Ausgabe Nr. 21 / November 2007, Thema: Verwalter und - KonNet e.V.
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Hätten Sie es gewusst?<br />
Sicherlich gibt es einige Hinweise im<br />
nachfolgenden Text, die auf die Entstehungszeit<br />
hindeuten (die Lösung finden<br />
Sie an anderer Stelle dieser KonText-<strong>Ausgabe</strong>).<br />
Allerdings erscheint die darin geführte<br />
Debatte auch heute noch aktuell –<br />
hat sich also seither gar nichts geändert?<br />
Beamtenabbau I<br />
Abseits von der Parteien Hass <strong>und</strong> Gunst<br />
muss man wohl das Problem des Berufsbeamtentums<br />
<strong>und</strong> der Besetzung der Verwaltung<br />
mit den Kräften, die sie zur Erfüllung<br />
ihrer Aufgaben braucht, sorgfältig<br />
prüfen. Es besteht wohl in keiner anderen<br />
Frage in Deutschland zur Zeit annähernd<br />
so viel Einigkeit darüber, dass der<br />
aufgeblähte Behördenapparat unbedingt<br />
auf einen erträglichen Umfang zurückgeführt<br />
werden muss.<br />
Schon vor dem ersten Weltkrieg haben<br />
sich die Volkswirte den Kopf zerbrochen<br />
über das „Gesetz von den wachsenden<br />
Staatsausgaben“. Es besagt, dass in der<br />
zunehmenden arbeitsteiligen Wirtschaft<br />
mit der stärkeren Besiedlung aller Gebiete<br />
der Erde, mit dem engeren Beieinanderwohnen,<br />
mit der immer großräumigeren<br />
Entwicklung des Verkehrsnetzes <strong>und</strong> der<br />
dadurch bedingten engeren Zusammenarbeit<br />
auch die Aufgaben des Staates <strong>und</strong><br />
der anderen Gebietskörperschaften wachsen.<br />
Für wachsende Aufgaben braucht<br />
man notwendigerweise auch wachsendes<br />
Personal.<br />
Überwindung des Trägheitsmoments<br />
Wir hoffen, dass der Abbau der Zwangsmaßnahmen<br />
in Deutschland, wie er auch<br />
nach <strong>und</strong> nach allmählich auf dem Gebiete<br />
der Wirtschaft sich vollzieht, zu einem<br />
echten Verschwinden großer Aufgabengebiete<br />
der öffentlichen Verwaltung<br />
führen wird. Es ist nötig, hier das Trägheitsmoment<br />
der in den betroffenen Verwaltungen<br />
tätigen Menschen zu überwinden<br />
<strong>und</strong> im Interesse des Ganzen den<br />
Aufgabenabbau <strong>und</strong> damit das Überflüssigwerden<br />
eines großen Teiles des Personals<br />
zu erzwingen.<br />
Nur so ist eine wirkliche Rationalisierung<br />
möglich. Dann soll man aber nicht jene<br />
Menschen entlassen, die sich zufällig gerade<br />
in einem abzubauenden Behördenzweig<br />
befinden. Die Behörden sollten vielmehr<br />
die besten behalten <strong>und</strong> die unqualifiziertesten<br />
nach Hause schicken, damit<br />
sie sich einer produktiveren Beschäftigung<br />
zuwenden können. Für das verbleiben im<br />
öffentlichen Dienst muss die Leistung ausschlaggebend<br />
sein. Erst bei gleicher Eignung<br />
können andere Umstände, wie soziale<br />
oder auch politische Verhältnisse, in<br />
angemessenen Grenzen berücksichtigt<br />
werden.<br />
Gegen wen richtet sich der Zorn der Bevölkerung<br />
am meisten? Im Allgemeinen<br />
gegen die Angestellten derjenigen Ämter,<br />
die das <strong>und</strong>ankbarste Los gezogen haben,<br />
die nämlich auf Wohnungsämtern, Bezugsscheinstellen,<br />
Requisitions- <strong>und</strong> Ernährungsämtern<br />
sich mit der Not unserer<br />
Tage herumzuschlagen haben. In den<br />
wenigsten Fällen handelt es sich bei diesen,<br />
in den vergangenen Jahren außerordentlich<br />
hart angespannten Menschen, um<br />
Berufsbeamte. Es sind meist Angestellte<br />
die aus anderen Berufen übernommen<br />
