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Ausgabe Nr. 21 / November 2007, Thema: Verwalter und - KonNet e.V.

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<strong>Thema</strong><br />

Albrecht Frenzel Verwaltungswissenschaft <strong>und</strong> Medien oder:<br />

Es kommt immer anders als man denkt…<br />

Ursprünglich war für mich Verwaltungswissenschaft<br />

ein journalistisches<br />

Weiterbildungsprojekt.<br />

Und das kam so: Nach dem Abitur 1985<br />

hatte ich zunächst diffuse Vorstellungen<br />

über meine berufliche Zukunft, die zwischen<br />

Theaterintendant, Professor für<br />

Schöngeistiges <strong>und</strong> Chefreporter (unzweifelhaft<br />

der Job mit dem größten Sex-Appeal)<br />

oszillierten. Der Plan war dementsprechend<br />

vage <strong>und</strong> lautete: Geschichte,<br />

Theaterwissenschaft <strong>und</strong> Philosophie studieren<br />

– was allerdings auch schon Mitte<br />

der 80er Jahre des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

erstmal als sicheres Ticket für den Berufsstand<br />

des Taxifahrers galt.<br />

Einstieg auf der Reiseschreibmaschine<br />

Doch es kommt immer anders als man<br />

denkt. Während des Wehrdienstes 1986<br />

als Sanitätssoldat vertrieb ich mir die eher<br />

dröge Zeit nach Dienstschluss als freier<br />

Mitarbeiter der „Schwäbischen Zeitung“.<br />

Für die Lokalausgabe Ravensburg berichtete<br />

ich auf einer Reiseschreibmaschine<br />

(Zeitungen wurden noch in Blei gesetzt,<br />

PC’s waren unbekannt) über den berühmten<br />

Kleintierzüchterverein, die Jahresversammlung<br />

der Freien Wähler, diverse<br />

Goldene Hochzeiten <strong>und</strong> was sonst so anfiel.<br />

Meine Auftraggeber empfahlen mir,<br />

mich um ein Volontariat zu bewerben.<br />

„Studieren kann man ja dann immer<br />

noch“ sagten meine Chefs; „Taxifahren<br />

auch“, dachte ich mir - bewarb mich <strong>und</strong><br />

wurde genommen.<br />

Nach zweijähriger Ausbildung bot mir die<br />

„Schwäbische Zeitung“ 1988 den Job des<br />

Lokalredakteurs an, erst in Sigmaringen,<br />

dann 1989 in Rottweil. Die Aussicht für<br />

ordentliches Geld in der Provinz ein<br />

bisschen „Vierte Gewalt“ spielen zu können<br />

war reizvoll <strong>und</strong> studieren kann man<br />

ja auch noch später - um es vielleicht zum<br />

Politikredakteur zu schaffen. Die Sozialprognose<br />

„Taxifahrer“ glaubte ich da<br />

schon überw<strong>und</strong>en …<br />

Es folgten also zwei Jahre als Lokalredakteur<br />

mit Gemeinderats- <strong>und</strong> Kreis-<br />

tagssitzungen, Planfeststellungs- <strong>und</strong><br />

Raumordnungsverfahren. Die Arbeit<br />

machte Spaß, litt allerdings etwas unter<br />

der branchentypischen Oberflächlichkeit<br />

<strong>und</strong> einer fehlenden Tiefenschärfe. Ich<br />

hatte das Gefühl, nicht wirklich die Gegenstände<br />

meiner Berichterstattung zu<br />

durchdringen. Anders ausgedrückt: Ich<br />

entwickelte ein empirie-gesättigtes<br />

Bewusstsein für die Notwendigkeit der<br />

theoretischen F<strong>und</strong>ierung von politischadministrativen<br />

Prozessen. Außerdem<br />

stand Konstanz für hohen Freizeitwert<br />

<strong>und</strong> so immatrikulierte ich mich 1990 in<br />

der Fakultät für Verwaltungswissenschaft.<br />

Den letzten Schubs in diese Richtung gab<br />

übrigens ein Beratungsgespräch mit dem<br />

damaligen Dekan Heinrich Mäding, der<br />

als Professor für Regional- <strong>und</strong> Kommunalpolitik<br />

für einen Lokalredakteur geradezu<br />

wie die fleischgewordene Verheißung<br />

für theoretische F<strong>und</strong>ierung daherkam.<br />

Theoretische F<strong>und</strong>ierung<br />

