Schwerpunktthema: - Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
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dieser Legislatur jeden Monat für zusätzlich<br />
geschaffene Posten in den Ministerien zu berappen<br />
ist. Aufs Jahr hochgerechnet macht<br />
das 7,4 Millionen Euro – und damit fast genauso<br />
viel, wie das Sozialministerium allein<br />
bei der Jugendhilfe einsparen muss.<br />
Der Kommunale Sozialverband hat aus verwaltungstechnischer<br />
Sicht das Beste daraus<br />
gemacht, die Einsparungen ohne jegliche<br />
Fachberatung gleichmäßig verteilt und den<br />
Trägern einfach nur noch 80 Prozent Personalkosten<br />
sowie 17 Prozent Sachkostenmittel<br />
zugeteilt. Der Rest soll nun über Eigenmittel<br />
erwirtschaftet werden. Der regierungstragenden<br />
CDU scheint vor lauter Sponsoringanfragen<br />
seitens der sächsischen Wirtschaft entgangen<br />
zu sein, dass Kinder und Jugendliche<br />
nicht über breite fi nanzielle Mittel verfügen,<br />
um den Kontakt mit dem Sozialpädagogen<br />
ihres Vertrauens oder der Jugendhaus-Mitarbeiterin<br />
vor Ort durch mitgebrachte Drittmittel<br />
gegenfi nanzieren zu können. Bei einigen<br />
Trägern führt diese Politik direkt und mittelfristig<br />
in die Insolvenz, aber vielleicht ist das<br />
der innovative jugendpolitische Ansatz, gewachsene<br />
Projekte und Strukturen kaputt zu<br />
sparen, anstatt die beschlossene Jugendhilfeplanung<br />
für Sachsen umzusetzen?<br />
Die <strong>im</strong> CDU-Regierungsprogramm beschriebene<br />
„Planungssicherheit durch eine stabile<br />
Finanzierung“ erleben wir gegenwärtig an der<br />
vor allem für die Kommunen und Landkreise<br />
überraschenden Kürzung der Jugendpauschale<br />
um 27 Prozent und damit von 14,30<br />
Euro auf 10,40 Euro je Jugendlichem unter<br />
27 Jahre. Und das mitten <strong>im</strong> laufenden Haushaltsjahr.<br />
Zum Vergleich: Die mehr als 4 Millionen<br />
Euro, mit denen hier auf Kosten der<br />
nächsten Generation Haushaltskonsolidierung<br />
betrieben wird, entsprechen einem Prozent<br />
der zusätzlichen 400 Millionen Euro, die<br />
der Freistaat zur Fertigstellung des Leipziger<br />
City-Tunnels mindestens noch wird aufwenden<br />
müssen ...<br />
Den Gebietskörperschaften fehlen je nach<br />
Größe zwischen 100.000 und 560.000 Euro<br />
<strong>im</strong> laufenden Haushalt und bis Mitte März<br />
pvl 2/2010<br />
hatten bereits zehn der 13 Gebietskörperschaften<br />
in Sachsen Widerspruch gegen den<br />
Bescheid zur Kürzung der Jugendpauschale<br />
eingelegt. Die örtlichen Kämmerer und Jugendamtsleiter<br />
haben nachgerechnet, wie<br />
sich die Kürzungen auf die Strukturen auswirken:<br />
In einem Landkreis ist von der Entlassung<br />
von 30 Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen<br />
die Rede, <strong>im</strong> Landkreis<br />
Meißen werden ab Juli statt 35 nur noch 23<br />
sozialpädagogische Fachkräfte in der Jugendarbeit<br />
tätig sein und der Landkreis Nordsachsen<br />
rechnet mit einer Reduzierung von 47 auf<br />
36 Fachstellen.<br />
Die schwarz-gelbe, fi skalisch gesteuerte Bildungs-<br />
und Sozialpolitik in Sachsen ist unausgegoren<br />
