Bild - Martin Wagenschein
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<strong>Martin</strong> <strong>Wagenschein</strong>: Zusammenhänge der Naturkräfte. Das Gefüge des physikalischen Naturbildes, Braunschweig: Vieweg 1937<br />
28. Januar 2000<br />
{38}<br />
was daran unheimlich ist: man hat das Gefühl, daß alle Bewegung, die jetzt noch<br />
in der Welt sichtbar ist, dorthin drängt, daß es einmal aus sein wird mit aller großen<br />
geordneten Bewegung. Denn man spürt (und es ist durch Messungen bestätigt),<br />
daß dieser Übergang viel leichter ist, und also viel häufiger sein muß, als der<br />
umgekehrte: die Wiedergeburt einer großen Bewegung aus dem wirren Durcheinander<br />
des Kleinen. Derartiges ist zwar nicht unmöglich, es kann vorkommen<br />
(Abb. 4, Zeichnung 2), bei der Sprengung eines Vulkans z. B. (und in jedem<br />
Explosions-Motor!) Da ist es die stürmende innere Unruhe heißer Gase, die gegen<br />
die Bergwände trommelt und sie in Stücken davonschleudert. Aber solche Vorgänge<br />
sind verhältnismäßig selten, seltener als das Gegenteil, das doch immer das<br />
letzte Wort hat und das täglich um uns her geschieht, wie das Mahlen einer großen<br />
Mühle. Dazu kommt, daß Wärme sich nicht als ein brauchbarer Vorrat zusammenhält,<br />
sondern sich immer mehr nutzlos ausbreitet und verdünnt durch Leitung<br />
und Strahlung.<br />
So tut sich eine erschreckende Zukunft für die Welt auf: sie wird im Großen immer<br />
unbewegter und dafür immer gleichmäßiger warm. Man hat das den<br />
„Wärmetod“ genannt.<br />
Aber solche Schlüsse haben nicht viel Sinn. Denn wir kennen nur einen winzigen<br />
Teil der Welt und die Menschheit lebt erst eine kurze Zeit. Zwar dürfen wir glauben,<br />
daß die Gesetze, die wir „hier“ und „jetzt“ gefunden haben, überall und immer<br />
gelten. Aber es mag andere geben außerdem, die wir noch nicht kennen, solche<br />
die an anderen Orten und zu anderen Zeiten die Umstände vorfinden, die sie<br />
offenbar werden lassen. Manches spricht dafür, daß es Einflüsse gibt, die dem<br />
Untergang der Bewegung in Wärme entgegenwirken: Müßte die Welt nicht schon<br />
längst im Wärmetod erloschen und erlahmt sein? Sie steht schon lange und ist<br />
noch voller Bewegung, und immer wieder tauchen „neue Sterne“ aus dem Himmel<br />
auf.<br />
So liegt nicht nur etwas Bedrückendes in der Vorstellung der inneren Bewegung.<br />
Auch etwas Befreiendes geht von ihr aus. Die große Welt, in der die Sterne ihre<br />
genauen Wege gehen, kann uns in ihrer Ordnung erstarrt und tot vorkommen. Das<br />
Innere der Materie zeigt uns das <strong>Bild</strong> der äußersten Freiheit. Aus diesem Durcheinander<br />
kann neue Ordnung hervor-<br />
Auf CD-ROM gefasst von Prof. Dr. Michael Soostmeyer, Essen 2000, Kraneburgstraße 81, D 46240 Bottrop