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Kirchlinder Weihnachtsmarkt e Groß und Klein - Dortmunder ...

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6<br />

Aus dem Privatarchiv von:<br />

Bernhard Risse<br />

„<strong>Kirchlinder</strong> Geschichte<br />

von Anfang an“<br />

... Fortsetzung<br />

Wer konnte schon, oder was hatte<br />

es für einen Sinn, alte Leute noch<br />

für einen verlorenen Krieg zu begeistern.<br />

Der Unterricht fand in<br />

Kalweis Laube auf dem heutigen<br />

Hilgenloh statt. Man sah „Gott sei<br />

Dank“ die Sinnlosigkeit ein <strong>und</strong><br />

die Waffen wurden wieder entfernt.<br />

Alles atmete auf. Man erwartete<br />

nun täglich den Einmarsch des<br />

Siegers <strong>und</strong> war froh oder auch in<br />

banger Erwartung. Noch einmal<br />

begann ein emsiges Treiben der<br />

Erwachsenen.<br />

Alkohol, Schnaps, Wein <strong>und</strong><br />

sonstige Getränke wanderten<br />

unter Kohlenberge. Die braunen<br />

Hemden des Jungvolks wurden<br />

im Garten vergraben, später wieder<br />

ausgegraben, blau gefärbt <strong>und</strong><br />

weiter getragen. Da wir mehrere<br />

Wochen im Keller wohnten,<br />

wurde auch im Keller gekocht.<br />

Dieses Essen war immer sehr gut.<br />

Alles eingemachte Obst wurde zu<br />

Obstsuppen verbraucht, die immer<br />

herrlich schmeckten. Eingemachtes<br />

Schweinefleisch wurde<br />

gegessen, ebenso Schinken <strong>und</strong><br />

Wurst. Man hatte Angst vor einer<br />

Plünderung oder Zerstörung, sogar<br />

sämtliche Züchtigungsmittel<br />

wurden zerschnitten <strong>und</strong> beseitigt.<br />

Zwei schlimme Tage musste die<br />

Frohlinderstraße doch noch hinnehmen.<br />

In der Frohlinderstraße<br />

93 errichtete die deutsche Wehrmacht<br />

auf dem Rückzug eine<br />

Funkstation, die auch bald angepeilt<br />

wurde.<br />

Jagdbomber versuchten sie zu<br />

zerstören. Das Nachbarhaus ging<br />

durch Volltreffer in Trümmer; Tote<br />

<strong>und</strong> Verletzte. <strong>Groß</strong>vater verließ<br />

den Keller nach oben <strong>und</strong> bat<br />

die Soldaten in den Keller. Sie<br />

kamen selbstverständlich nicht.<br />

Die zweite Bombe schlug gegenüber<br />

in den Straßengraben, heute<br />

Göbels Haus, Taxiunternehmen.<br />

Fenster fielen heraus, Schlagläden<br />

fielen zu Boden.<br />

Eine traf <strong>Groß</strong>vater am Kopf. Soldaten<br />

brachten ihn in den Keller<br />

mit einer stark blutenden Kopfw<strong>und</strong>e.<br />

Ein Teppich von drei<br />

Bomben schlugen zwischen heute<br />

Göbels Haus <strong>und</strong> Hochhaus Siep-<br />

mannstraße ein. Es war ein gewaltiges<br />

Beben. Wir saßen im Keller<br />

<strong>und</strong> beteten. Die Kellerdecke<br />

stürzte ein, aber im <strong>Groß</strong>en <strong>und</strong><br />

Ganzen hielt sie, Gott sei Dank.<br />

Alle waren staubbedeckt, aber<br />

alle lebten. Ein Hausbewohner,<br />

Herr Wittich, hatte dieses Erlebnis<br />

wohl Zeit seines Lebens nicht vergessen.<br />

Auch damals musste jeder „der<br />

mal musste“ immer noch zum<br />

Hüs ´chen gehen. Unser Hüs<br />

´chen hatte aber keine Tür mehr.<br />

So saß Herr Wittich nach seiner<br />

Erzählung im Hüs ´chen, als ein<br />

Jagdbomber das Haus 93 angriff.<br />

Er sah die Bombe fallen <strong>und</strong> sah<br />

wie das Nachbarhaus getroffen<br />

wurde <strong>und</strong> in sich zusammenfiel.<br />

Er war im Moment stocknüchtern.<br />

Es war möglich, dass nicht aller<br />

Alkohol unter Kohlenbergen verschw<strong>und</strong>en<br />

war.<br />

Er wäre nach seiner Meinung im<br />

nüchternen Zustand vor Angst<br />

gestorben. Hinterher haben wir<br />

noch oft darüber gelacht, wenn<br />

er es erzählte. Es ging aber auch<br />

diesmal noch einmal gut. Nach<br />

diesem Angriff zogen die deutschen<br />

Soldaten mit ihrer Station<br />

ab, Gott sei Dank! Ein paar Tage<br />

später zogen nachts die letzten<br />

Soldaten, <strong>Groß</strong>vater sah sie<br />

im Laufschritt vorübereilen, aus<br />

Kirchlinde. Am Morgen des 13.<br />

Aprils erschienen die ersten Trup-<br />

pen des Siegers, Amerikaner. Sie<br />

kamen in den Keller mit der Frage:<br />

„Nix Soldat“, durchsuchten alle<br />

Kellerräume <strong>und</strong> verließen wieder<br />

Bildunterschrift: Der Gesichtsausdruck der alten Frau sagt, was man mit Worten<br />

nicht sagen kann.<br />

die Häuser. Alle hatten Angst <strong>und</strong><br />

waren zusammengerückt, jeder<br />

dachte, was wird geschehen? Als<br />

die ersten Soldaten weiterzogen,<br />

kam der Haupttrupp. Wir mussten,<br />

wie alle <strong>Kirchlinder</strong>, die Kellerräume<br />

verlassen <strong>und</strong> im Flur<br />

Aufstellung nehmen. Nun sahen<br />

wir den Sieger - er marschierte auf<br />

jeder Straßenseite im Abstand von<br />

2-3 Metern, Mann für Mann, eine<br />

endlose Schlange.<br />

Die Kellerräume wurden gründlich<br />

durchsucht, sowie alle verbliebenen<br />

Wohnräume. Niemand<br />

aber konnte diesen Soldaten etwas<br />

nachsagen. Sie verhielten sich<br />

vorbildlich. Keine Übergriffe auf<br />

Frauen, keine Misshandlungen,<br />

keine Plünderungen. Es folgten<br />

Kranwagen, Panzer, Nachschubwagen,<br />

Krankenwagen, kurz gesagt,<br />

Fahrzeuge aller Art.<br />

Die lächerliche Panzersperre<br />

räumten die Amerikaner mit Planierraupen<br />

beiseite <strong>und</strong> fällten<br />

damit noch die Bombentrichter.<br />

Dann kam der große Schock! Alle<br />

Männer mussten die Keller verlassen<br />

<strong>und</strong> draußen Aufstellung beziehen.<br />

Mit erhobenen Händen, in Begleitung<br />

von Soldaten mit Maschinenpistolen<br />

ging es in Richtung<br />

Frohlinde. Zurück blieben angsterfüllte<br />

Gesichter.<br />

Banges langes Warten.<br />

Nach St<strong>und</strong>en kam <strong>Groß</strong>vater zu-

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