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Schwerpunktthema: - Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag

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Wohnungen, Strom und Gas – über kommunale<br />

Daseinsvorsorge am Beispiel Dresden<br />

Im März 2006 hat Dresden seine Wohnungsgesellschaft<br />

WOBA verkauft und sich<br />

damit schuldenfrei gemacht.<br />

Die bejubelte Schuldenfreiheit war mit<br />

47.000 Wohnungen, 3.810.000 Quadratmeter<br />

Stadtfl äche und der Verunsicherung<br />

zehntausender Mieterinnen und Mieter sowie<br />

hunderter Beschäftigter der WOBA<br />

Dresden erkauft worden.<br />

Im Ringen um den Verkauf, an dem auch<br />

die damalige Stadtfraktion der <strong>LINKE</strong>N zerbrach,<br />

wurde <strong>im</strong>mer behauptet, öffentliches<br />

Eigentum sei bei Gütern der Daseinsvorsorge<br />

<strong>im</strong> Allgemeinen und bei Wohnungsbeständen<br />

<strong>im</strong> Besonderen nicht mehr oder zumindest<br />

nicht mehr <strong>im</strong> bisherigen Umfang<br />

erforderlich. Soziale Wohlfahrt könne auch<br />

gesichert werden, wenn diese sich weitgehend<br />

<strong>im</strong> Privateigentum, insbesondere<br />

auch <strong>im</strong> Besitz von Kapitalfonds befi nden.<br />

Die Schuldenfreiheit der öffentlichen Hand<br />

sei ein Wert an sich, nein gar ein „sozialpolitischer<br />

Imperativ “ und: Dresden schuldenfrei<br />

zu machen sei ein wichtiges Signal<br />

für ganz Deutschland.<br />

Wie sieht es nun heute in Dresden mit dem<br />

ehemaligen Bestand der WOBA Wohnungen<br />

aus? Anfang des Jahres berichteten mehrere<br />

Zeitungen über die Bilanz des börsennotierten<br />

Gagfah-Konzerns, an den der gesamte<br />

kommunale Wohnungsbestand verkauft<br />

worden war. Der Konzern könne aus dem<br />

Gleichgewicht geraten, weil Großaktionär<br />

Fortress zu hohe Renditen erwartet,<br />

hieß es da. Und<br />

tatsächlich<br />

führt bereits der alte Firmenname des Woba-Käufers<br />

in die Irre: Gagfah steht für „Gemeinnützige<br />

Aktiengesellschaft für Angestellten-He<strong>im</strong>stätten“.<br />

Gemeinnützig ist das<br />

Unternehmen aber schon längst nicht mehr.<br />

Die Gagfah ist inzwischen Deutschlands<br />

größter börsennotierter Immobilienkonzern,<br />

herrscht über 170.000 Wohnungen und<br />

strebt vor allem eines an: Profi t. Die Sächsische<br />

Zeitung schreibt am 3. Januar: „In<br />

der Tat spart die Gagfah, wo sie nur kann.<br />

Mieter, die sich telefonisch an den Konzern<br />

wenden, landen in einem Call-Center. Heizkostenberechnung<br />

und Hausmeisterdienste<br />

haben Fremdfi rmen übernommen. In Dresden<br />

ist seit September 2008 nicht mehr die<br />

Gagfah für die Instandhaltung ihrer rund<br />

41.000 Wohnungen zuständig, sondern die<br />

Firma BO aus dem bayerischen Bad Aibling.<br />

Der Gewinn speist sich vor allem aus Mieten<br />

und Wohnungsverkäufen. 2008 kamen<br />

allein aus dem Dresdner Gagfah-Bestand<br />

78 Millionen Euro zusammen.“<br />

Der Totalverkauf der WOBA also hat erhebliche<br />

negative Auswirkungen. Die Stadt<br />

hat jegliche Einfl ussnahme auf Wohnungsangebot,<br />

Mietmarkt und Wohnkl<strong>im</strong>a verloren<br />

und muss sich bei der aktiven Gestaltung<br />

von Stadtentwicklung, Wohnumfeld<br />

und Stadtumbau stark einschränken. Die<br />

Mieten steigen, der Wohnungsleerstand<br />

sinkt, die Gagfah<br />

verkauft die<br />

„Filetstücke“<br />

„Filetstücke“<br />

und die die Unsicherheitsicherheit<br />

wächst.<br />

Dre<strong>im</strong>al verkauft: Wohnungen in der Dresdner Hauptstraße: von der WOBA zur Gagfah zur<br />

