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schule & Bildung - Auslandsösterreicher-Weltbund

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Schwerpunkt-Thema<br />

geist- und gold-<br />

schmieden<br />

Abteigymnasium Seckau in der Steiermark,<br />

eine moderne katholische Privat<strong>schule</strong> mit<br />

Ganztagsbetreuung. Hans Haider<br />

Seckau war eine berühmte katholische<br />

Internats<strong>schule</strong>. Zum Beispiel kommt<br />

Botschafter i. R. Wolfgang Wollte, Österreichs<br />

unermüdlichster Trommler für die<br />

EU, von dort. Inzwischen mutierte das Abteigymnasium<br />

zur modernen katholischen<br />

Privat<strong>schule</strong> mit Ganztagsbetreuung bis<br />

17 Uhr. Die Kinder rücken im Bus oder im<br />

Auto der Eltern an. Maximal fünf Stunden<br />

dauert der Unterricht. Das bringt weitere<br />

vier Stunden für Essen, Spielen, Aufgabenmachen.<br />

Die alten Gemäuer leuchten<br />

frisch renoviert – die Kirche, ein romanisches<br />

Erbe, und die dreistöckigen Renaissance-Arkaden,<br />

dieser bequeme Auslauf<br />

für die Kinder auch an Regentagen. Man<br />

fühlt sich dort nicht eingesperrt. „Aber der<br />

Einsatz der Lehrer ist wichtiger als das<br />

schöne Haus“, betont Pater Severin<br />

Schneider, der lange Jahre Schule und<br />

Abtei geleitet hat.<br />

Ein benediktinischer Abt<br />

Die Patres folgten dem Zug der Zeit, aber<br />

nicht zu rasch. Erst 1931 bekam das Privatgymnasium<br />

das Öffentlichkeitsrecht,<br />

1938 sperrten die Nazis die Schule. Benediktiner<br />

gelten unter den Ordensleuten als<br />

bodennah. Seit dem 18. Jahrhundert tragen<br />

sie den Fortschritt mit mächlicher<br />

Ruhe ins flache Land. Das Schülerinternat<br />

gaben sie vor zehn Jahren auf. Es wurde<br />

langsam überflüssig, weil der Staat in den<br />

siebziger Jahren in jeden Landbezirk eine<br />

Mittel<strong>schule</strong> baute. Die damalige SPÖ-<br />

Regierung sicherte den Konfessionen zu,<br />

dass die Republik deren Lehrer finanziert.<br />

Ordensinternate hatten immer mit dem<br />

Problem zu kämpfen, dass einerseits die<br />

katholische Gentry ihre Kinder dort bestens<br />

erzogen wusste, dass aber auch Problemkinder<br />

dorthin von den Eltern abge-<br />

schoben wurden – und deren Abweisung<br />

die Christenpflicht untersagte.<br />

Ins Abteigymnasium gehen inzwischen<br />

gleich viele Burschen und Mädchen. Die<br />

Mädchen gelten, leistungsmäßig, als Zugpferde.<br />

Unter den Lehrkräften findet sich<br />

kein Kleriker mehr. Personalmangel auch<br />

bei den Orden! Weil sich jedes Privatgymnasium<br />

die Lehrer aussuchen darf,<br />

kommt es zu einer Nivellierung nach oben.<br />

Schließlich zahlen die Eltern Schulgeld:<br />

249,50 Euro inklusive Mittagessen und<br />

zwei Jausen. Für Bedürftige gibt es Stipendien.<br />

Die Eltern wollen Erfolge sehen.<br />

„Aber der Einsatz<br />

der Lehrer ist wichtiger<br />

als das schöne Haus.“<br />

Pater Severin Schneider<br />

Dietrich Mateschitz (Red Bull) lobte in<br />

einem Interview Seckau als „Österreichs<br />

bestes Gymnasium“. Als er vor zehn Jahren<br />

in Seckau eine Rennfahrer-Akademie<br />

einrichten wollte, verkaufte ihm das Stift<br />

nicht die begehrte Immobilie. Inzwischen<br />

konzentrierte der Herr über alles, was rast<br />

und fliegt, seine Rennsportnachwuchsaktivitäten<br />

in Spielberg im Murtal. In Seckau<br />

erwarb er jüngst den „Hofwirt“ und lässt<br />

dieses Barockjuwel teuer renovieren – als<br />

Stiftsgasthaus. Ja, die neue Welt kommt<br />

etwas gebremst in Seckau an. Aber wer<br />

rennen will, darf. Auf der lieblichen Ter -<br />

rasse über dem Murtal warten Fußballfelder<br />

auf die studierende Jugend. Freiwillige<br />

Werkstättenausbildung steht zur<br />

Wahl: Tischlerei, Goldschmiede, Fotografie,<br />

jeweils vom Meistern ihres Fachs<br />

unterrichtet. Das erinnert an den Kanon<br />

der habsburgischen Prinzenerziehung:<br />

Jeder musste auch ein Handwerk lernen.<br />

Wilhelm Pichler, der Direktor, ist so stark<br />

in Physik und Chemie, dass er Schüler zur<br />

Physikolympiade führte. Denn die Entwicklung<br />

persönlicher Fähigkeiten ist ein<br />

ebenso wichtiges <strong>Bildung</strong>sziel wie die<br />

Vermittlung von Wissen und Können.<br />

Das bewusste Miteinander von Schülern,<br />

Eltern, Lehrern und Mönchen prägt den<br />

familiären, den benediktinischen Charakter<br />

der Schule, wissen die Seckauer. Miteinander<br />

führen sie heuer noch Carl Orffs<br />

„Carmina Burana“ auf. Die gar nicht fromm<br />

klingt. Inzwischen gibt es eine anerkannte<br />

Lehrmeinung, dass die Lieder über Liebe,<br />

Spiel und Moral nicht in Benediktbeuern<br />

gedichtet wurden, wo die Handschrift<br />

gefunden wurde, sondern um 1240 in<br />

Seckau, damals Bischofssitz. ❍<br />

28 www.weltbund.at ROTWEISSROT

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