Ausgabe Nr. 21 / November 2007, Thema: Verwalter und - KonNet e.V.
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Christoph Schiedel<br />
Liebe Leser,<br />
wer kennt das nicht? Verkehrsteilnehmer<br />
nicht im Reißverschlußverfahren<br />
einfädeln zu lassen, den Blinker nicht<br />
einzusetzen, sich nicht für eine Einladung<br />
oder Geschenke zu bedanken, nur<br />
unverbindliche Zusagen zu machen,<br />
Anfragen per E-Mail nicht zu beantworten,<br />
automatische Abwesenheitsnotizen<br />
(„E-Mail-autoreplay“) ohne<br />
weiterführenden Inhalt zu versehen,<br />
Rückrufwünsche zu ignorieren usw.<br />
Jeder – entweder als unangenehm Betroffener<br />
oder als (wirklich nur gedankenloser?)<br />
Verursacher dieser Übel!<br />
Es handelt sich dabei um eigentlich<br />
selbstverständliche Gepflogenheiten<br />
<strong>und</strong> gute Sitten – also um Regeln <strong>und</strong><br />
Werte –, die das menschliche Zusammenleben<br />
im Alltag erleichtern <strong>und</strong> angenehm<br />
machen, aber auch Sicherheit<br />
<strong>und</strong> Schutz bieten. Viel scheint heute<br />
für einen Werteverlust in unserer Gesellschaft<br />
zu sprechen. Was zählt, ist<br />
das eigene Fortkommen, der eigene Vor-<br />
teil, der Erfolg. Tugenden wie Fairness<br />
<strong>und</strong> Anstand scheinen zum Fremdwort<br />
geworden zu sein. Der jahrelange <strong>und</strong><br />
in diesem Sommer zu einem neuen Höhepunkt<br />
gekommene Doping-Skandal<br />
im Radsport dürfte nur die berühmte<br />
Spitze eines Eisberges sein. ARD <strong>und</strong><br />
ZDF haben immerhin auf die weitere<br />
Übertragung der „Tour de France“ verzichtet<br />
(SAT 1 ist dafür sofort <strong>und</strong> gerne<br />
eingesprungen...).<br />
Aber die Welt hat sich auch verändert<br />
bzw. wird dies weiterhin <strong>und</strong> vermutlich<br />
immer rasanter tun. Ganz neue<br />
Fragen <strong>und</strong> Probleme tauchen auf, für<br />
die es keine vorgefertigten Antworten<br />
gibt. Und nicht zuletzt: wir leben heute<br />
in einem Wertepluralismus, geprägt von<br />
einer Vielzahl kultureller, religiöser wie<br />
auch konsumorientierter Einstellungen,<br />
die unsere Gesellschaft prägen. Was<br />
richtig oder falsch ist, gut oder schlecht<br />
ist, ist nicht mehr so einfach zu erkennen<br />
<strong>und</strong> zu benennen.<br />
Und doch oder gerade deshalb wird der<br />
Mangel an allgemein verbindlichen<br />
Werten <strong>und</strong> deren Akzeptanz (scheinbar)<br />
zunehmend wahrgenommen <strong>und</strong><br />
nach neuen Antworten <strong>und</strong> Orientierungen<br />
auf aktuelle Fragen gesucht. Oder<br />
ist dieser Eindruck falsch?<br />
Welche Rolle spielen hier die Medien?<br />
Insbesondere unter Berücksichtigung<br />
des Mediums Internet haben sie in heutiger<br />
Zeit diesbezüglich sicherlich eine<br />
ganz gewichtige Funktion. Bemerkenswert<br />
ist zum Beispiel, wenn der „grand<br />
seigneur“ des deutschen Fernsehens,<br />
Ulrich Wickert, außerhalb seiner Bildschirmpräsenz<br />
in mehreren Büchern<br />
den Wandel der Werte, den Verlust der<br />
Werte <strong>und</strong> die Sehnsucht nach<br />
verlässlichen Werten thematisiert. Ist es<br />
nur „trendy“ auf diesen Zug aufzuspringen<br />
oder geht es wirklich darum,<br />
dass auch über den medialen Weg „Er-<br />
ziehungsdefizite“ (explizit auch unter<br />
Akademikern <strong>und</strong> Mitgliedern der gesellschaftlichen<br />
„Elite“) aufgezeigt <strong>und</strong><br />
nachhaltig behoben werden können <strong>und</strong><br />
sollen?<br />
Wenn schon die gr<strong>und</strong>legenden Regeln<br />
<strong>und</strong> Werte nicht mehr selbstverständlich<br />
oder Bestandteil der Erziehung<br />
sind, so könnte die Aufarbeitung <strong>und</strong><br />
Implementierung durchaus eine Aufgabe<br />
für die Medien sein. Wer sich aber<br />
die aufgr<strong>und</strong> vorhandener Publikumsnachfrage<br />
leider immer noch existierenden<br />
Nachmittagssendungen insbesondere<br />
in den privaten Fernsehkanälen<br />
ansieht, muss daran zweifeln. Kommen<br />
die GEZ-finanzierten, öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten diesem möglichen Auftrag<br />
besser nach? Oder wird hier als<br />
Quotenbringer auch zusehends die<br />
Messlatte niedriger gehängt <strong>und</strong> mehr<br />
auf Gewalt, Kriminalität oder Intrigen<br />
gesetzt?<br />
Welche Inhalte sind in welchem Medium<br />
am besten platziert? Wie <strong>und</strong> wo<br />
erzielt man die beste Wirkung? Welche<br />
Kompetenzen brauchen Medien, um<br />
einerseits ihr wirtschaftliches Überleben<br />
sichern zu können <strong>und</strong> andererseits<br />
einen gesellschaftlichen Auftrag wahrzunehmen?<br />
Sind generalistisch ausgebildete<br />
Politik- <strong>und</strong> Verwaltungswissenschaftler<br />
hierfür geeignet <strong>und</strong><br />
können sie im Medienbereich erfolgreich<br />
tätig sein? Es gibt noch viele weitere<br />
Aspekte – mehr dazu im Schwerpunktthema<br />
„<strong>Verwalter</strong> im Medienbereich“<br />
dieser KonText-<strong>Ausgabe</strong> –<br />
DEM „ultimativen“ Medium unseres<br />
Vereins!<br />
Anregende Gedanken bei der Lektüre<br />
wünscht<br />
Christoph Schiedel<br />
Vorsitzender <strong>KonNet</strong> e.V.<br />
Editorial<br />
KonText <strong>21</strong> I <strong>November</strong> <strong>2007</strong> 03