadt Passau),<br />
beschränken sich die Unterstützungsmaßnahmen für höchst schutzbedürftige Moose,<br />
Pilze und Flechten meist auf ein bestimmtes Lebensraum-Management und das Bereitstellen<br />
geeigneter Wuchsorte (Habitate). <strong>Die</strong> Sicherung der Moosflora erfordert die Wiederherstellung<br />
und ggf. Pflege der ganzen Bandbreite naturnaher oder durch extensive Nutzungen geprägter<br />
Lebensraumtypen einschließlich offener Hoch-, Übergangs- und Quellmoore, der Ma-
4<br />
gerrasen und <strong>von</strong> (halbanthropogenen) lichten Kiefernwäldern. Bei den Pilzen ist es entsprechend,<br />
außerdem sind Naturwaldbestände mit Altholz und starkem Totholz sowie „Birkenberge“<br />
bzw. auch älter werdende Birken-Aspen-Vorwälder unverzichtbar. Besonders wichtig<br />
für die besonders schutzbedürftigen Flechtenarten sind Altbaumbestände aller Arten in unterschiedlicher<br />
Höhenlage, besonnte Felsen sowie Zwergstrauchheiden und lichte Kiefernwälder.<br />
3) Projekte<br />
Wenn auch die höchst schutzbedürftigen Arten in der Regel so selten und hinsichtlich ihrer Lebensraumansprüche<br />
oft so aufgefallen sind, dass hier auch langfristig an der Einzelbetreuung<br />
durch Experten kein Weg vorbei führt, so sind doch zahlreiche Projekte denkbar, die mit örtlichen<br />
Institutionen und Pflanzenliebhabern schutzbedürftige Arten bedienen. <strong>Die</strong> folgenden beiden<br />
Tabellen sollen hierzu anregen:<br />
Höchst schutzbedürftige Arten (Fettdruck):<br />
Taxon<br />
Gefährdungsgrad <br />
Schutzbedürftigkeitsgrad<br />
Pflanzenname<br />
°Gentianella bohemica 2*
5<br />
Daneben bieten sich Projekte an, die bestimmte, für den Pflanzenartenschutz besonders wichtige<br />
Lebensraumtypen zum Gegenstand haben, so ein<br />
- Projekt „Birkenberg“ (Birkenbestände als Dauerbestockungen, Birken-Aspen-Vorwälder)<br />
- Projekt Föhrenwald und ein<br />
- Projekt Zwergstrauchheide<br />
<strong>Die</strong> <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong> ist gerne bereit, solche Projekte zu unterstützen.<br />
Dr. W. Zahlheimer<br />
<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong><br />
Sachgebiet 830<br />
<strong>Regierung</strong>splatz 540<br />
84028 Landshut
Einleitung:<br />
Das Holunderknabenkraut<br />
Das Holunderknabenkraut (botanisch Dactylorhiza sambucina), welches den Namen <strong>von</strong> seinem<br />
holunderartigen Blütenduft erhielt, zählt zu den attraktivsten europäischen Orchideenarten.<br />
Eine Besonderheit ist sein Erscheinen in zwei Farbvarianten (rot und gelb), weshalb es im<br />
Volksmund auch als Adam und Eva bezeichnet wird.<br />
Nachfolgend werden die Maßnahmen zum Schutz des Holunderknabenkrautes weitgehend<br />
beschränkt auf die Wuchsorte am Brotjacklriegel dargestellt.<br />
Das Untersuchungsgebiet:<br />
Abbildung 1: Holunderknabenkraut Foto:Obermeier<br />
Der Brotjacklriegel liegt im südlichen Teil des Naturraumes "Vorderer Bayer. Wald". Es besteht<br />
aus vier Schwerpunktgebieten (Rodungsinseln), <strong>von</strong> denen drei in der Gemeinde Grattersdorf<br />
im Landkreis Deggendorf liegen und einer in Zenting, Landkreis Freyung-Grafenau.<br />
Das feuchtkühle Großklima des Brotjacklriegels ist für das wärmeliebende Holunderknabenkraut<br />
eher ungünstig, so dass es hier auf kleinklimatisch günstige Standorte und skelettreiche,<br />
sich schnell aufheizende Böden beschränkt ist. Den geologischen Untergrund bilden Perlgneise,<br />
die zu basenreichen sauren Braunerden verwittert sind.
