Ilse <strong>Keizer</strong> als Krankenschwester im Nederlands Israelitisch Ziekenhuis (NIZ), Amsterdam, 1941, 27 Jahre alt. „Mit einem Gruss von Deiner Ilse.“ (248) 285
Malka (Maly) Gat und Moshe Wagner, Tel Aviv/Israel Unsere Mutter Ilse Wagner wurde am 5. Juni 1914 als jüngstes Kind der Familie <strong>Keizer</strong> in <strong>Kaldenkirchen</strong> geboren. Etwa 1932, im Alter von 18 Jahren, ging sie nach Holland, um in Apeldoorn eine Ausbildung als Krankenschwester zu absolvieren. Nach bestandener Prüfung übernahm sie eine Stelle im N.I.Z. Nederlands Israelitisch Ziekenhuis (Krankenhaus) und später im C.I.Z. Centraal Israelitisch Ziekenhuis, Jacob Obrechtstraat, Amsterdam. Zum Zeitpunkt Ihres Untertauchens arbeitete Ilse für das weiß-gelbe katholische Kreuz mit der Bezeichnung „ooievaar” (Storch), das heißt, sie stand den Wöchnerinnen nach der Entbindung auch privat zur Seite. Als die deutschen Besatzer im Dezember 1943 kamen, um alle Patienten und das gesamte Personal jüdischen Glaubens abzuholen und in Konzentrationslager zu deportieren, gelang es ihr wie durch ein Wunder zu verschwinden. In der Dunkelheit traf sie einen Angehörigen der holländischen Untergrundbewegung, der ihr neue Papiere besorgte und ihr die Adresse des Ehepaars Cliteur nannte. Sie hat Namen und Herkunft des Mannes nie erfahren und ist ihm nie wieder begegnet. Anton und Tonia Cliteur wohnten in Haarlem, Roerdompstraat 32. Am 15. Dezember 1943 wurde ihre Tochter Mirjam geboren. Vater Anton erlebte noch die Geburt seiner Tochter, wurde jedoch zwei Tage später im Alter von 31 Jahren von der Polizei der deutschen Besatzer abgeholt und als Zwangsarbeiter nach Berlin geschickt. Hier mußte er während des Krieges bei einer Börsenzeitung und anschließend beim Verlag „Die Wehrmacht”, Schützenstraße, Arbeiten verrichten. Auf einer Postkarte schrieb er am 22.6.1944 an seine Frau: „Eben eine kurze Nachricht nach der großen Bombardierung von Berlin. Dann weißt Du wenigstens, daß ich noch lebe. Wir haben die Flugzeuge vorbeifliegen sehen. Der Betrieb hat auch wieder was abbekommen. Aber soviel ich weiß, ist keinem der Holländer was passiert. Das ist ein großes Glück. Bete nur viel, daß es bald vorbei ist, dann sind wir wieder zusammen.” Anton Cliteur überstand den Krieg und kehrte erst Ende Juni 1945 wieder zu seiner Familie zurück. Ilse kam am 18. Dezember 1943 zu Tonia Cliteur nach Haarlem. Sie half der jungen Mutter im Haushalt und kümmerte sich um die Pflege und Versorgung des neugeborenen Kindes. Sie trug stets eine weiße Tracht und eine Brosche mit dem Kreuz ihrer Hilfsorganisation, so daß Außenstehende annahmen, sie sei eine Christin. Tonia blieb jedoch nicht verborgen, daß sie auf der Flucht vor den Deutschen war. Nach einigen Tagen fragte sie Ilse, ob sie Jüdin sei, was diese bejahte. Ilse hatte dunkelblondes Haar und grüne Augen, was ihr bei der falschen Identität zugute kam. Die Familie war sehr zuvorkommend zu ihr, auch als andere Familienmitglieder die Hintergründe erfuhren, behelligte man sie in keinster Weise, so daß sie weiter versteckt bleiben konnte. Vorübergehend arbeitete sie als private Krankenschwester in Bloemendaal, bis das für sie zu gefährlich wurde. Während sie nun im Haus blieb und sich liebevoll um die kleine Mirjam kümmerte, ging Tonia mit ihrem Onkel in der Hungersnot zu Fuß mit einer Handkarre bis zu 90 km nach Ursern und Spierdijk bei Alkmaar zu verwandten Bauern, um Essen zu beschaffen. Schließlich war Tonia gezwun- Hochzeit Anton und Tonia Cliteur in Haarlem, Zaanenstraat 15, am 3.10.1940. (249) 286 gen, sich von dem zu trennen, was ihr am Liebsten war, und zwar von der mit Gold- und Edelsteinen verzierten Kopfbedeckung der Tracht ihrer Mutter, die vorwiegend von reichen Bäuerinnen Westfrieslands getragen wurde. Durch die Wirren des Krieges wurden Tonia, ihre Tochter und Ilse zwischenzeitlich evakuiert zur Familie Ruiter, dem Vater und den Geschwistern von Tonia, Zaanenstraat 15. Während einige Familienmitglieder über Ilses bedrohliche Situation informiert waren, hat der Vater dies offiziell nie erfahren. Ilse und Tonia hatten eine schwere Zeit zu überstehen, aber sie haben auch viel gelacht. Sie blieben zusammen bis zum Ende des Krieges im Mai 1945. Tonia schickte noch Pakete an Ilses Bruder Paul und seine Familie in das Lager <strong>The</strong>resienstadt und nahm Nada nach ihrer Rückkehr bei sich auf. Unser Vater Shmuel Wagner kämpfte als Soldat in der „Jewish Brigade” der British Army in ganz Europa und lernte unsere Mutter unmittelbar nach dem Krieg in Amsterdam kennen. Sie heirateten 1946. Palästina stand unter britischem Mandat mit strenger Einwanderungsbeschränkung. Als Angehöriger der britischen Armee war es jedoch für unseren Vater kein Problem, die Emigration für seine Frau und sich zu arrangieren. Beide lebten zunächst im Kibbutz Usha, zogen dann nach kurzer Zeit nach Kiryat-Haim, einem Vorort von Haifa, wo sie die Zeit bis an ihr Lebensende verbrachten. Sie sind beerdigt auf dem Friedhof von Haifa an den Hängen des Mount Carmel. Unsere Mutter hat uns von Kind an regelmäßig über die Zeit berichtet, so schlimm wie es war, denn sie wollte, daß wir uns immer daran erinnern und ihre Geschichte auch an unsere Kinder weitergeben. Ilse blieb ihren Lebensrettern ihr Leben lang in Dankbarkeit verbunden. Die genauen Angaben über die Zeit des Untertauchens von Ilse <strong>Keizer</strong> in Haarlem sind der Auskunft von Mirjam Cliteur, Niederlande, zu verdanken.
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