wurden <strong>und</strong> treu <strong>und</strong> nach bestem Können<br />
ihre Pflicht getan haben. Wenn es zu<br />
Reibungen gekommen ist, dann lagen sie<br />
meist in der Natur der Sache begründet<br />
<strong>und</strong> nicht in der Person des öffentlichen<br />
Angestellten. Natürlich gibt es auch hier<br />
Ausnahmen. Besehen wir uns die Ausnahmen<br />
näher, dann kommen wir zu der überraschenden<br />
Feststellung, dass die Behandlung<br />
von hilfesuchenden Menschen durch<br />
den Angestellten oder Beamten im wesentlichen<br />
eine Frage der Sicherheit <strong>und</strong> des<br />
Taktes <strong>und</strong> damit eine solche der beruflichen<br />
Kenntnisse <strong>und</strong> der Ausbildung ist.<br />
Und damit sind wir beim Kern der Sache.<br />
Auch der öffentliche Dienst braucht seine<br />
Fachleute. Man lässt keinen guten<br />
Anzug von einem Zahntechniker machen<br />
<strong>und</strong> behandelt seine Zähne nicht beim<br />
Schuhmacher. Genau so braucht man auch<br />
den für die schwierigen Gegenwartsverhältnisse<br />
geschulten Verwaltungsmann.<br />
In fast allen Ländern ist der Verwaltungsbeamte<br />
mit gewissen Sicherungen<br />
seiner Existenz umgeben worden, die<br />
ihn von dem Angestellten in der privaten<br />
Neues<br />
Wirtschaft unterscheiden. Man kann darüber<br />
streiten, ob diese Sicherungen übertrieben<br />
oder noch vollkommen zeitgemäß<br />
sind. Sie hatten <strong>und</strong> haben aber ihren guten<br />
Sinn. Eine Reihe von Bestechungsaffären<br />
haben die Augen der Öffentlichkeit<br />
auf den öffentlichen Dienst gerichtet.<br />
Wenn wir näher zusehen, dann erkennen<br />
wir deutlich die Tatsache, dass die gesicherte<br />
Beamtenschaft für äußere Einflüsse<br />
<strong>und</strong> Gefahren viel weniger zugänglich<br />
ist, als der lediglich im privaten Dienstverhältnis<br />
beschäftigte Behördenangestellte.<br />
Die Sauberkeit der Verwaltung, an<br />
der die ganze Öffentlichkeit interessiert<br />
ist, ist nicht nur durch Zwang, sondern<br />
auch durch eine gewisse menschliche Sicherung<br />
leichter zu erhalten.<br />
Ausruhen auf den Lorbeeren<br />
Natürlich spricht auch manches gegen<br />
diese Sicherung. Es könnte manchem<br />
Beamten nicht schaden, wenn er etwas<br />
stärker den Unbilden des Existenzkampfes<br />
ausgesetzt wäre <strong>und</strong> damit stärker teilhätte<br />
an allen Sorgen unserer Zeit. So<br />
mancher hat auch nicht das rechte Verhältnis<br />
zu der von ihm geforderten Leistung<br />
<strong>und</strong> ruht sich auf seinen Lorbeeren<br />
aus. Er könnte sicher stärker beflügelt<br />
werden, wenn er sich nicht der wohlerworbenen<br />
Rechte des Beamtentums erfreute.<br />
Man sollte aber nach unserer Überzeugung<br />
die Frage des Berufsbeamtentums<br />
nicht so stellen, dass man die Beamtenschaft<br />
aller ihrer Rechte entkleidet. Umgekehrt<br />
sollte man vielmehr dahin gelangen,<br />
die – übrigens durch die Kriegs- <strong>und</strong><br />
Nachkriegsereignisse auch recht zweifelhafte<br />
gewordene – Sicherheit der Existenz<br />
in geeigneter Form nach <strong>und</strong> nach der<br />
gesamten schaffenden Bevölkerung zugutekommen<br />
zu lassen. Der sozialen Gerechtigkeit<br />
ist weniger damit gedient, einer<br />
relativ kleinen Menschenschicht ihre<br />
Sicherheit zu nehmen, als vielmehr der<br />
großen Masse unserer Bevölkerung eine<br />
größere soziale Sicherheit zu geben.<br />
Fritz Erler<br />
Christoph Schiedel<br />
KonText <strong>21</strong> I <strong>November</strong> <strong>2007</strong> 29