schule & Bildung - Auslandsösterreicher-Weltbund
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© TOBIAS-Schule, WUK, Marcell Nimführ<br />
Zeugnisse haben im WUK, wie auch in<br />
den meisten anderen Alternativ<strong>schule</strong>n,<br />
den Charakter der Selbstreflexion und<br />
Selbstbeurteilung, nicht der Benotung und<br />
Leistungsbewertung. Die Kinder schreiben<br />
ihre Zeugnisse selbst bzw. gemeinsam<br />
mit den BetreuerInnen.<br />
Eigener Lehrplan<br />
Immerhin: Das Schulkollektiv besitzt das<br />
Öffentlichkeitsrecht und ist somit staatlich<br />
anerkannt. Zeugnisse befähigen auch<br />
zum Eintritt in öffentliche Schulen, es<br />
müssen nicht, wie in vielen anderen freien<br />
Schulen, am Jahresende externe Prüfungen<br />
abgelegt werden.<br />
Das ist ein Vorteil, der vielen Schulen<br />
schon aus rein baulichen Gründen verwehrt<br />
bleibe, so Momo Kreutz, Geschäftsführerin<br />
des Netzwerks Freier Schulen.<br />
Kreutz vertritt damit jene Alternativ<strong>schule</strong>n,<br />
die basisdemokratisch organisiert<br />
sind. Eltern, Lehrer und Schüler haben<br />
das gleiche Mitbestimmungsrecht, und<br />
das Lernen soll so selbstbestimmt wie<br />
möglich passieren. Mit unterschiedlichsten<br />
Methoden, Materialien, didaktischen<br />
Grundsätzen wird versucht, die Kinder<br />
dort abzuholen, wo sie sind.<br />
Kaum eine Alternativ<strong>schule</strong> unterrichtet<br />
nach dem öffentlichen Lehrplan.<br />
„Kinder sind für die Weise, in der<br />
die Erwachsenen sie behandeln,<br />
ungemein empfindlich.“<br />
Anna Montessori<br />
Meist ist es der Glockseelehrplan, nachdem<br />
der Unterricht gestaltet wird. Das<br />
Konzept, in dem es keinen Fächerkanon<br />
gibt, sondern lediglich Fachbereiche<br />
(Ästhetik, Ethik, Naturwissenschaften,<br />
Sprache), stammt aus der Hannoveraner<br />
Glocksee<strong>schule</strong>. Freie Alternativ<strong>schule</strong>n<br />
berufen sich nicht auf einen bestimmten<br />
Gründer und legen sich nicht auf eine Idee<br />
fest, wie es bei Waldorf- oder Montessori<strong>schule</strong>n<br />
der Fall ist. So sind auch die<br />
Schulen recht verschieden: In einigen<br />
werden Fremdsprachen stärker gefördert,<br />
in anderen Ergebnisse neuer technischer<br />
und wirtschaftlicher Entwicklungen be-<br />
sonders berücksichtigt. Wieder andere<br />
lernen in und mit der Natur, wie in der<br />
TOBIAS-Schule im burgenländischen Kemeten:<br />
Auf etwa 10.000 Quadratmetern<br />
Naturfläche bietet die Schule Natur als<br />
„vorbereitete Umgebung für ein Lernen<br />
mit allen Sinnen“. Tiere wie Zwergziegen<br />
und Hühner unterstützen das Begreifen<br />
von Mensch-Natur-Zusammenhängen.<br />
Waldorf, Montessori und Co.<br />
Montessori<strong>schule</strong>n können eine erheblich<br />
längere Tradition vorweisen als die in den<br />
68ern entstandenen freien Alternativ<strong>schule</strong>n.<br />
Die erste Montessori<strong>schule</strong> Österreichs<br />
etwa eröffnete in der Wiener Troststraße<br />
bereits 1924. Die Pädagogik nach<br />
der Italienerin Anna Montessori (1870–<br />
1952) legt den Fokus auf die verschiedenen<br />
Entwicklungsphasen des Kindes, in<br />
denen verschiedene Materialien zum Lernen<br />
bereitgestellt werden.<br />
Waldorf<strong>schule</strong>n arbeiten dagegen nach<br />
einem recht detaillierten Lehrplan und Regelwerk,<br />
das sich an der sehr spezifischen<br />
Weltanschauung des österreichischen<br />
Philosophen Rudolf Steiner orientiert, der<br />
in diesem Jahr 150 Jahre alt geworden<br />
wäre. Hier geht es um inneres Erleben,<br />
Erkenntnis und Entfaltung durch einen<br />
ROTWEISSROT www.weltbund.at<br />
Schwerpunkt-Thema<br />
WUK faktori - Informationszentrum und Clearingstelle für junge Menschen mit Handicap.<br />
sehr künstlerisch und handwerklich ausgerichteten<br />
Unterricht. 13 Waldorf<strong>schule</strong>n<br />
gibt es in Österreich, davon gleich vier in<br />
Wien.<br />
Nach dem Motto des Franzosen Célestin<br />
Freinet (1896–1966) ist „Arbeit“ die Grundidee<br />
in Freinet<strong>schule</strong>n. Viele Freinet-Techniken<br />
wie der individuelle Wochenarbeitsplan<br />
oder spezielle Arbeitskarteien sind<br />
heute auch in Regel<strong>schule</strong>n zu finden.<br />
Eltern brauchen Geduld<br />
Entscheidend für Reform<strong>schule</strong>n sei nicht<br />
zuletzt auch der Wille der Eltern, sich mit<br />
der Idee eines anderen Lernens zu identifizieren,<br />
so Kreutz: „Unsere Kinder müssen<br />
nicht das Alphabet bis Weihnachten<br />
gelernt haben, sondern dann, wenn der<br />
richtige Zeitpunkt gekommen ist, und das<br />
müssen die Eltern natürlich mittragen.“ ❍<br />
Literaturtipp<br />
Eberhart, Franz /<br />
Kapelari, Benno:<br />
Handbuch freie<br />
Alternativ<strong>schule</strong>n.<br />
Renate Götz<br />
Verlag, 2010<br />
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