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Alexandersson-Olof-Lebendes-Wasser

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"Es gibt nicht den geringsten Zweifel darüber, daß das <strong>Wasser</strong> kältersein<br />

muß, bevor es den Stein passiert hat", meinte Forchheimer,<br />

und begann zu erklären, wie die Reibung am Stein die <strong>Wasser</strong>temperatur<br />

erhöht.<br />

"Vollkommen falsch", antwortete Schauberger, "das <strong>Wasser</strong> ist<br />

unterhalb des Steines kälter."<br />

Daraufhin brach eine heftige Diskussion aus und Forchheimer zeichnete<br />

Strömungskurven und Temperaturdiagramme in den Sand, um zu<br />

beweisen, daß er recht hatte. Nach einer Weile sagte Schauberger:<br />

"Wäre es nicht einfacher, die <strong>Wasser</strong>temperatur zu messen; dann<br />

kriegen wir ja zu sehen, wer von uns recht hat."<br />

Er nahm sein Thermometer und stapfte ins <strong>Wasser</strong> hinein. Dies war<br />

nicht weiters schwierig, da er ja Lederhosen anhatte und nur die<br />

Schuhe auszuziehen brauchte. Nachdem er die Temperatur abgelesen<br />

hatte, teilte er dem ungeduldig wartenden Professor mit, daß das <strong>Wasser</strong><br />

unterhalb des Steines zwei Zehntel Grad kälter war als oberhalb.<br />

Darauf riß Forchheimers Geduld und er rief aus:<br />

"Unmöglich! Sie müssen falsch abgelesen haben! Bringen sie das<br />

Thermometer her, damit ich selber messen kann!"<br />

Umständlich begann er seine Stiefel auszuziehen und rollte die<br />

schmalen Hosenröhren hinauf, während er vorsichtig in das <strong>Wasser</strong><br />

hinein watete. Immerhin eine große Unachtsamkeit, war er doch schon<br />

72 Jahre alt. Er steckte das Thermometer in das <strong>Wasser</strong>, maß, las ab<br />

und stand überrascht da. Er vergaß ganz, daß er barfuß im kalten Gebirgsbach<br />

stand. Dann sagte er überrascht:<br />

"Das stimmt ja, das ist vollkommen richtig!"<br />

Und grübelnd stapfte er zurück zum Ufer und zog seine Schuhe wieder<br />

an. Von diesem Tag an war er wirklich überzeugt, daß dieser eigensinnige,<br />

cholerische und sonderbare Forstmeister sich trotz allem deutlich<br />

mit Tatsachen beschäftigte, wenn es auch schwer war, seine Theorien<br />

und seine geheimnisvolle Sprache zu verstehen.<br />

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