Grundlagen:<br />
2<br />
Erste Aktionen gehen zurück in das Jahr 1985, als zwei Studenten am Brotjacklriegel im<br />
Rahmen ihrer Diplomarbeit über "Sukzessionsanalysen im Bayer. Wald" einen neuen, überregional<br />
bedeutsamen Wuchsort dieser bayernweit und bundesweit stark bedrohten Art (Rote<br />
Liste 2) entdeckten.<br />
<strong>Die</strong> Bearbeiter, Ernst Obermeier und Helge Walentowski, haben damals umgehend mit der<br />
Unteren Naturschutzbehörde Kontakt aufgenommen und gemeinsam mit dem Arbeitskreisheimischer<br />
Orchideen fachliche Vorgaben für Bewirtschaftungsvereinbarungen erarbeitet<br />
bzw. diese auch vermittelt. Mit einem Teil der betroffenen Grundstückseigentümer konnten<br />
1986 und 1987 erste Bewirtschaftungsvereinbarungen getroffen werden. <strong>Die</strong>se wurden dem<br />
Landkreis Deggendorf aus Naturparkmitteln gefördert. Inhaltliche Schwerpunkte der Vereinbarungen<br />
waren ein später Schnittzeitpunkt sowie der Verzicht auf Düngung, Beweidung und<br />
Entwässerung. So könnten damals insbesondere anstehende Aufforstungen verhindert werden.<br />
Weitere Sofortmaßnahmen sollten die Beseitigung <strong>von</strong> Schwarzaufforstungen sein, was jedoch<br />
nur einem Fall erfolgreich war.<br />
Schutz-, Pflege- und Entwicklungskonzept für das Holunderknabenkraut:<br />
Bewirtschaftungs- bzw. Pflegemaßnahmen im Bereich der einzelnen Wuchsorte konnten nur<br />
einen ersten Schritt in Sachen langfristiger Sicherung für das Holunderknabenkraut bedeuten,<br />
zumal Gefährdungen auch <strong>von</strong> angrenzenden Nutzungen ausgehen (Beispiel Verhinderung<br />
des Kaltluftabflusses durch angrenzende Aufforstungen kann zum Absterben der äußerst spätfrostempfindlichen<br />
Orchidee führen).<br />
Aus diesem Grunde hat die <strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong> 1987 einen Werkvertrag für ein<br />
Schutz-, Pflege- und Entwicklungskonzept vergeben, welches - erweitert um biologische<br />
Grundlagen - 1991 vorgelegt wurde. Auftragnehmer war das Büro FNL - unter diesem Namen<br />
hatten sich die Herren Obermeier und Walentowski zwischenzeitlich selbständig gemacht.<br />
Das Holunderknabenkraut kommt am Brotjacklriegel vor allem in montanen Frauenmantel-<br />
Glatthaferwiesen und Borstgrasrasen in Höhenlagen <strong>von</strong> 550 bis 910 m vor. Außerdem<br />
wächst es in brachliegenden und/oder ehemals ackergenutzten Vegetationsstadien. Der Bestandsumfang<br />
betrug damals 800 bis 1000 blühende Exemplare. <strong>Die</strong> Gesamtzahl wurde auf<br />
2500 bis 3000 Individuen geschätzt. Damit wurde der Brotjacklriegel lt. Obermeier/Walentowski<br />
als das individuenreichste Wuchsgebiet Bayerns evtl. sogar der Bundesrepublik<br />
bewertet.<br />
Neben detaillierten Bewirtschaftungs- und Pflegevorgaben fordert PEPI auch die Wiederherstellung<br />
eines Populationsverbundes.<br />
Umsetzung des Landschaftsplanes:<br />
Im Jahr 1992 beschloss die Gemeinde Grattersdorf die Umsetzung ihres Landschaftsplanes.<br />
Der Brotjacklriegel stellte dabei ein Schwerpunktgebiet dar. Mit der Beratung der Landwirte<br />
war das Kulturlandbüro Wirthensohn beauftragt.
