Bild - Martin Wagenschein
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<strong>Martin</strong> <strong>Wagenschein</strong>: Zusammenhänge der Naturkräfte. Das Gefüge des physikalischen Naturbildes, Braunschweig: Vieweg 1937<br />
28. Januar 2000<br />
{14}<br />
bremsen. Im luftleeren Raum fällt eine Flaumfeder genau so schnell zu Boden wie ein<br />
Stück Blei. Das ist die irdische Übersetzung des Satzes: die Gravitation richtet sich nach<br />
der Trägheit.<br />
Fällt der Mond?<br />
Ich glaube, du wirst noch fragen, woher man über die Gravitation dies alles überhaupt<br />
weiß. Die Versuche im leeren Himmelsraum kann man ja doch gar nicht wirklich machen.<br />
Man kann die gegenseitige Anziehung zweier Körper nicht so bemerken, daß man zwei<br />
Äpfeln aufpaßt, die zugleich vom Baume fallen. Auch nicht so, daß man sie auf leichte<br />
Wägelchen setzt oder auf Schiffchen, und wartet, daß sie aufeinander los treiben. 8<br />
Aber mit feineren Aufhängungen, Drehungen und Hebeln ist es doch gelungen. Schon<br />
1797. Das ist kein Apparat, den man sich selbst zusammenbasteln kann. Aber in jeder<br />
Universität, auch in mancher höheren Schule schon, kannst du ihn dir zeigen lassen, und<br />
kannst sehen, wie eine schwere Metallkugel langsam auf eine andere zuwandert, wenn<br />
die in die Nähe kommt. Es ist eine winzige Bewegung, aber durch eine Art Lichthebel<br />
kann man sie dir vielmals vergrößert sichtbar machen. - Seit 1797 zweifelt niemand<br />
mehr an der Gravitation.<br />
Der große N e w t o n war ihrer aber schon hundert Jahre vorher sicher, obwohl er sie<br />
niemals so unmittelbar sehen konnte. Er hat sie in den Bewegungen des Mondes und<br />
der Planeten entdeckt, diesen großen fernen Felskugeln, die sichere, seltsame Wege<br />
durch den Himmelsraum gehen. Daß er das konnte, wird dir zuerst kaum einleuchten, ja<br />
es kommt dir dabei vielleicht sogar ein Gedanke, der dir zuletzt den Glauben an die<br />
Gravitation wieder ganz nimmt:<br />
Müßten nicht - wirst du fragen -, wenn alle Körper zueinanderstreben, längst alle<br />
Himmelskörper sich zu einem gedrängten Haufen gesammelt haben, innerhalb einer<br />
unendlichen Leere? Warum stürzen die Sterne, die doch große schwere glühende<br />
Kugeln sein sollen, nicht alle aufeinander? Reicht die Gravitation etwa nicht so weit?<br />
Gelten in diesen Fernen andere Gesetze? Oder sind die Sterne vielleicht schon lange im<br />
Sturz gegen die Mitte der Welt? Ist die Welt nur noch nicht alt genug, ist die Zeit des<br />
Zusammenstoßes noch nicht<br />
8 Man könnte vermuten, es wäre die Gravitation, die die Tinte in der Feder hält, die das Wasser in den Schwamm<br />
saugt und zwei Wassertropfen zum Zusammenfließen bringt. Das ist aber ein Irrtum, wie folgender einfache<br />
Versuch zeigt: An einer waagerechten Glasplatte kann man einen Wassertropfen von einer gewissen Größe<br />
anhängen. Wenn dafür die Gravitation zwischen dem Wassertropfen und der Glasplatte verantwortlich zu machen<br />
wäre, so müßte eine doppelt so dicke Platte einen doppelt so schweren Tropfen tragen können. Das ist aber, wie<br />
jeder weiß, nicht so. Sie kann auch nicht merklich mehr tragen. - Diese Kräfte haben also mit Gravitation nichts zu<br />
tun. (In den Lehrbüchern der Physik findet man Näheres über sie unter den Stichworten: Oberflächenspannung,<br />
Kapillarität, Molekularkräfte, Kohäsion, Adhäsion.) Sie sind von großer Wichtigkeit sie sorgen<br />
z. B. dafür, daß die Körper überhaupt zusammenhalten - fallen aber nicht sehr auf. Sie sind in diesem Buch nicht<br />
besonders behandelt.<br />
Es ist gelungen, sie auf elektrische Kräfte zurückzuführen.<br />
Auf CD-ROM gefasst von Prof. Dr. Michael Soostmeyer, Essen 2000, Kraneburgstraße 81, D 46240 Bottrop