Werner Mössner Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH München<br />

Der Vorsitzende<br />

des hiesigenMietervereins<br />

sagt<br />

dazu: „So lange<br />

es in Dresden<br />

einen sehr hohen Leerstand gab, hatten<br />

die Mieter auf dem Markt das Sagen. Jetzt<br />

scheint sich die Situation zu ändern. Wir hatten<br />

<strong>im</strong> vergangenen Jahr so viele Neuaufnahmen<br />

wie schon seit zehn Jahren nicht mehr“.<br />

Seit 2005 stiegen die Kaltmieten bei Neuvermietungen<br />

in Dresden durchschnittlich um<br />

ca. 20 Prozent. Mit Ausnahme von Plattenbauwohnungen<br />

mit geringer Ausstattung in<br />

einfachen Lagen haben sich die Mieten jährlich<br />

um etwa vier Prozent erhöht. Am höchsten<br />

sind die Steigerungen mit 33 Prozent bei<br />

Wohnungen, die nach 1948 gebaut wurden<br />

und einen mittleren Wohnwert aufweisen.<br />

Wohnungen mit gutem Wohnwert stiegen um<br />

27 Prozent. Damit sind die Mieten allgemein<br />

in der Stadt bereits mit denen westlicher<br />

Großstädte wie Hannover vergleichbar.<br />

Für <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> beweist die Entwicklung<br />

einmal mehr, dass öffentliche Güter, wie<br />

die Energie, die Wasserver- und -entsorgung,<br />

der öffentliche Nah- und Fernverkehr,<br />

ein Teil der Wohnungen, die medizinische<br />

Versorgung, das Gros der Kultur- und<br />

Bildungseinrichtungen entweder vor Privatisierung<br />

zu bewahren oder wieder zu<br />

vergesellschaften sind. Öffentliche Güter<br />

oder Güter der öffentlichen Daseinsvorsorge<br />

müssen für alle Bürgerinnen und Bürger<br />

chancengleich zugänglich sein und bereitgestellt<br />

werden.<br />

Im Laufe der letzten Jahre hat sich sowohl die<br />

öffentliche Debatte als auch die praktische<br />

politische Haltung zum neoliberalen Angriff<br />

auf die Güter der öffentlichen Daseinsvorsorge<br />

geändert. Nicht nur in Dresden, auch in<br />

vielen deutschen Städten wurden erfolgreich<br />

Bürgerbegehren durchgeführt, so 2008 in<br />

Leipzig zu den Stadtwerken, ebenfalls 2008<br />

in Meißen zum Krankenhaus und 2007 in<br />

Freiburg zum Wohnungsbestand.<br />

Der Dresdener Weg der Privatisierung sämtlicher<br />

städtischer Wohnungen war ein Irrweg.<br />

2010 scheint man daraus gelernt zu<br />

haben: Im März dieses Jahres st<strong>im</strong>mte der<br />

Dresdner Stadtrat dem Kauf der Energieversorgungsgesellschaft<br />

GESO von der Baden-<br />

Württembergischen EnBW zu. Damit wird<br />

der Weg der Re-Kommunalisierung gegangen.<br />

Eine eigenständige kommunale Energiepolitik<br />

mit fairen Preisen für die Endverbraucher<br />

wird wieder möglich.<br />

Hans-Jürgen Muskulus<br />

Stadtrat <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> in Dresden<br />

10 pvl 2/2010<br />

Foto: CM

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