3<br />
Abbildung 2: Umsetzung Pflege- und Entwicklungsplan<br />
Artenhilfsprogramm für stark bedrohte Pflanzenarten:<br />
Im Jahre 1994 wurde das Holunderknabenkraut neu in das Artenhilfsprogramm des Landesamtes<br />
für Umweltschutz aufgenommen. Im Rahmen dieses Programmes wurde Herr<br />
Scheuerer als örtlicher Gebietsbetreuer für die Planung und Vorbereitung <strong>von</strong> Pflege- und<br />
Schutzmaßnahmen sowie für die fachliche Begleitung der Durchführung beauftragt. <strong>Die</strong>ser<br />
folgte in enger Abstimmung mit dem Kulturlandbüro, wobei Herr Scheuerer die Betreuung<br />
der aktuellen Wuchsorte übernahm und das Kulturlandbüro die Beratung der Bewirtschafter<br />
der übrigen Flächen im Hinblick auf mögliche Förderprogramme. Schwerpunkt <strong>von</strong> Herrn<br />
Scheuerer waren Bestandskontrollen der einzelnen Wuchsorte und die Organisation <strong>von</strong> Erstpflegemaßnahmen.<br />
Leider konnten zunächst keine Landwirte für die erforderlichen Pflegearbeiten<br />
gewonnen werden. So wurden die ersten Arbeiten, insbesondere auch Entbuschungen,<br />
<strong>von</strong> Herrn Scheuerer und einem "Pflegetrupp" aus Regensburg selbstdurchgeführt. Auch der<br />
Bund Naturschutz beteiligte sich damals an den Arbeiten. <strong>Die</strong>ser regte natürlich vor Ort positive<br />
Aufmerksamkeit, so dass ab 1996 ein aus Neufang stammender Landwirt weitere Pflegemaßnahmen<br />
übernahm. Zugleich konnte im Rahmen der Umsetzung des Landschaftsplanes<br />
ein Pflegetrupp <strong>von</strong> Landwirten gefunden werden, welcher seither die Pflegemaßnahmen im<br />
Auftrag des Landkreises durchführt.<br />
Beweidungsprojekt:<br />
Im Jahre 1996 begann im Landkreis Deggendorf ein Pilotprojekt zur Beweidung <strong>von</strong> Feuchtflächen<br />
mit Galloways. Da es sich bei einem Teilbereich der Liebmannsberger Flächen auch<br />
um Feuchtflächen handelt und weil eine Bewirtschaftung der Fläche nicht mehr gesichert war,<br />
konnte die Grundstückseigentümerin gewonnen werden, ihre Flächen - also auch die Extensiv-<br />
und Magerwiesenbereiche mit dem Holunderknabenkrautvorkommen - in das Beweidungsprojekt<br />
mit einzubeziehen. Um evtl. Unterschiede zwischen Mahd und Beweidung herauszufinden,<br />
wurden zu den beweideten Dauerbeobachtungsflächen auch gemähte Referenzflächen<br />
eingerichtet.
