Ausgabe Nr. 21 / November 2007, Thema: Verwalter und - KonNet e.V.
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kommt immer anders als man denkt. Als<br />
Unternehmensplaner des deutsch-französischen<br />
Kulturkanals ARTE empfahl ich<br />
dem Vorstand, eine neue Onlinestrategie<br />
aufzulegen – mit der Folge, dass ich im<br />
Jahr 2000 Leiter der Multimediaredaktion<br />
wurde, quasi, um meine Empfehlungen<br />
gleich in die Tat umzusetzen. Das funktionierte<br />
auch alles in allem ganz gut, erwies<br />
sich aber doch recht schnell als<br />
technik- <strong>und</strong> nicht content-getrieben (über<br />
wenige mediale Hervorbringungen wird<br />
übrigens soviel geflunkert wie über den<br />
angeblichen Online-Journalismus).<br />
Da kam es ganz gelegen, im Herbst 2002<br />
Leiter der NDR-Intendanz werden zu können.<br />
Das klang irgendwie generalistisch<br />
<strong>und</strong> wichtig <strong>und</strong> war außerdem eine gute<br />
Gelegenheit aus dem alemannischen Südwesten<br />
(zu dem das Elsass ja auch gehört)<br />
mal rauszukommen.<br />
Nun also Hamburg, Stabs-Chef beim<br />
NDR-Intendanten Jobst Plog, inklusive<br />
Zuarbeit für den ARD-Vorsitz, den Plog<br />
in den Jahren 2003/2004 innehatte. Eine<br />
spannende Aufgabe, in der man viel mit<br />
politisch-administrativen Prozessen,<br />
R<strong>und</strong>funkpolitik usw. zu tun hat – indessen<br />
so gut wie nichts mit dem Programm.<br />
Insofern war es auch nicht so überraschend,<br />
vom Bürovorsteher des Intendanten<br />
im Jahr 2006 zum Verwaltungsdirektor<br />
befördert zu werden.<br />
Hier leite ich einen Bereich mit r<strong>und</strong> 600<br />
Mitarbeitern <strong>und</strong> bin unter anderem verantwortlich<br />
für Querschnittsfunktionen<br />
wie Finanzen (bei einem Haushaltsvolumen<br />
von r<strong>und</strong> 1 Mrd. Euro), Personal<br />
(3.500 Festangestellte) <strong>und</strong> Logistik. Ich<br />
sitze im Verwaltungsrat der b<strong>und</strong>esweit<br />
beliebten Gebühreneinzugszentrale<br />
(GEZ), beschäftige mich viel mit der nächsten<br />
Gebührenanpassung <strong>und</strong> mache alles<br />
in allem das, was man public administration<br />
im Bereich Medien nennt. Das<br />
scheint ganz gut zu Verwaltungswissenschaft<br />
zu passen.<br />
Aber wie gesagt: eigentlich wollte ich mal<br />
Steffen Sommer<br />
Die Prophezeiung des Leonhard Neidhart<br />
Steffen Sommer arbeitet als freier Journalist,<br />
Schreibtrainer <strong>und</strong> Medienberater<br />
in Stuttgart. Mit Verwaltungswissenschaft<br />
hat das auf den ersten<br />
Blick wenig zu tun. Warum ihm sein<br />
Studium im Beruf trotzdem oft weiterhilft,<br />
erläutert er hier.<br />
„Büro für klare Sprache“ heißt die Ein-<br />
Mann-Firma, die ich im Mai <strong>2007</strong> gegründet<br />
habe. Ich biete drei Dienstleistungen:<br />
Texte für Print- <strong>und</strong> Onlinemedien,<br />
Schreibtrainings für Journalisten, PR-Texter<br />
<strong>und</strong> Redenschreiber sowie Beratung<br />
beim Launch <strong>und</strong> Relaunch von Zeitschriften,<br />
Zeitungen <strong>und</strong> Websites.<br />
Wenn ich mich vor einem Schreibseminar<br />
den Teilnehmern vorstelle, freue ich mich<br />
auf eine Stelle immer ganz besonders. Auf<br />
die, an der ich gestehe, dass ich Diplom-<br />
Verwaltungswissenschaftler bin. Manche<br />
Seminarteilnehmer äußern ihr Beileid,<br />
anderen steht die Ratlosigkeit ins Gesicht<br />
geschrieben <strong>und</strong> fast immer fragt einer,<br />
was denn Verwaltungswissenschaft mit<br />
Journalismus <strong>und</strong> dem Schreiberhandwerk<br />
gemein habe. Dann erzähle ich häufig<br />
diese Geschichte:<br />
Nach dem Abitur wusste ich nicht, was<br />
aus mir werden sollte. Also verpflichtete<br />
ich mich bei der B<strong>und</strong>eswehr. Zwei Jahre<br />
als Reserveoffizieranwärter lehrten mich,<br />
wie sehr es das Leben erleichtert, einen<br />
Beruf zu haben, der Spaß macht. Ich wollte<br />
möglichst viel erleben <strong>und</strong> es so zu Papier<br />
bringen, dass andere auch etwas davon<br />
haben.<br />
Meine Journalistenlaufbahn begann mit<br />
einem sechsmonatigen Praktikum bei<br />
meiner Heimatzeitung, dem „Coburger<br />
Tageblatt“. Als das Praktikum sich dem<br />
Ende näherte, bot mir die Redaktionsleiterin<br />
eine Volontärsstelle an. Also blieb<br />
ich zwei weitere Jahre. Ich habe Coburgs<br />
Oberbürgermeister auf einer Radtour in<br />
die französische Partnerstadt Niort begleitet,<br />
den Mord an einem Bauern rekonstru-<br />
<strong>Thema</strong><br />
Chefreporter werden. Doch es kommt<br />
eben immer anders, als man denkt.<br />
Albrecht Frenzel<br />
PS: Die Verwaltungswissenschaft trifft<br />
daran keine Schuld, sie war allenfalls bei<br />
dieser Entwicklung ein bisschen behilflich.<br />
iert, der aus der DDR in den Landkreis<br />
Coburg fliehen wollte, Gemeinderatsbeschlüsse<br />
kommentiert, Coburgs einziger<br />
Straßenprostituierten ein Porträt gewidmet<br />
– kurz: es war eine fabelhafte Zeit.<br />
Wunsch: Weiter lernen<br />
Trotzdem wollte ich mein Leben nicht als<br />
Lokalredakteur fristen, sondern weiter lernen,<br />
studieren gehen. Bloß was? Vom<br />
Journalistik-Studium haben mir alle Journalisten<br />
abgeraten, die ich damals kannte.<br />
Wer ein Volontariat hinter sich habe,<br />
brauche sein Handwerk nicht noch ein<br />
zweites Mal an der Uni erlernen. Was also<br />
dann? Diese Frage habe ich mit einem<br />
Studienberater des Coburger Arbeitsamts<br />
erörtert. Sport zu studieren könne ich mir<br />
vorstellen, habe ich zu ihm gesagt, Politik,<br />
BWL, VWL, Jura oder Kunstgeschichte<br />
– im Gr<strong>und</strong>e alles <strong>und</strong> nichts.<br />
Was soll ich nur tun, Herr Studienberater?<br />
Ich will viel lernen, ohne die Uni als Fachidiot<br />
zu verlassen - hoch qualifiziert, aber<br />
KonText <strong>21</strong> I <strong>November</strong> <strong>2007</strong> 09