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<strong>Martin</strong> <strong>Wagenschein</strong>: Zusammenhänge der Naturkräfte. Das Gefüge des physikalischen Naturbildes, Braunschweig: Vieweg 1937<br />

28. Januar 2000<br />

{28}<br />

das Rätsel, warum nicht diese Eigenbewegung in der hemmenden Flüssigkeit allmählich<br />

erlahmte und aufhörte.<br />

So bleibt nur die andere Möglichkeit: die Stäubchen selbst sind ganz untätig, und<br />

die Bewegung kommt aus der Flüssigkeit. Das brächte uns auch über die Reibungsfrage<br />

weg: Denn wenn das Reibende zugleich das Treibende ist, so hat ein<br />

so getriebenes Stäubchen keine Ursache mehr, zur Ruhe zu kommen. So wenig<br />

wie der Faustball über einem Feld von Spielern. Die Fäuste hemmen ihn wohl,<br />

zugleich aber geben sie ihm die verlorene Bewegung mit einem Überschuß zurück.<br />

– Oder, denke dir in stillem Wasser ein Boot, das in die tummelnde Herde<br />

großer Fischer gerät. Oder, das schönste Beispiel 15 : Auf einem Ameisenhaufen<br />

liegt ein Stückchen Papier, das von den wimmelnden Tieren ziellos hin und her<br />

gerückt wird. Vorausgesetzt, daß die Ameisen es nicht benutzen und fortschleppen,<br />

sondern nur im Vorbeistreifen achtlos daran stoßen.<br />

Die in der Flüssigkeit wohnende, die Stäubchen bewegende Kraft müssen wir<br />

uns, wie der Anblick und diese Vergleiche zeigen, als eine regellos stoßende vorstellen.<br />

Nicht als etwas so geordnetes wie Strömen oder Wirbeln, sondern als eine<br />

viel feinere, ungeregelte, überall gleiche innere Unruhe. Wenn sie überall gleich<br />

ist, so wird es auch verständlich, daß die beweglicheren kleinen Stäubchen ihr<br />

besser folgen können als die trägeren großen. Je kleiner sie sind, desto genauer<br />

werden sie – wie mehr oder weniger große Stücke Papier auf den Wellen oder auf<br />

dem Ameisenhaufen – sich der Unruhe anpassen, die gerade an der Stelle<br />

herrscht, die sie ausfüllen. Unterhalb einer gewissen Grenze können wir die<br />

Körnchen nicht mehr sehen; und vielleicht sind die kleinsten, die wir erkennen<br />

können, noch immer recht groß im Vergleich zu dem Gefüge der inneren Unruhe<br />

selbst, - so etwa wie eine Zeitung sich verhalten mag zu der einzelnen Ameise.<br />

Trotzdem gibt uns der Anblick des kleinsten umhergetriebenen Körnchens ungefähr<br />

an, wie wir uns die innere Unrast der Flüssigkeit (oder der Luft) vorstellen<br />

müssen: als ein schnelles, immer wechselndes, zielloses, ruckartiges Umherspringen,<br />

an jeder Stelle ohne Beziehung zur Nachbarschaft.<br />

Da die Stäubchen untätig sind, müssen wir annehmen, daß die innere Bewegung<br />

der Flüssigkeit, die sie antreibt, auch<br />

15 Dieser Vergleich findet sich bei R. W. Pohl: Mechanik und Akustik, 2. Auflage, Berlin 1931, Seite 117<br />

Auf CD-ROM gefasst von Prof. Dr. Michael Soostmeyer, Essen 2000, Kraneburgstraße 81, D 46240 Bottrop

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