Aktueller Stand:<br />
4<br />
<strong>Die</strong> eingeleiteten Pflege- und Bewirtschaftungsmaßnahmen laufen seither mit geringfügigen<br />
Änderungen weiter. Zunächst sah es so aus, als ob die Erhaltung der gegenwärtigen Wuchsorte<br />
gesichert ist. 1999 wurde der Bereich des Brotjacklriegels deshalb aus dem Artenhilfsprogramm<br />
des Landesamtes für Umweltschutz herausgenommen.<br />
Erfolgskontrolle und Ergebnisse:<br />
Schaut man sich Zählungen vom Büro FNL, <strong>von</strong> Herrn Scheuerer und <strong>von</strong> Herrn Dr. Dachs,<br />
einem örtlichen Spezialisten, an, so ist das Ergebnis für das Holunderknabenkraut ernüchternd.<br />
<strong>Die</strong> Diagramme dokumentieren einen rapiden Rückgang des Gesamtbestandes und das<br />
Erlöschen <strong>von</strong> mehreren Wuchsorten.<br />
Abbildung 3: Bestandsentwicklung
Ein Blick auf andere Wuchsorte im Landkreis gibt jedoch Grund zur Hoffnung.<br />
5<br />
1. Beispiel Frohnreuth zwischen Deggendorf und Ruselabsatz 760 m NN. <strong>Die</strong> Fläche wird<br />
über das Vertragsnaturschutzprogramm gefördert, Schnittzeitpunkt 1.7.:<br />
Hier zeigt sich eine positive bis stabile Entwicklung.<br />
2. Beispiel Ringelswies zwischen Deggendorf und Ruselabsatz, 650 m NN. <strong>Die</strong> Fläche wird<br />
einmal im August gemäht. Eine vertragliche Vereinbarung nach den Naturschutzprogrammen<br />
besteht nicht.<br />
Hier weist das Holunderknabenkraut zumindest einen stabilen Bestand auf.<br />
Ursachenforschung und Fazit:<br />
Was also ist falsch gelaufen im überregional bis national bedeutsamen Holunderknabenkrautvorkommen<br />
im Bereich des Brotjacklriegels?
6<br />
- Defizite bestehen sicher in der Umsetzung des Pflegeplanes, weil die Untere Naturschutzbehörde<br />
zeitlich nicht in der Lage ist, entsprechende Maßnahmen zu organisieren.<br />
- Probleme machen auch die Besitzverhältnisse. Ein Großteil der Flächen am Neufang<br />
gehört auswärtigen Besitzern und wird für Wochenendzwecke genutzt. Weitere Flächen<br />
gehören zwar noch Ortsansässigen, können aufgrund ihres Alters bereits jetzt oder<br />
aber in absehbarer Zeit nicht mehr bewirtschaftet werden.<br />
- Letztendlich müssen wohl auch die derzeit laufenden Bewirtschaftungs- bzw. Pflegemaßnahmen<br />
nochmals hinterfragt werden.<br />
Dipl. Ing.(FH) Ingrid Jandl<br />
Landratsamt Deggendorf<br />
94469 Deggendorf
Finanzierung<br />
Finanzierungsmöglichkeiten und weiteres Vorgehen<br />
Wir alle wissen es. Wer sich um Natur- und Artenschutz bemüht, investiert in hohem Maße<br />
Zeit und Kraft.<br />
Natur- und Artenschutz kostet aber auch Geld.<br />
Welche Finanzmittel, in welcher Größenordnung im <strong>Regierung</strong>sbezirk <strong>Niederbayern</strong> für den<br />
Schutz des Artenpotenzials im Bayerischen Wald aufgewendet werden, zeigt - exemplarisch<br />
für das Jahr 2000 - nachfolgende Abbildung auf.<br />
DM<br />
700.000<br />
600.000<br />
500.000<br />
400.000<br />
300.000<br />
200.000<br />
100.000<br />
0<br />
Finanzierung <strong>von</strong> Artenschutzprojekten im<br />
Bayerischen Wald im Jahr 2000<br />
573.036,11<br />
Gesamt<br />
390.337,18<br />
Bayern<br />
135.908,30<br />
26.436,80 20.353,83<br />
Für die Finanzierung unserer Artenschutzprojekte im Bayerischen Wald wurden im Jahr 2000<br />
insgesamt knapp 600.000,- DM ausgegeben.<br />
68 % (= 390.000,- DM] der aufgewendeten Mittel wurden vom Freistaat Bayern bereitgestellt.<br />
24 % (= 36.000,- DM) der Kosten wurden über Zuschüsse der Europäischen Union abgedeckt.<br />
In dieser Summe sind sowohl Interreg-Mittel wie auch 5b 11-Anteile als auch Mittel<br />
aus dem EAGFL-Fonds enthalten.<br />
Knapp 50.000.- DM steuerten Projektträger, allen voran der Naturpark Bayerischer Wald,<br />
aber auch Naturschutzverbände, wie z.B. der LBV sowie einzelne kommunale Träger (z.B.<br />
Landkreis Straubing-Bogen, Regen) bei.<br />
Grundsätzlich gilt: Artenschutzmaßnahmen, für die eine Trägerschaft übernommen wurde,<br />
werden <strong>von</strong> der <strong>Regierung</strong> im Regelfall mit Fördersätzen zwischen 70 und 90 % bezuschusst.<br />
EU<br />
Nat.Park<br />
Verbände/Kom.
