Bild - Martin Wagenschein
Bild - Martin Wagenschein
Bild - Martin Wagenschein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Martin</strong> <strong>Wagenschein</strong>: Zusammenhänge der Naturkräfte. Das Gefüge des physikalischen Naturbildes, Braunschweig: Vieweg 1937<br />
28. Januar 2000<br />
{20}<br />
Die Geschwindigkeit der trägen Erde muß also im Gleichgewicht sein mit der<br />
Gravitationskraft, mit der der Mond sie in ihrem bestimmten Abstand noch anzieht.<br />
Nun ist die Erde aber kein Punkt. Sie erfüllt einen großen Raum. Für ihren Mittelpunkt<br />
stimmt der Ausgleich zwischen Gravitation und Geschwindigkeit genau.<br />
Für die anderen Erdpunkte aber nicht. Um das zu verstehen, mußt du wissen, daß<br />
alle Orte der schleudernden Erdkugel dieselbe Geschwindigkeit haben und gleich<br />
große Kreise machen, wie die Schweife in Abb. 2 zeigen. Man denkt zuerst, die<br />
mondnahen Punkte müssen kleine, die mondfernen große Kreise machen. Aber so<br />
wäre es nur, wenn Mond und Erde durch eine feste Stange verbunden wären.<br />
Nimm eine Bratpfanne, halte sie flach gegen die Wand, den Stiel nach unten, und<br />
fahre sie an der Wand in einem Kreis herum, aber so, daß der Stiel immer unten<br />
bleibt. Dann hast du die richtige Bewegung vor dir! Die Geschwindigkeit und die<br />
Bahnkrümmung ist deshalb für die mondferne Seite genau so groß wie auf der<br />
mondnahen.<br />
Die Gravitation aber nicht. Sie ist auf der fernen Rückseite der Erde der Geschwindigkeit<br />
unterlegen, auf der mondnahen Seite hat sie den Vorteil.<br />
Die feste Erde hält diesen Unterschied aus. Aber das Wasser, das Meer nicht. Es<br />
ist beweglich gegen die feste Kugel. Zwar hat es dieselbe Geschwindigkeit wie<br />
die ganze Erde (mit gehangen mit gegangen), aber eben deshalb ist das mondnahe<br />
Meer nicht im Gleichgewicht. Bei ihm ist die Mondkraft zu stark. Es dringt deshalb<br />
zum Mond. (Es müßte eigentlich schneller fliegen als die ganze Erde, um die<br />
Mondkraft durch seinen Schwung auszuhalten und nicht gegen den Mond hin zu<br />
treiben.)<br />
Das mondferne Meer - im Gegenteil - wird von der Erde zu schnell mitgenommen.<br />
Zu schnell für die dort schon schwächere Gravitation. Deshalb drängt es<br />
nach außen.<br />
Das mondnahe Meer drängt zum Mond, das mondferne läuft ihm davon. Beide<br />
konnten aber nicht von der mächtigen Erde los. Sie können ihren Wunsch nur<br />
andeuten, sie steigen auf, jedes zu einem Flutberg. Auch der zweite, der<br />
mondferne, ist ein Werk der Gravitation, trotzdem er vom Monde wegstrebt.<br />
Auf CD-ROM gefasst von Prof. Dr. Michael Soostmeyer, Essen 2000, Kraneburgstraße 81, D 46240 Bottrop