Das Recht der Tiere 3/2011 6 DR. KONSTANTIN LEONDARAKIS IM INTERVIEW gen für das Verbringen zu Nichthandelszwecken. Ein Heimtier im Sinne der Verordnung ist ein Tier, das nicht dazu bestimmt ist, Gegenstand eines Verkaufs oder einer Eigentumsübertragung zu sein. In dem Fall liegt ein Verbringen zu Nichthandelszwecken vor, so dass keine Erlaubnis erforderlich ist. Wer einen solchen nicht gewerblichen Transport durchführen möchte, muss laut EG-Verordnung die Hunde mit einem elektronischen Kennzeichen, einem Transponder, versehen und für jedes Tier einen gültigen Heimtierausweis (mit der Bestätigung der gültigen Tollwutimpfung) dabei haben. RdT: … und wenn die Zahl der transportierten Tiere fünf übersteigt? Dr. Leondarakis: Die EG-Verordnung Nr. 388/2010 besagt, dass in diesem Fall die Voraussetzungen für ein Verbringen zu Handelszwecken anwendbar seien. Diese wiederum werden durch die europäische Richtlinie 92/65/EWG bestimmt, die durch die Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung in das nationale Recht umgesetzt worden ist. Kurz zusammengefasst: Das Verbringen von mehr als fünf Tieren ist natürlich ebenfalls ohne eine Genehmigung möglich, wenn auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Das sind einerseits die oben genannten Bedingungen für einen nicht gewerblichen Tiertransport. Die Tiere müssen weiter frei von sichtbaren Krankheitszeichen und transportfähig sein. Dafür ist eine Untersuchung notwendig, die mindestens 24 Stunden vor dem Transport durchgeführt und im jeweiligen Heimtierausweis dokumentiert werden muss. Außerdem kommen noch weitere formelle Voraussetzungen der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung und gegebenenfalls Anforderungen an einen Transport nach der Tierschutztransportverordnung dazu. Welpen dürfen ohne Impfung verbracht werden, wenn sie vom Muttertier begleitet werden oder eine schriftliche Erklärung des Verfügungsberechtigten vorliegt. Diese muss bestätigen, dass der Welpe ausschließlich am Ort seiner Geburt gehalten wurde und nicht mit wild lebenden Tieren in Berührung gekommen ist. RdT: Welchen Stellenwert hat nun das deutsche Tierschutzgesetz inmitten dieser europäischen Voraussetzungen? Dr. Leondarakis: Das Tierschutzgesetz verlangt unter anderem für das Halten von Tieren in einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung eine Erlaubnis nach § 11 Abs.1 Nr.2 TierSchG. Weiter schreibt diese Norm auch eine Erlaubnis für den gewerbsmäßigen Handel mit Wirbeltieren nach § 11 Abs.1 Nr.3b) TierSchG vor. Die Frage ist nun, ob die Tierheime, die Hunde aus dem EU-Ausland vermitteln, eine Erlaubnis gemäß des §11 Abs. 1 Nr. 3b) für einen gewerblichen Handel benötigen? Das gilt besonders dann, wenn mehr als fünf Hunde nach Deutschland eingeführt werden und damit wiederum die Anforderungen für ein Verbringen zu Handelszwecken Anwendung finden. Es muss also geklärt werden, ob und wann bei den Tierschutzeinrichtungen ein gewerblicher Handel vorliegt. Dies ist nur dann zu bejahen, wenn die Tierschutzeinrichtungen Hunde mit einer Gewinnerzielungsabsicht vermitteln würden. RdT: Bei Tiervermittlungen erheben die Tierheime eine Schutzgebühr. Kann dieser Umstand schon dazu beitragen, dass gewerblicher Handel unterstellt wird? Dr. Leondarakis: Hier sind wir an einem äußerst wichtigen Punkt angekommen. Die Tierheime mögen zwar eine Schutzgebühr bei erfolgreicher Vermittlung erhalten. Aber die Gebühr ist so niedrig, dass damit nach meiner Einschätzung keine Gewinne erzielt werden können. Auf Seiten der Tierheime und Tierschutzorganisationen besteht demnach keine Gewinnerzielungsabsicht, ja gar nicht einmal die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Das ist sogar für jeden Außenstehenden oder Laien auch sofort erkennbar. Denn der durchschnittlichen "Schutzgebühr" von ca. 200-250 Euro stehen erhebliche Ausgaben <strong>gegen</strong>über: Der Transport nach und in Deutschland, die oben genannten medizinischen Voraussetzungen und weitere kostenintensive Faktoren, wie Operationen, Kastrations- und medizinische Versorgungskosten, Medikamente und Futter. Da kann man keinen Gewinn erzielen, im Gegenteil. RdT: Bitte noch einmal abschließend: Was bedeutet Ihr Gutachten konkret für Tierschutzorganisationen, die im Ausland tätig sind? Dr. Leondarakis: Nach meinen Erkenntnissen benötigen Tierschutzeinrichtungen keine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 3b) TierSchG, weil sie mit der Verbringung von Hunden nach Deutschland auch keinem gewerbsmäßigen Handel nachgehen. Bekommen Tierschutzorganisationen rechtswidrig eine solche Pflicht auferlegt, sollten sie ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausschöpfen, also Widerspruch einlegen oder Klage erheben. Da die Behörden dabei unterschiedlich vorgehen, würde ich dringend empfehlen, einen Anwalt zu konsultieren. Abschließend kann ich dazu ermutigend sagen, dass wir bislang in keinem Gerichtsverfahren unterlegen waren. Gleichzeitig gibt es zu dieser Problematik noch keine höchstrichterliche Rechtssprechung, so dass ich weiter von einem rechtswidrigen Verhalten einiger Behörden bis zu einer höchstrichterlichen Klärung ausgehe. Herr Dr. Leondarakis, wir bedanken uns für das Gespräch. Interview: Claudia Lotz
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