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Etty Keizer, Kaldenkirchen - The 3 Saints

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V.l. Emma, Pauline, Bertha und Jettchen Levy. (255)<br />

ne Absicht, von England nach Palästina, dem heutigen<br />

Israel zu gehen, ließ sich nicht verwirklichen.<br />

Als ausländische Flüchtlinge sollten wir nach Kanada<br />

in Sicherheit gebracht werden. Auf hoher See<br />

bekam der Kapitän den Befehl, Kurs auf Australien<br />

zu nehmen. Nach einer langen Seereise von sieben<br />

Wochen kamen wir in Australien an. Die australischen<br />

Behörden machten große Augen, als sie uns<br />

erblickten. Sie glaubten Kriegsgefangene zu erhalten,<br />

aber es waren nur Rechtsanwälte, Doktoren,<br />

Amtsrichter, Kaufleute und zwei Rabbiner, die da<br />

von Bord des Schiffes kamen. Nach einigen Monaten<br />

wollte man mich für die englische oder australische<br />

Armee verpflichten, was ich natürlich verweigerte.<br />

Ein englischer Major, der die Flüchtlingsangelegenheit<br />

unter sich hatte, eröffnete mir: „Dann<br />

können Sie nach Palästina auswandern!“ In England<br />

hatte man mir die Weiterreise in den Nahen<br />

Osten verweigert, daher war meine Antwort: „Sie<br />

haben mich nach hier gebracht und bringen mich<br />

auch wieder nach England zurück!“ So kehrte ich<br />

dann 1943 Australien wieder den Rücken.<br />

Durch den Krieg war es mir nicht mehr möglich,<br />

meine Angehörigen rechtzeitig aus Deutschland<br />

herauszuholen. Mein Schwiegervater und<br />

meine Eltern sind beide in <strong>The</strong>resienstadt umgekommen.<br />

Meine Schwiegermutter starb noch gerade<br />

vor dem Transport. Meine Frau Hilde ist von<br />

<strong>The</strong>resienstadt mit einem Transport in das Lager<br />

„Stutthof“ bei Danzig gekommen. Von dort wurden<br />

Tausende KZ-Häftlinge auf ein Schiff verladen<br />

und dann mit dem Schiff versenkt. Die Information<br />

habe ich bekommen von einem Mann namens<br />

Winter aus Korschenbroich. Der ist am Leben geblieben<br />

und hat mir die ganze Geschichte erzählt,<br />

sonst hätte ich das nie erfahren. Das muß vor Ende<br />

des Krieges gewesen sein. Nach dem Krieg habe ich<br />

in Korschenbroich auf dem jüdischen Friedhof einen<br />

Grabstein setzen lassen für meinen Schwiegervater<br />

und meine Frau.<br />

Fritz Klaber und ich sind die einzigen unserer<br />

Breyeller Gemeinde, die alles überlebt haben, mit<br />

Ausnahme derjenigen, die rechtzeitig ausgewandert<br />

sind. Klaber Hermann, ein Bruder von Fritz,<br />

lebte auch hier in New York, ganz in der Nähe. Er<br />

hat sich Mitte der achtziger Jahre das Leben genommen,<br />

etwa zur gleichen Zeit wie Albert Sanders.<br />

Unsere Breyeller Bürger sind früher auf dem<br />

Brachter Friedhof beerdigt worden, auch unsere<br />

Großeltern liegen dort begraben. Jakob Klaber, der<br />

Vater von Fritz, liegt als einziger in einem Einzelgrab<br />

auf dem katholischen Friedhof in Breyell.<br />

Mein Bruder Ernst hat in Burgsteinfurt geheiratet<br />

und war dann Inhaber der „Markus Matzenfabrik“.<br />

Als Hitler das Rheinland besetzte, hat er sein Geld<br />

in die Matzen gebacken, nach Holland gebracht<br />

und ist auch dort geblieben. Nach dem Einmarsch<br />

der Deutschen ist er mit seiner Frau und einer Toch-<br />

291<br />

ter nach Palästina gegangen. Nach dem Krieg wollte<br />

er wieder nach Holland zurück, hatte aber kein Geld,<br />

und daraufhin habe ich ihm die Summe von England<br />

geschickt. In Holland hat er sich wieder hochgearbeitet<br />

und ist dort 1990 gestorben. Josef Levy<br />

junior, mein Cousin, ist 1936 während der Hitlerzeit<br />

von Breyell nach Amerika gegangen. Der hatte<br />

drei Söhne, Walter, Alfred und Richard. Richard ist<br />

als amerikanischer Soldat unter Kommandant<br />

Patten ins Rheinland zurückgekommen. Der war<br />

nach der Invasion stationiert in Rheindahlen. Das<br />

erste, was er gemacht hat: Der ist mit einem schwarzen<br />

Soldaten in einem Jeep nach Breyell gefahren,<br />

um den Lormann aufzusuchen. Lormann, der frühere<br />

Ortsgruppenleiter der NSDAP, und Kottmann<br />

in Leutherheide waren die Größten unter den Nazis.<br />

Ich glaube aber, die hatten sich längst abgesetzt<br />

oder waren schon bei den Engländern interniert.<br />

Das ist mein Lebenslauf. Ich freue mich, heute<br />

von Leuten zu hören, die ich früher gekannt habe,<br />

das zeigt, wie klein die Welt ist.<br />

Parteigenosse Lormann,<br />

Ortsgruppenleiter der NSDAP. (256)

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