19.12.2015 Views

BOGART 25 (BeOurGuestARTist)

Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic

Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Politische Karikaturisten sind<br />

sozial-kritische "Reinzeichner"<br />

rainerhachfeld.de<br />

von Thomas Fecht (Herausgeber) unter<br />

der Mitarbeit von Rainer Hachfeld, Walter<br />

Kurowski und Arno Ploog<br />

Erstausgabe, [1. - 10. Tsd.], kart. Reinbek<br />

(bei Hamburg) : Rowohlt, 1974.<br />

268 S.; überwiegend illustrierte und<br />

graphische Darstellung<br />

ab € 4,69 incl. Versand über AMAZON<br />

Berliner Abgeordnetenhaus gewürdigt wurde.<br />

"Es sind keine Witze um des Witzes<br />

willen sondern Witze als Vehikel der<br />

politischen Aufklärung, Agitation und<br />

Propaganda oder einfach, um den<br />

Betroffenen eins auszuwischen und<br />

die Gleichgesinnten zu amüsieren",<br />

umfaßt Rainer Hachfeld (*1939) mit<br />

der Kurzformel “lach pour lach” – dem<br />

Begriff “l’art pour l’art” angelehnt –<br />

sein ambitioniertes karikaturistisches<br />

Werkschaffen, das zu seinem 70. Geburtstag<br />

mit einer Einzelausstellung im<br />

Die 60er, 70er und 80er Jahre waren die Hoch-Zeit jener haltungsbezogenen<br />

Cartoons der Marke "Agit-Prop"; die Künstler, zumeist<br />

generationsbedingt veritable "68er", arbeiteten sich vehement und<br />

mal subtil, mal dampfhammerschwingend am status quo ihrer Zeit<br />

ab. Konservative und "gestrige" Verkrustungen in Gesellschaft und<br />

Staat, die unseligen Aktivitäten amerikanischer Großkonzerne in<br />

Lateinamerika, der Vietnamkrieg sowie rechtskonservative Politiker<br />

wie der skandalumwitterte bajuwarische Multiaktivist Franz-Josef<br />

Strauß (1915–1988) waren die mit hingebungsvoller Haßliebe gepflegten<br />

Feindbilder jener aufbegehrenden Zeichnergeneration.<br />

Veranschaulicht wird jenes feuerköpfige Epizentrum bundesrepublikanischer<br />

Protestkarikatur in jenem legendären Rowohlt-Buchkatalog<br />

"Politische Karikatur in der BRD" (Hg.Thomas Fecht) aus dem<br />

Jahr 1974. Es werden Cartoonisten wie Kurowski, Siegert, Zingerl,<br />

Ploog, Poth und eben der noch stetig präsente Rainer Hachfeld<br />

dokumentiert. Hachfeld, Sohn des legendären deutschen Kabarettund<br />

Filmszenaristen Eckart Hachfeld ("Ein Mann muß nicht immer<br />

schön sein"; 1956, "Was eine Frau im Frühling träumt"; 1958 oder<br />

"Ihr 106. Geburtstag";<br />

1958) entfernte sich jedoch<br />

in jenen renegatischen<br />

Tagen ab 1968 vom bürgerlich-süffisanten<br />

Kritikstil<br />

seines Vaters und wurde<br />

zum "Mastermind" der<br />

botschaftsstrotzenden Links-<br />

Zeichner.<br />

Mal mit sublimen<br />

Konturund<br />

Linienführungen,<br />

aber<br />

auch plakativen<br />

s/w-Kontrasten<br />

zog Hachfeld<br />

gegen die Erzbösewichte<br />

und<br />

Noch immer unterwegs und nachgefragt ist der<br />

Grande seines Metiers wie einerseits auf der in<br />

kurzen Abständen mit zeitgeistigen "Spiegelbildern"<br />

gepfl egten Internetpräsenz, wie er sich<br />

auch mit persönlichen und illustrativen Einlassungen<br />

über den Mord an seinen Kollegen von<br />

Charlie Hebdo medial artikulierte.<br />

