Mystik - Metapher - Bild - Oapen
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Das <strong>Bild</strong> Christi im Abendmahl<br />
kann, wird dann dort zu großer Wirklichkeit im Garten Christi (ein von Gerhardt<br />
geliebter Schluß a minore ad maius). Nebenbei schwingt sogar ein Erinnern an die<br />
Abendmahlsliturgie mit, nämlich an das ewige Gotteslob der Seraphim im<br />
Praefationssgebet und an das Sanctus: „Alle Lande sind voll der Ehre Gottes“. Seit<br />
der Frühzeit des Christentums erklingt ja in den Gottesdiensten solch Lobgesang<br />
von der Einheit der Schöpfung durch Gott und der Erlösung durch Jesus Christus.<br />
So dichtete Paul Gerhardt auch solche Verse, die leider bei unseren sommerlichen<br />
Gottdiensten heute meist weggelassen werden:<br />
Ach, denk ich, bist du hier so schön und läßt du’s uns so lieblich gehen<br />
auf dieser armen Erden:<br />
was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt<br />
und güldnem Schlosse werden.<br />
Welch hohe Lust welch heller Schein wird wohl in Christi Garten sein,<br />
wie mag es da wohl klingen,<br />
da so viel tausend Seraphim mit unverdroßnem Mund und Stimm<br />
ihr Halleluja singen. 40<br />
Die Verbindung von Erlösungslehre und Schöpfungslehre wird in noch späterer<br />
lutherischer Naturfrömmigkeit mit ihrer doch immer noch starken Naturpoesie<br />
fast gar nicht mehr begriffen, weder in den Liedern von Gellert („Die Himmel<br />
rühmen des ewigen Ehre“), noch in romantischen Liedern des 19 Jahrhunderts im<br />
lutherischen Dänemark und in Schweden (Grundtvig und Wallin). Durch Pietismus<br />
und Aufklärung wurde die altlutherische und in der ältesten Kirchengeschichte<br />
durchaus sakramental begründete Naturfrömmigkeit zu einer von Jesus<br />
Christus abgelösten, rein theistischen Angelegenheit. Schöpfungstheologie gehört<br />
seit dem 18. Jahrhundert, auch in lutherischer Gemeindefrömmigkeit, fast nur<br />
noch in den ersten Glaubensartikel „Von Gott“. Die Folgen sind bekannt:<br />
Christliche Frömmigkeit des „hier“ und „dort“, des „jetzt“ und des „dann“ konnte<br />
mit Ludwig Feuerbach als bloß menschliche „Projektion“ und damit als absurd<br />
verachtet werden. Die Säkularisation begann und Umweltbewußtsein, Ökologie<br />
und sogar die Formel „Bewahrung der Schöpfung“ sind zu Themen ohne Religion<br />
geworden und sind auch in der christlichen Volksfrömmigkeit zu Themen ganz<br />
frei von christologischen Bedenken geworden. Es bleibt dennoch ein sozialgeschichtliches<br />
Phänomen, dass der Naturschutz, das Umweltbewusstsein und das<br />
Ideal, Gottes Schöpfung zu bewahren, gerade in früher vom Luthertum bestim-<br />
40 EG 503,9–10. Zum Zusammenhang von Schöpfung und Erlösung siehe auch das Lied „Sollt ich<br />
meinem Gott nicht singen“, EG 325.<br />
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