Ein Beispiel:<br />
2<br />
Über das Naturparkprogramm werden Artenschutzmaßnahmen bei Kommunen zu 70 % , bei<br />
Verbänden zu 80 % gefördert. Mit Rückerstattungsmittel der EU, bzw. bei Beanspruchung<br />
<strong>von</strong> Interreg II kommt man dann im günstigsten Fall sogar auf eine Förderhöhe <strong>von</strong> maximal<br />
90 %.<br />
In der Gesamtsumme <strong>von</strong> 573.000,- DM sind auch sog. staatliche Maßnahmen des Naturschutzes<br />
enthalten. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen, die zu 100 % über den Naturschutzhaushalt<br />
der <strong>Regierung</strong> finanziert werden.<br />
Hierzu gehören bspw. Schutzbemühungen um endemische Pflanzenarten oder bestimmte<br />
Aufgabenfelder im Bereich des Fischotterschutzes.<br />
Welche finanzielle Größenordnung einzelne Projekte umfassen ist in der nächsten Abbildung<br />
dargestellt.<br />
DM<br />
Kosten ausgewählter Artenschutzprojekte 2000<br />
250.000,00<br />
200.000,00<br />
150.000,00<br />
100.000,00<br />
50.000,00<br />
0,00<br />
Luchs<br />
Fischotter<br />
Fledermäuse<br />
Wasseramsel<br />
Wachtelkönig<br />
Flußperlmuschel<br />
Braunkehlchen<br />
Reptilien<br />
Pflanzen<br />
Hinzuweisen ist, dass in den dargestellten Summen weder Grundstückskosten, noch Maßnahmekosten<br />
enthalten sind, die <strong>von</strong> anderen Ressorts, z.B. Staatsforstverwaltung, beglichen<br />
werden.<br />
Luchs und Fischotter sind Projekte, die eine ständige und intensive Beratungstätigkeit zum<br />
Inhalt haben und wegen des hohen personellen Aufwands entsprechend höhere Kosten verursachen.<br />
Ins Gewicht fallen auch Artenhilfsmaßnahmen für Fledermäuse und für die Flussperlmuschel.<br />
Bei anderen Artenschutzprojekten, wie etwa dem Projekt Wachtelkönig oder<br />
Braunkehlchen, schlagen bislang lediglich Erhebungsarbeiten und konzeptionelle Ausarbeitungen<br />
zu Buche. Maßnahmen der Projektumsetzung laufen hier häufig über das Vertragsnaturschutzprogramm<br />
bzw. über das Landschaftspflegeprogramm. Ähnliches trifft bislang auch<br />
für den großen Part des Florenschutzes zu.
