Sportspiegel - SC Alstertal Langenhorn
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03/08<br />
K u n g - F u<br />
Einige meiner Impressionen während des Wun Hop Kuen Do – Lehrgangs<br />
mit Si Gung Al Dacascos<br />
von Kai Mohrmann<br />
Ich nahm zum ersten Mal an einem<br />
Seminar des WHKD-Verbandes teil und<br />
das diesjährige zeichnete sich durch die<br />
Besonderheit der Zusammenkunft mehrerer<br />
Schulen, anlässlich des gemeinsamen<br />
Auftretens dreier Großmeister (Si<br />
Gung Al Dacascos, Si Fu Ron Lew und Si<br />
Fu Eric Lee), aus. Es kamen sehr viele<br />
Schüler aus verschiedenen WHKD-Schulen.<br />
So war vielleicht jedes dreißigste ein<br />
bekanntes Gesicht. Als aber Si Gung die<br />
Masse aufforderte sich aufzustellen, war<br />
es egal, aus welcher Schule man kam,<br />
denn als sich schließlich jeder mehr<br />
schlecht als recht in seiner Reihe eingefunden<br />
hatte, wurde eines offensichtlich:<br />
Es gibt nur eine Schule und einen<br />
Lehrer und jeder von uns ist nur hier, um<br />
von diesem Tag soviel mitzunehmen, wie<br />
er nur kann.<br />
Nach der Begrüßung erteilte Si Gung<br />
das Wort an Si Fu Eric Lee und dieser<br />
zeigte u. a. wie wir einen Angreifer abwehren,<br />
der versucht unsere Beine zu<br />
greifen, um uns umzuwerfen, wie wir uns<br />
aus einer engen Umklammerung befreien<br />
und dass es nur einer kleinen Ausweichbewegung<br />
bedarf, um sich in eine<br />
Position zu versetzen, aus welcher man<br />
kontern kann. Er ergänzte seine Ausführungen<br />
oft in komischer und gleichzeitig<br />
hochernster Weise, z. B. mit den Worten<br />
„ … and if he´s not dead yet, you<br />
do this and he propably is.“<br />
Eine Stunde später forderte Si Fu Ron<br />
Lew uns dann auf, unsere Stöcke zu<br />
holen („I´m going to teach you how to<br />
eat with Chopsticks“) und wir erhielten<br />
einen Einblick in die Kunst des Escrima<br />
(philippinischer Stockkampf). Nachdem Si<br />
Fu Ron uns, die wir zum ersten Mal mit<br />
dem Stock trainierten, alleine üben ließ,<br />
mutete das fuchtelnde Treiben erst recht<br />
dilletantisch an. Doch entdeckten wir<br />
peu à peu, dass es bekannte Elemente<br />
waren, die wir anwenden müssen und<br />
dass jede Technik, auch von einem<br />
Schwarzgurt ausgeführt, dieselben physikalischen<br />
Eigenschaften der Knochen,<br />
Sehnen und Gelenke nutzt. Er beendete<br />
seine Einheit mit der Darbietung eines<br />
Schauspiels, um den Variantenreichtum<br />
der Techniken zu demonstrieren. Er forderte<br />
seinen Dolmetscher auf, mit dem<br />
Stock anzugreifen. Ehe dieser sich versah,<br />
war er aber schon entwaffnet.<br />
Daraufhin ließ sich Si Fu Ron seinen Stock<br />
abnehmen, nur um sich gleich darauf den<br />
seines Gegners zu angeln. Dieses Spiel<br />
nahm bereits nach wenigen Durchgängen<br />
rapide an Geschwindigkeit zu und<br />
glich so einer lustigen Jackie Chan-Choreographie,<br />
wie man sie aus den bekannten<br />
Kung Fu-Filmen kennt. Nach wie vor<br />
bediente sich Si Fu Ron aber der gezeigten<br />
Basisübungen. „Nur Übung bringt die<br />
Routine, welche nötig ist diese Prinzipien<br />
rasant nutzen zu können, ohne lange<br />
nachdenken zu müssen.“, waren seine<br />
Worte, bevor Si Gung übernahm.<br />
In einem großen Kreis versammelten<br />
wir uns und lauschten: „In a fight, when<br />
your enemy is using a weapon, you have<br />
two options, two safe positions: Either<br />
very far away or very close by.“ Si Gung<br />
instruierte einen der zahlreichen Si Fus,<br />
mit einem Stock auf Ihn loszugehen. Dem<br />
Radius des Schlages entglitt er, indem er<br />
seinem Angreifer entgegentrat und aus<br />
dieser Position die Bewegung mit gekreuzten<br />
Armen an ungefährlicher Stelle<br />
auffing und so an ihrer Vollendung hinderte.<br />
Anschließend führte er die Waffe<br />
im Uhrzeigersinn zur Hüfte des Gegners.<br />
Urplötzlich flog der Stock in hohem Bogen<br />
durch die Halle und landete polternd<br />
in der Ecke. Er erklärte, ein Angriff aus<br />
jedem Winkel ließe sich mit dieser Technik<br />
aufhalten und ergänzte: „It´s always<br />
better to know one technique very well,<br />
which is useable in many situations, but<br />
<strong>Sportspiegel</strong><br />
Die Teilnehmer des Lehrganges<br />
to know hundreds for one situation<br />
each.“ Eine Technik sei zudem besser, je<br />
simpler sie ist. Es bestehe kein Bedarf sie<br />
auszuschmücken und damit unnötig zu<br />
verkomplizieren.<br />
Noch bis in den späten Abend hinein<br />
wurden Blocks und Griffe vorgeführt und<br />
erprobt, bis Si Gung kurz nach 23 Uhr<br />
zur Grundaufstellung forderte, um abschließend<br />
einige Worte an uns zu richten.<br />
Drei Säulen bilden die Basis eines<br />
guten Kämpfers: Kraft, Technik und<br />
Geist. Viele gute Kämpfer sah Si Gung<br />
untergehen, welche die Techniken beherrschten,<br />
die Kraft besaßen, aber nicht<br />
den Geist. Der Geist: Das heißt, aufzustehen,<br />
wenn man liegen bleiben will.<br />
Unser Feind ist klug, wenn er uns angreift,<br />
während wir schwach oder müde<br />
sind. Genau dann mit plötzlicher Kraft<br />
einen Angriff zu starten, das ist es, womit<br />
man nicht rechnet. Aus diesem Grund<br />
erweist sich das Training als besonders<br />
effizient, wenn es in Phasen der Schwäche,<br />
trotz Bauchschmerzen oder Müdigkeit<br />
ausgeführt wird.<br />
Das werde auch ich mir in Zukunft auf<br />
die Fahnen schreiben und so bleibt mir<br />
abschließend nur zu sagen, dass dies<br />
zweifelsohne ein lohnenswerter Abend<br />
und eine außergewöhnliche Erfahrung<br />
war, wenn mir auch eine etwas persönlichere<br />
Atmosphäre lieber gewesen wäre,<br />
weshalb ich mir für das nächste Jahr<br />
wieder einen Lehrgang im kleineren Kreise<br />
wünschen würde.<br />
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