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schule & Bildung - Auslandsösterreicher-Weltbund

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Schwerpunkt-Thema<br />

„erik ist sauer“<br />

Ein interkulturelles Projekt mit Schülerinnen und Schülern aus dem Wiener Stadtteil Erdberg<br />

im dritten Bezirk und dem Wien Museum. Ingrid Giessmann<br />

Seit 2009, als meine Kollegin Katharina<br />

Poandl und ich gemeinsam eine Integrationsklasse<br />

übernahmen, wollten wir<br />

einen Schwerpunkt zum Thema interkulturelles<br />

Lernen setzen. In einer typischen<br />

Wiener KMS (früher Haupt<strong>schule</strong>), in der<br />

zirka 85 Prozent der SchülerInnen migrantische<br />

Wurzeln haben und großteils aus<br />

armen und bildungsfernen Familien stammen,<br />

drängt sich ein Projekt dazu einfach<br />

auf. Bei einem Besuch am interkulturellen<br />

Projekttag im Wien Museum lernte ich<br />

auch die Leiterin der Vermittlungsabteilung<br />

Isabel Termini kennen, und es entwickelte<br />

sich ein Konzept zur Einbeziehung<br />

der SchülerInnen in die Museumsarbeit.<br />

Durch die finanzielle Unterstützung<br />

von pART KulturKontaktAustria war es<br />

auch möglich, mit der Künstlerin Johanna<br />

Reiner zu arbeiten.<br />

In der gemeinsamen Zusammenarbeit<br />

sind uns folgende Lernzuwächse wichtig:<br />

» Die Kinder lernen, wie Museumsarbeit<br />

vor sich geht.<br />

» Sie lernen, sich schriftlich und mündlich<br />

besser auszudrücken.<br />

» Sie bewegen sich in einer fremden<br />

Umgebung und haben die Gelegenheit,<br />

verschiedene Leute kennen zu lernen<br />

und mit ihnen zu sprechen.<br />

» Die SchülerInnen setzen sich bewusst<br />

mit ihrer eigenen kulturellen Identität<br />

wertschätzend auseinander und lernen,<br />

sie zu hinterfragen.<br />

» Nicht zuletzt fördert dieses Projekt ihr<br />

Selbstbewusstsein und ihre soziale<br />

Kompetenz.<br />

Schon beim ersten Besuch der MuseumsmitarbeiterInnen<br />

in der Schule wurde die<br />

Klasse eingeladen, für das Museum als<br />

Konsulenten zu arbeiten. Das Engagement<br />

war so enorm, dass wir beim Interkultu rellen<br />

Projekttag des Museums, dem „Dönertag“,<br />

im Frühjahr 2009 mit einer kleinen<br />

Ausstellung starten konnten. So brachten<br />

SchülerInnen bei den Vorbereitungsarbeiten. Schülerin Büsra hält die Eröffnungsrede.<br />

die Kinder Erinnerungsstücke, Souvenirs,<br />

Familienfotos, Kopftücher u. a. mit und<br />

schrieben kurze Geschichten darüber.<br />

Enormes Engagement<br />

„Als ich zu Hause mit meiner Mutter Fotos<br />

aussuchte, hatten wir viel Spaß“, „Jetzt<br />

weiß ich, wie das Haus meiner Großeltern<br />

in der Türkei aussah“ oder „Mir gefällt<br />

mein Vater sehr in seiner Uniform“ – viele<br />

solcher Schüleraussagen machten mir<br />

bewusst, wie wenig wir in unserem „normalen“<br />

Schulalltag auf die Lebenswelt der<br />

Kinder eingehen. Dass die für das Projekt<br />

Klassenarchiv im Wien Museum.<br />

verfassten Texte äußerst gut waren, erstaunt<br />

mich nicht, denn endlich konnten<br />

die SchülerInnen über etwas schreiben,<br />

das sie persönlich interessiert, wo sie sich<br />

auskennen und auch die Eltern helfen<br />

konnten. Gerade an unserem Schultyp<br />

bedauern wir LehrerInnen immer, dass<br />

sich die Eltern so gar nicht für die Arbeit<br />

ihrer Kinder interessieren. Hier konnte ich<br />

es einmal anders erleben.<br />

Die Kinder gaben ihrem Projekt den ungewöhnlichen<br />

Titel „Erik ist sauer“. So kam<br />

es dazu: Im Hanuschhof und im Kardinal-<br />

Nagl-Park gibt es eine wild wachsende<br />

Frucht, die Erik heißt und von den SchülerInnen<br />

sehr gern gegessen wird. Mehmet<br />

erklärte uns dazu. „Erik ist so wie eine<br />

Kirsche, nur in Grün und schmeckt sauer.“<br />

„Yesil Erik“ heißt auf Türkisch „grüne<br />

Pflaume“.<br />

Materialiensammlung als Erlebnis<br />

In Schuljahr 2009/10 waren die SchülerInnen<br />

schon in der zweiten Klasse, und wir<br />

hatten mittlerweile schon eine große<br />

Sammlung von Fotos, Filmen, Geschichten<br />

u. v. a. Die Künstlerin Johanna Reiner<br />

gestaltete mit uns – „wie in einem richtigen<br />

Museum“ – ein Klassenarchiv, das nach<br />

verschiedenen Kriterien wie Personen,<br />

26 www.weltbund.at ROTWEISSROT

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