Mystik - Metapher - Bild - Oapen
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„<strong>Mystik</strong>“: ein Beitrag zur Geschichte eines nur<br />
scheinbar selbstverständlichen Begriffs<br />
Klaus Fitschen<br />
Was <strong>Mystik</strong> sei, scheint alle Welt zu wissen, und wenn der Begriff „<strong>Mystik</strong>“ auch<br />
noch austauschbar mit dem Begriff „Spiritualität“ gebraucht wird, ist er vollends<br />
universal verwendbar. Leicht zu erheben ist aber auch die Tatsache, dass der<br />
Begriff „<strong>Mystik</strong>“ erst eine kurze Traditionsgeschichte hat und erst seit der Frühen<br />
Neuzeit belegt ist. Noch das Grimmsche Wörterbuch kennt das Substantiv nicht,<br />
sondern nur das Adjektiv „mystisch“, und vermerkt zu diesem: „seit dem vorigen<br />
jahr[hundert] völlig eingebürgert, mit der bedeutung des dunkeln und geheimnisvollen,<br />
auf grund der vereinigung der seele mit dem göttlichen wesen“. 1 Kronzeugen<br />
dafür sind dann Klopstock und Goethe.<br />
Dennoch nimmt jeder, der sich mit dem antiken und mittelalterlichen<br />
Christentum beschäftigt, das Wort „<strong>Mystik</strong>“ meistens ganz unbefangen in den<br />
Mund. Obwohl in fast jeder besseren Darstellung zum Thema <strong>Mystik</strong> zu lesen ist,<br />
dass der Begriff nur schwer zu definieren sei, verwendet man ihn eben, und dabei<br />
werden meistens auch kühne Linien von der Alten Kirche zum Mittelalter oder bis<br />
in die Neuzeit hinein gezogen. Die Frage, ob das, was da in eine Linie gestellt wird,<br />
wirklich das Gleiche ist, spielt dabei keine Rolle. Irgendwie scheint es ja um<br />
Innerlichkeit zu gehen, um Gotteserfahrung und das, was man genauso undefiniert<br />
„Spiritualität“ nennt. Eine gern genutzte Möglichkeit zur Definition ist der Rekurs<br />
auf die mittelalterliche „cognitio Dei experimentalis“, womit der kontemplative<br />
1 Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Sechster Band, bearbeitet von<br />
Moriz Heyne, Leipzig 1885, Sp. 2448.