und weit weg von fachlichen<br />
Überlegungen. Der einzige Orientierungsrahmen<br />
der Staatsregierung heißt Sparen<br />
und Tillichs politischer Gestaltungswille erschöpft<br />
sich in den Varianten des Abbaus:<br />
Abbau von Personal, Abbau von Strukturen<br />
in der Jugend-, Sozial- und Gleichstellungsarbeit.<br />
Und auch wenn es ob dessen selbst in<br />
den Reihen der CDU vernehmbar grummelt,<br />
wird es wohl auch in dieser Frage be<strong>im</strong> sattsam<br />
bekannten „Kadavergehorsam“ bleiben.<br />
Als leuchtendes Beispiel dafür darf die Sozialministerin<br />
voranschreiten. Denn statt für<br />
ihr Ressort zu kämpfen und die Höhe der Einsparungen<br />
in ihrem Hause, dessen Ausgaben<br />
zu 90 Prozent Pfl ichtaufgaben sind, gegenüber<br />
dem Finanzminister infrage zu stellen,<br />
erklärte Ministerin Clauß per Zeitungsinterview:<br />
„Operationen tun <strong>im</strong>mer weh“. Ergänzend<br />
ließ Sozial-Staatssekretärin Andrea<br />
Fischer kurz darauf verlauten: „Keine Häkelkurse<br />
für Mädchen <strong>im</strong> ländlichen Raum“ und<br />
„Man kann gewisse bildungsferne Schichten<br />
einfach nicht mehr erreichen.“ Bei solchen<br />
Aussagen stellt sich die Frage nach der Qualifi<br />
kation, konkret, ob Frau Fischer als Juristin<br />
für das Amt der Staatssekretärin für Soziales<br />
tatsächlich geeignet ist.<br />
Blättert man in noch gar nicht so alten Regierungsdokumenten,<br />
dämmert es einem, wie<br />
das mit dem „Geschwätz von gestern“ in �<br />
Eltern mitgehen können. (…) Kinder<br />
und Jugendliche, aber auch pädagogische<br />
Fachkräfte sind die Adressaten<br />
der neuesten Kürzungen. Sie<br />
sollen nun einstehen für das Unvermögen<br />
von Banken und Unternehmen,<br />
aber auch das Kneifen von<br />
Politik, die sich keinen anderen Rat<br />
weiß, als dort zu kürzen, wo es, vermeintlich,<br />
am wenigsten zu spüren<br />
ist! (…)<br />
Kinder- und Jugendring Sachsen e.V.<br />
(…) Strukturen werden nachhaltig<br />
zerstört und die Beziehungsarbeit<br />
mit den Jugendlichen einfach gekippt.<br />
Und das in einer Situation, in<br />
der die rechtsextremistischen Kräfte<br />
insbesondere <strong>im</strong> ländlichen und<br />
kleinstädtischen Bereich jede Chance<br />
nutzen, Räume zu besetzen, radikale<br />
Lösungen anzubieten und sich<br />
<strong>im</strong> Ehrenamt breit machen. Wir können<br />
Rechtsextremismus nicht bekämpfen,<br />
wir können aber jegliche<br />
Form von Extremismus verhindern<br />
oder <strong>im</strong> Ke<strong>im</strong> ersticken – indem wir<br />
als verlässliche Ansprechpartner/<br />
innen mit Kindern und Jugendlichen<br />
in Kontakt sind, uns für sie interessieren<br />
und mit ihnen sprechen, Räume<br />
zum Probieren und Lernen bereit<br />
stellen, außerschulische Bildung<br />
anbieten und sie bei Problemen<br />
unterstützen. (…) Es braucht ein<br />
klares Bekenntnis der politischen<br />
Verantwortungsträger/innen <strong>im</strong><br />
Freistaat Sachsen, dass eine nachhaltige<br />
Kinder- und Jugendarbeit<br />
gewollt ist (…).<br />
Ulrike Worbs-Reichenbach,<br />
Vorsitzende KJR Meißen e.V.<br />
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