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Bild - Martin Wagenschein

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<strong>Martin</strong> <strong>Wagenschein</strong>: Zusammenhänge der Naturkräfte. Das Gefüge des physikalischen Naturbildes, Braunschweig: Vieweg 1937<br />

28. Januar 2000<br />

{36}<br />

Aber auch ein Übermaß von Wärme wird dem Leben wieder gefährlich: es macht<br />

das Folgsame ungebärdig, das Bewegliche bewegt nun selbst und zerstört. Sein<br />

wirres und ungeordnetes Gewimmel zerreißt die kunstvollen Bauten des lebendigen<br />

Leibes. Hitze tötet wie Frost. - Deshalb ist auch weder das Harte noch das<br />

Luftartige der eigentliche Baustoff der Lebenskraft. Darum machte sie ihre ersten<br />

Versuche in den Meeren der Vorzeit, und darum sind die Leiber der Tiere und<br />

Pflanzen aus Flüssigem gebildet, gerade in den Teilen, die am meisten lebendig<br />

sind.<br />

Eine Lücke<br />

So könnten wir also wohl zufrieden sein mit unserer Erkenntnis: Wärme ist innere<br />

Bewegung des Stoffes.<br />

Aber, hast du bemerkt, daß da eine Lücke ist? Daß es eine Naturerscheinung gibt,<br />

die unverständlich und dunkel bleibt? Etwas, das nicht paßt in dieses <strong>Bild</strong>? Oder,<br />

wie sollen wir es verstehen, daß die Sonnenwärme auf die Erde kommt? Denn der<br />

Raum zwischen Sonne und Erde ist leer! –<br />

Zwei Kugeln stehen sich gegenüber, zwischen ihnen ist eine weite Leere. Die eine<br />

ist sehr heiß, also ein von stürmischer innerer Bewegung durchtobter Gasball. Die<br />

andere ist kühl, das heißt: ihre innere Unruhe ist nur leicht. Und nun erleben wir<br />

den warmen Sonnenschein! Die innere Bewegung der Erde bekommt etwas ab<br />

von der der Sonne 19 ! Und doch ist keine Berührung da, keine stoffliche Brücke,<br />

auf der die Bewegung stoßend fortschreiten könnte, Schritt für Schritt, so wie sie<br />

es tut im Löffel auf dem Weg vom heißen Getränk zur Hand.<br />

Unwillkürlich kommt man auf den Gedanken, der Stoff selbst, aufgelöst, verdampft<br />

durch seine innere Bewegung, flöge vielleicht in feinen Trümmern herüber<br />

und schlüge hier wie ein Hagel winziger Geschosse ein, deren Wucht nun<br />

auch hier die innere Unruhe verstärkte. Wenn es so wäre, müßte der Wärmestrahlende<br />

Körper leichter und leichter werden und schließlich zerstäuben. Das ist<br />

aber nicht so. Er verliert die Bewegung seines Stoffes, aber nicht seinen Stoff<br />

selbst.<br />

Nein, die „Wärme unterwegs“ scheint eine völlig andere zu sein wie die in den<br />

Körpern „seßhafte Wärme“. Es ist als zöge sie eine Tarnkappe über, wenn sie auf<br />

die Reise geht.<br />

19 Direkt können wir nur den Gewinn der Erde kontrollieren, nicht den Verlust der Sonne. Aber die gleichen<br />

Verhältnisse lassen, sich im Laboratorium herstellen: Zwei Körper verschiedener Temperatur sind getrennt durch<br />

einen luftleer gepumpten Raum, und doch gewinnt der eine, was der andere (in seiner Richtung) verliert. - Daß die<br />

Temperatur der Erde durch die ständig zustrahlende Sonnenwärme nicht immerfort zunimmt, liegt daran, daß auch<br />

sie, auf dieselbe geheimnisvolle Art wie die Sonne, ihre innere Bewegung in die Ferne verliert.<br />

Auf CD-ROM gefasst von Prof. Dr. Michael Soostmeyer, Essen 2000, Kraneburgstraße 81, D 46240 Bottrop

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