Weiteres Vorgehen<br />
Es ist festzuhalten:<br />
3<br />
1. Wir wollen erfolgreich laufende Artenschutzprojekte fortführen und weiterhin unterstützen!<br />
Soweit erforderlich sind natürlich auch neue Projekte anzudenken und zu entwickeln.<br />
Was also können oder sollten aus der Sicht der höheren Naturschutzbehörde Arbeitsschwerpunkte<br />
für die nächsten Jahre sein?<br />
Artenschutzprojekte haben häufig einen deutlichen Bezug zu Menschen oder zu menschlichen<br />
Meinungsbildern. Gerade bei konfliktreicheren Arten gibt es immer wieder Betroffene<br />
Inhaber <strong>von</strong> Eigentumsrechten, die diese gefährdet sehen, aber auch einfach Interessierte<br />
Mitbürger die informiert sein wollen.<br />
Vor allem wenn es um Arten geht, die nicht <strong>von</strong> Jedermann gerne gesehen werden (z.B.<br />
Luchs, Fischotter, Biber), kann gängigen Vorurteilen oder Wissensdefiziten nur durch eine<br />
offensive Öffentlichkeitsarbeit entgegengewirkt werden.<br />
<strong>Die</strong> Weitergabe aktueller Fachinformation schafft darüber hinaus Transparenz und Akzeptanz.<br />
Also: Bei Artenschutzprojekten, die unter einem derartigen Vorzeichen stehen, setzen wir<br />
auch weiterhin auf intensive Aufklärung.<br />
Dass diese Informationstätigkeit durch aktuell gewonnene wildbiologische Daten aus dem<br />
Bearbeitungsgebiet untermauert werden muss, ist für uns selbstverständlich.<br />
Auch die Nutzung moderner Kommunikationssysteme, d.h. konkret: Präsentation <strong>von</strong> Artenschutzprojekten<br />
im Internet, sollte nach und nach angestrebt werden.<br />
2. Bei allen Arten mit größeren Arealansprüchen oder bei Arten mit einem über den Bayerischen<br />
Wald hinausgehenden Verbreitungsareal, sind darüber hinausregierungsübergreifende<br />
Kontakte auszubauen (oder wo noch nicht ausreichend geschehen, aufzubauen), v.a.<br />
zu unseren tschechischen und österreichischen Nachbarn. Besonders wichtig ist dies bei<br />
Luchs, Birkhuhn, Wachtelkönig und Fischotter.<br />
3. Schließlich hat sich gezeigt, dass Artenschutz dann erfolgreich ist, wenn sich verschiedene<br />
Interessensgruppen zusammenschließen und im Artenschutz gemeinsame Wege gehen. In<br />
vorbildlicher Weise hat uns dies die Arbeitsgemeinschaft Fischotterschutz vorexerziert.<br />
Dass man heute den Fischotter wieder an vielen Gewässerabschnitten des Inneren Bayerischen<br />
Waldes spürt und der Fischotter bislang zu keiner größeren Konfliktart geworden<br />
ist, ist vor allem der beharrlichen Integrations- und Informationsarbeit der ARGE Fischotterschutz<br />
und dem Naturpark Bayerischer Wald zu verdanken.<br />
Den Bestand des Fischotters zu festigen und seine Bestandsentwicklung zu verfolgen,<br />
sollten unserer Meinung nach die Eckpunkte der Fischotterarbeit für die nächsten Jahre.<br />
sein. Hierzu zählen Konfliktberatung und Aufklärung vor Ort ebenso, wie die zügige Umsetzung<br />
des vom Bayer. Naturschutzfonds vorgelegten Pflege- und Ankaufskonzeptes.<br />
4. Als besonders vorteilhaft und in der Sache zielführend hat sich in der Vergangenheit die<br />
Mitarbeit örtlich Interessierter bei der Artenschutzarbeit herausgestellt. Auf diese Weise<br />
wird ortsnahes Wissen verfügbar gemacht und die Projektverantwortung auf eine breite<br />
Basis gestellt. Dem Aufbau und der fachlichen Begleitung <strong>von</strong> ehrenamtlichen Betreuernetzen,<br />
wie es in den Artenschutzprojekten Luchs und Fledermaus bereits gelungen ist,<br />
sollte in der nächsten Zeit deshalb ein besonderes Augenmerk geschenkt werden.