Das Diplom der Verwaltungswissenschaft<br />

sollte mir also eigentlich den Weg aus der<br />

Lokal- in die Politik- oder gar Chefredaktion<br />

ebnen. Aber es kommt immer anders<br />

als man denkt. Ich machte zwar recht flott<br />

meine Scheine – nach der damaligen Prüfungsordnung<br />

gab es einen „sektoralen<br />

Schwerpunkt Innenpolitik“ <strong>und</strong> einen<br />

„funktionalen Schwerpunkt Politik & Verwaltung“.<br />

Bei Wolfgang Seibel <strong>und</strong> Arthur<br />

Benz schrieb ich 1994 eine Diplomarbeit<br />

mit dem Titel „Institutioneller Wandel<br />

<strong>und</strong> institutionelle Differenzierung ostdeutscher<br />

Landkreise. Ein Vergleich der<br />

Eigendynamik politischer Reformprozesse<br />

in Brandenburg <strong>und</strong> Sachsen“. Man erkennt<br />

unschwer, dass ich bei der theoretischen<br />

F<strong>und</strong>ierung doch gewisse Fortschritte<br />

gemacht habe.<br />

Für diese Art von institutionenpolitischen<br />

Ansätzen gab es gleich ein schöne Anschlussverwendung:<br />

Das Land richtete<br />

einen Forschungsschwerpunkt „Europäisierung“<br />

ein. Das hieß promovieren mit<br />

„BAT 2a/Halbe“, Reisemittel, Büro, samt<br />

Hiwi <strong>und</strong> null Lehrverpflichtung. Und der<br />

Freizeitwert von Konstanz war unverän-<br />

dert hoch (vielleicht sollte ich erwähnen,<br />

dass ich parallel zum Doktor das Bodenseeschifferpatent<br />

machte).<br />

Absprung ins Programm?<br />

Wie es sich für eine Doktorarbeit gehört,<br />

hatte auch ich schon vor der Abgabe eine<br />

ausgeprägte Neigung, etwas ganz anderes<br />

zu machen. Bei der „Schwäbischen<br />

Zeitung“ bewarb ich mich – vergeblich –<br />

als Frankreich-Korrespondent (obwohl ich<br />

mich unter meinem Doktorvater Arthur<br />

Benz intensiv mit den Stadt-Umland-Fragen<br />

der Metropolregion Bordeaux beschäftigt<br />

hatte). Beim damaligen Süddeutschen<br />

R<strong>und</strong>funk wurde ich indessen Anfang<br />

1998 als „Trainee“ eingestellt. Das<br />

war zwar eher im betriebswirtschaftlichjuristischen<br />

Bereich, aber ich dachte, ich<br />

werde den Absprung ins Programm schon<br />

schaffen. Schließlich hatte ich während<br />

des Studiums schon beim „Südfunk“ hospitiert.<br />

Aber es kommt immer anders, als man<br />

denkt. Ich beschäftigte mich überhaupt<br />

nicht mit Programm, sondern mit<br />

personalrechtlichen <strong>und</strong> finanzwirtschaftlichen<br />

Fragen der Fusion von Süddeutschem<br />

R<strong>und</strong>funk (SDR) <strong>und</strong> Südwestfunk<br />

(SWF) zum Südwestr<strong>und</strong>funk (SWR).<br />

Nach neun Monaten wurde ich nicht Redakteur,<br />

sondern Referent des Verwaltungsdirektors.<br />

Ich war dann zuständig für<br />

die Geschäftsstelle der ARD-ZDF-Finanzkommission,<br />

die seinerzeit beim SWR<br />

angesiedelt war. Hier bekam nun alles,<br />

was ich bei Benz, Seibel, Lehmbruch &<br />

Co. über Verhandlungssysteme, Entwicklungs-<br />

<strong>und</strong> Verteilungsprobleme gelernt<br />

hatte, eine praktische F<strong>und</strong>ierung.<br />

Allerdings war das so nachhaltig, dass ich<br />

erst mal die Flucht ergriff <strong>und</strong> im Herbst<br />

1999 bei ARTE in Straßburg als Referent<br />

für Unternehmensplanung anheuerte (womit<br />

sich meine Fallstudie über Bordeaux<br />

<strong>und</strong> die dabei erworbenen französischen<br />

Sprachkenntnisse doch noch irgendwie<br />

bezahlt machten).<br />

Nie wieder Verwaltung in einer großen<br />

R<strong>und</strong>funkanstalt, sagte ich mir. Aber es<br />

08 KonText <strong>21</strong> I <strong>November</strong> <strong>2007</strong>

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