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<strong>Martin</strong> <strong>Wagenschein</strong>: Zusammenhänge der Naturkräfte. Das Gefüge des physikalischen Naturbildes, Braunschweig: Vieweg 1937<br />

28. Januar 2000<br />

{6}<br />

Holzkugel, und eine kleine Eisenkugel ist weniger träge als eine sehr große Holzkugel.<br />

Du wunderst dich, daß ich nicht einfach „schwer“ sage statt „träge“? Aber wir<br />

waren übereingekommen, von Schwere nicht mehr zu sprechen -, es könnte Verwechslungen<br />

geben.<br />

Das ist der Grund, weshalb ich dich in den leeren Weltraum führte. Wir hätten ja<br />

zu diesem Spiel die Erde nicht unbedingt verlassen müssen. Du hättest auch dort<br />

verstanden, was Trägheit ist. Aber du hättest diese Eigenschaft mit „Schwere“<br />

verwechselt. Aber hier draußen, ohne Erde, ist Schwere ja nicht mehr da, und die<br />

Trägheit ist geblieben. Es ist hier leichter, beide auseinanderzuhalten. Freilich:<br />

das, was besonders träge ist, auch im Himmelsraum noch, das ist auf Erden auch<br />

besonders schwer. Das ist so, aber das ist seltsam, und nicht selbstverständlich.<br />

Es sind doch zwei ganz verschiedene Dinge, der Zug zur Erde und der Widerstand<br />

gegen einen Stoß. Davon später (S. 13).<br />

Du mußt dir diesen Unterschied, und das was das Wort “träge” meint, sehr<br />

deutlich machen: die Schwere ist eine irdische Kraft, sie zieht immer nach unten,<br />

und sie tut es immerfort. Die Trägheit geht mit den Dingen, wohin sie auch<br />

gebracht werden in der Welt. Sie bleibt bei ihnen, aber sie zeigt sich nicht immer.<br />

Sie schläft gleichsam in ihnen, erwacht immer dann, wenn ein Stoß das Ding in<br />

Bewegung bringen, oder wenn ein Hemmnis es aufhalten will. Dann wacht sie auf<br />

und zeigt sich als ein Nichtwollen. Was will der Körper nicht? Er will die<br />

Bewegung nicht, wenn er ruhte, - er will die Ruhe nicht, wenn er flog. Er will das<br />

weiterhin, was er tat: geradeaus, und nicht schneller und nicht langsamer. Er ist -<br />

was Bewegung angeht – “träge”; das heißt hier nicht: “faul”, sondern: beharrlich,<br />

eigensinnig, schwerfällig, konservativ, widerspenstig gegen das Neue, unfolgsam.<br />

Wir dürfen die Trägheit ruhig eine Naturkraft nennen. Sie macht uns viel zu<br />

schaffen und meist wirkt sie zerstörend. Wenn ein Gefäß zerbricht, das zu Boden<br />

fällt oder gegen die Wand geschleudert wird, so geht das so vor sich - der eine<br />

Teil des Gefäßes wird vom Boden oder von der Wand schon aufgehalten, gebremst;<br />

der andere kümmert sich nicht darum, er fliegt beharrlich, eigensinnig<br />

weiter und zerreißt so den Zusammenhang mit dem anderen Teil.<br />

Auf CD-ROM gefasst von Prof. Dr. Michael Soostmeyer, Essen 2000, Kraneburgstraße 81, D 46240 Bottrop

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