Feinde einer<br />

gerechten und<br />

entknechteten<br />

Welt feinspitzig<br />

und vorderlistig zu Felde. Im Zentrum vielerlei ästhetisch-sujetmäßigen<br />

Beschusses immer wieder jener Bayer Strauß, ein strippenziehender<br />

Großpolitiker der alten BRD und in der Tat ein in mancherlei<br />

Sozialaffären der Bonner Jahre verstrickter Machtmensch<br />

("Spiegel"-Affäre, "F104G", Fall "Brühne").<br />

Dass manche Einlassungen bedrohlich auf den/die Autor(en) zurückwirkten,<br />

bekam Hachfeld durch die seinerzeitige bundesdeutsche<br />

Justiz mehrfach zu spüren: Nicht alles wurde als Meinungsfreiheit<br />

optioniert (s.u.).<br />

(HMK)<br />

Hachfeld: 13.6.2015<br />

Hachfeld: Beitrag zur "Straußmappe", 1972<br />

"HACHFELD VS. STRAUSS" SOLIDARISIERTE 32 KÜNSTLER<br />

Brüder-Grimm-Preis-Träger Rainer Hachfeld hatte im Berliner Extra-Dienst (nrn.<br />

65/66 vom 22. bzw. 29. 8. 1970) Franz-Josef Strauß karikaturistisch gewürdigt. Er<br />

zeichnete ihn als Figur, deren Gliedmaßen sich "hakenkreuzeln". Erfolg des "kleinkarierten"<br />

Politikers: Einstweilige Verfügung für R. H. unter Androhung einer "Geldstrafe in<br />

unbeschränkter Höhe oder Haftstrafe bis zu 6 Monaten".<br />

ihm aus der not seiner rund 10.000 Mark Anwaltskosten u.a.m. zu helfen, riefen die<br />

Braunschweiger Künstler Siegfried neuenhausen und Günther Vossiek zu einem "Akt der<br />

Solidarität" auf. Sie regten die inzwischen legendäre "Strauß Mappe" an, die schließlich<br />

von den 32 Mitstreitern Albrecht, Alvermann, Badura, Baehr, Brehmer, Beuys, Decker,<br />

Deventer, Diehl, Donnan, Eirich, Fongi, Gaulin, Geiss, K. F. Günter, J. Hoffmann,<br />

V. Kühn, lindemann, von Monkiewitsch, neuenhausen, Petrick, Sartorius, Sorge, Staeck,<br />

Steidl, Volland, Vossiek, Waller, Wortelkamp, Zingerl in einer Aufl age von 165 Exemplaren<br />

realisiert wurde (s.a. BoGART 24).<br />

Deckung durch die Kunstfreiheit erhielt Hachfeld auch 1987 nicht, nachdem über<br />

sieben Jahre die Hamburger Justiz zu klären versuchte, ob Hachfeld den bayerischen<br />

Ministerpräsidenten dadurch beleidigt habe, „daß er als Pressezeichner in der Zeitschrift<br />

konkret 7/80, 6/81 und in Fortsetzung 10/81 Dr. (h.c.) Strauß als ‚Schweinchen‘<br />

dargestellt hat, das mit (anderen) ‚Justiz-Schweinchen‘ offenbar genußvoll kopuliert und<br />

selbst von solchen begattet wird“. Hachfeld musste 3000 Mark Strafe zahlen sowie<br />

sämtliche Kosten des Verfahrens tragen. – Die "Satire" der Satire kann hier komplett<br />

nachgelesen werden: zeit.de/1988/08/schweine-im-rechtsraum.<br />

für Creative Bogart 27<br />

E<br />

xemplare dieses brisanten, hochkarätigen Zeitdokuments befi nden sich in der Sammlung der Harvard Art<br />

Museums (harvardartmuseum.org) mit allen Abbildungen und Beschreibungen sowie in der Sammlung des<br />

Deutschen Historischen Museums (DHM, Berlin). - Das Gesamtwerk und Einzelstücke können im Kunst-<br />

(z.B. artax.de), ebay-Handel oder bei Auktionen erworben werden.<br />

"Ich laß' mich doch nicht zum Hanswurst von<br />

Karikaturisten machen!" (Der ledige FJS 1953 zu<br />

Adenauer, der ihm das Familienministerium anbot.)

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!