4<br />
5. Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt im Artenschutzgeschehen der nächsten Jahre gibt die<br />
FFH- und die EU-Vogelschutzrichtlinie vor<br />
Für Arten des Anhangs II der FFH-RL sind Monitoringprogramme zu erstellen und<br />
Schutzkonzepte zu entwickeln.<br />
Bei einigen FFH-Arten ist unser Wissensstand, v.a. durch die bereits laufenden Artenschutzprojekte,<br />
recht gut, bei einer Reihe <strong>von</strong> Arten aber klaffen mehr oder weniger große<br />
Wissenslücken. <strong>Die</strong>se gilt es zu schließen.<br />
Bei bislang wenig berücksichtigten Zielarten, wie dem Hochmoorlaufkäfer, dem Hellen<br />
Wiesenknopf-Ameisenbläuling oder für die Grüne Keiljungfer, sind Nach- bzw. Ergänzungskartierungen<br />
sowie detailliertere Angaben zur Populationsbiologie zwingend erforderlich.<br />
Hier sind in größerem Umfang neue Kartierungsaufgaben zu bewältigen.<br />
6. Wie wir alle wissen, beherbergt der Bayerische Wald eine Vielzahl an weiteren Arten, die<br />
unseres Schutzes bedürfen, sei es weil sie selten sind oder aber weil sie in dieser Mittelgebirgslandschaft<br />
einen ihrer bayerischen Verbreitungsschwerpunkte besitzen, wir für deren<br />
Existenz folglich eine besondere Verantwortung tragen.<br />
Häufig handelt es sich dabei um Arten, die außerhalb des alpinen Raumes isolierte Restvorkommen<br />
im Bayerischen Wald besitzen, oder um solche mit ganz spezifischen, eng gefassten<br />
Lebensraumansprüchen.<br />
Das Bergstraußgras oder den Krausen Rollfarn bspw. findet man bei uns nur am Arber.<br />
Und auch den Bergpieper trifft man außerhalb der Alpen in Bayern nur im Bayerischen<br />
Wald an zwei isolierten Stellen als Brutvogel an.<br />
Für alle diese Arten separate Artenhilfsprogramme zu kreieren überschreitet sicherlich unsere<br />
Möglichkeiten und ist fachlich auch nicht immer sinnvoll. Wesentlich zielführender ist in vielen<br />
Fällen der Schutz <strong>von</strong> Lebensräumen und Lebensgemeinschaften.<br />
<strong>Die</strong>s sei anhand der Vorkommen <strong>von</strong> Hochmoorgelbling und Arktischer Smaragdlibelle verdeutlicht:<br />
Verbreitungskarten Arktische Smaragdlibelle und Hochmoorgelbling<br />
Beide Arten sind an Hoch- und Übergangsmoore gebunden. Ihre Existenz im Bayerischen<br />
Wald steht und fällt mit dem Auftreten dieser Lebensraumtypen.
5<br />
Der Schutz und die Renaturierung der Bayerwaldmoore sollte uns allen deshalb ein besonderes<br />
Anliegen sein. Hier besteht akuter Handlungsbedarf und hier eröffnet sich für den Natur-<br />
und Artenschutz ein breites Handlungsfeld.<br />
Bayern hat einen großen Teil der Bayerwaldmoore als Natura 2000-Gebiete nach Brüssel gemeldet.<br />
Brüssel stellt für die Entwicklung <strong>von</strong> Natura 2000-Gebieten Gelder über das Förderprogramm<br />
Life zur Verfügung.<br />
Es wäre schön, wenn sich für ein derartiges Naturschutzgroßprojekt ein oder mehrere Träger<br />
finden könnten. <strong>Die</strong>s könnten sowohl Landkreise, einzelne Kommunen oder aber auch Verbände<br />
sein.<br />
Zusammenfassung:<br />
Soweit zu einigen angedachten Schwerpunkten im Artenschutzbereich. Ich darf noch einmal<br />
kurz zusammenfassen:<br />
1. Es gibt eine Reihe <strong>von</strong> Artenschutzvorhaben, bei denen weiterhin eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit<br />
und die Gewinnung aktueller Freilanddaten anzustreben ist<br />
2. Der Aufbau <strong>von</strong> Betreuernetzen hat sich als vorteilhaft erwiesen. <strong>Die</strong>se gilt es auszubauen<br />
und für weitere Artenschutzprojekte zu installieren<br />
3. Vorgaben der FFH-Richlinie sind im Artenschutzbereich vorrangig umzusetzen<br />
4. Naturschutzgroßprojekte - seien es Life- oder auch bayerische Biotopverbundprojekte -<br />
dienen der Sicherung ganzer Artenkollektive bzw. ganzer Lebensgemeinschaften. Derartige<br />
Projekte in die Wege zu leiten, sollte unsere Artenschutzarbeit in den nächsten Jahren<br />
ganz wesentlich mitbestimmen<br />
Dr. Franz Leibl<br />
<strong>Regierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Niederbayern</strong><br />
Sachgebiet 830<br />
<strong>Regierung</strong>splatz 540<br />
84028 Landshut