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Braune Gefahr für Deutschland - DGB Bildungswerk Hessen eV

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»Wir machen dich fertig«»Wir machen dich fertig«Gericht ignoriert politischen HintergrundAuch Staatsanwältin Maureen Wiechmann schloss einen ausländerfeindlichenHintergrund aus. Dass einige der Täter aus der rechtsextremenSzene kommen, streitet sie nicht ab, aber der Alkohol sei nicht zuunterschätzen. Bei der Urteilsverkündung ging Richterin Brunhild Stedingebenso wenig auf den politischen Tathintergrund ein. Eher zufälligsei der Imbiss ins Visier der Angreifer gekommen. Wegen Landfriedensbruchverurteilte das Gericht den Hauptschuldigen Michael W. zu einerHaftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten, sowie Martin M., SebastianM. und Eric Andre W. zu jeweils mehrmonatigen Bewährungsstrafen.Gemeinnützige Tätigkeiten müssen Hannes W. und Tim W. ausüben. DasGlück der anderen Täter – sie waren nicht auf dem Handyvideo erkennbar,dass Saqib Mahmood zugespielt worden war.Das Video kennt Bützows Bürgermeister Lothar Stroppe. Sein Fazitzu dem aufgenommenen Angriff: »eindeutig ausländerfeindlich«. NachdemStroppe bei einer Verhandlung war, meinte er leicht zynisch, nichterwartet zu haben, Zeuge einer »Suchtberatung« zu werden. Die Stadtvertreterselbst erklärten in einem offenen Brief, dass in der Stadt eine»rechtextreme Szene« besteht. »Keine organisierte Kameradschaft«,sagt Kathrin Oxen, Pastorin der Reformierten Kirche, »oder eine feste»NPD-Gliederung«. »Aber«, so Oxen, die auch das »Bündnis für Toleranzund Demokratie« mitträgt, »wir haben hier eine harte Szene von Rechtsextremisten«.Jene subkulturell rechtsgeprägte Klientel fällt bundesweitbesonders durch ihre Straf- und Gewalttaten auf. Oxen glaubt, dassdie Entpolitisierung des Verfahrens ein falsches Signal gibt. Im Gerichtfeixten die Kameraden der Täter schon vor dem Urteil. Solche Entscheidungenbestärken auch die Verharmlosungen der rechtsextremen StrafundGewalttaten in der »Mitte der Gesellschaft«. Angesichts ähnlicherDebatten fragte sich Ende 2007 Uwe-Karsten Heye, Vorsitzender desVereins »Gesichts zeigen – Aktion weltoffenes <strong>Deutschland</strong>«: »Ich weißnicht, was noch passieren muss, damit im Land der Eindruck entsteht,wir haben ein Problem«. Die aktuelle Statistik rechtsextremer Straf- undGewalttaten beruhigt wenig.»Kaum ein Tag vergeht ohne Übergriffe«Der jahrelange starke Anstieg, stellte das Bundesinnenministeriumfest, scheint sich 2007 offenbar nicht fortzusetzen. Nach der vorläufigenGesamtschau meldete das Ministerium von Wolfgang Schäuble10.935 Delikte. Ende 2006 zählte das Ministerium 12.240 Straftaten.Eine vermeintlich gute Nachricht, doch das Innenministerium ist zu-rückhaltend. Der Grund: Für das Jahr 2006 musste sie später 5.860rechtsextreme und fremdenfeindliche Straftaten nachmelden. DieStatistik stieg auf 18.100 Straftaten an, davon fast 1.000 Gewalttaten.Zahlen und Daten, die nicht das Leid und die Angst der Betroffenenerfassen können. Bundeskriminalamtschef Jörg Ziercke räumte ein:»kaum ein Tag vergeht ohne Übergriffe«. Die Statistik der Straftatenmit rechtsextremem Hintergrund führt Sachsen-Anhalt an. Als erstesWestbundesland liegt Schleswig-Holstein auf Platz 5 – zwischenThüringen und Sachsen. Bereits 2005 belegten beide Bundesländerdiese Plätze.»Die rechte Gewalt hat sich auf hohem Niveau stabilisiert«, erklärtHeike Kleffner, Projektleiterin der »Mobilen Beratung für Opfer rechterGewalt« in Sachsen-Anhalt. Am 29. Januar 2008 legte die Opferberatungihre Zahlen vor. Sie offenbaren: »Die Bereitschaft, Gewaltanzuwenden, ist in der rechten Szene gestiegen«. 2007 zählte dieOpferberatung 151 gewaltsame Übergriffe mit etwa 318 Betroffenen.»Statistisch gesehen wird in Sachsen-Anhalt jeden zweiten oder drittemTag ein Mensch Opfer rechter Gewalt«, sagt Kleffner. Die Täterwären oft polizeibekannte Rechte oder rassistische Gelegenheitsschläger,die aus militanten Kameradschaften oder rechten Cliquenkommen.Sangershausen – Asylunterkunftzum dritten Mal angegeriffenAus dem Milieu zwischen Kameradschaft und NPD kamen auch die Tätervon Sangerhausen. In den frühen Morgenstunden des 6. Januarswarfen drei Männer und eine Frau drei Molotowcocktails in die Asylbewerberunterkunftdes kleinen Ortes. Bei einer Tankstellte hatten siesich zuvor 1,6 Liter Benzin besorgt. Das Klirren der Küchenscheibe um5.00 Uhr hört Boureima T. sofort. Nicht nur weil sein Zimmer nebender Küche im Hochparterre lag. Er leidet seit längerem unter Schlafstörungen,griffen doch bereits zwei Mal Rechte, im November undDezember 2006, die Unterkunft an. Er weckte die anderen Bewohnerrechtzeitig. Durch einen Sprung aus dem Fenster konnte Boureima T.sich selbst retten. Die Küche und damit der Weg zur Wohnungstürhatte schon Feuer gefangen. Laut Ermittlungsakten, so die »MobileBeratung für Opfer rechter Gewalt«, kamen die Täter, eine 21-jährigeFrau und die Männer im Alter von 24 bis 27 Jahren, von einer Feier desNeonazis und Rechtsrockproduzenten Enrico Marx im nahe gelegenenSotterhausen.52 53

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