atw 2015-01
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<strong>atw</strong> Vol. 60 (<strong>2<strong>01</strong>5</strong>) | Issue 1 ı January<br />
44<br />
KTG INSIDE<br />
Inside<br />
Liebe Leserinnen und Leser, im Jahr 2<strong>01</strong>4 sind vier neue Kernkraftwerke weltweit ans Netz gegangen, davon<br />
drei allein in China. Weitere 26 sind dort im Bau. Das Land mit dem größten Wachstumspotenzial und Energiehunger<br />
setzt verstärkt auf Kernenergie, um die Umweltverschmutzung durch die Kohleverstromung und die damit verbundenen<br />
gesundheitlichen Gefahren nachhaltig zu reduzieren. Und auch im Rahmen der internationalen Bemühungen um Klimaschutz<br />
und CO 2 -Reduktionen ist Kernenergie inzwischen eine Option für den Weltklimarat.<br />
In Deutschland zeigt sich derweil immer deutlicher die<br />
Tragweite von nicht zu Ende gedachten politischen Entscheidungen.<br />
Der Kernenergieausstieg lässt die ehrgeizigen<br />
CO 2 -Ziele der Bundesregierung wanken. „Dreckige“ Kohlekraftwerke<br />
ersetzen in der Grundlastversorgung die Kernenergie,<br />
weil die entsprechenden CO 2 -Zertifikate so billig<br />
sind. Der EU-Emissionshandel liegt wegen politischer Eingriffe<br />
und falscher Rahmenbedingungen am Boden. Und<br />
damit rechnet sich selbst der Einsatz moderner und umweltfreundlicher<br />
Gas- und Kohlekraftwerke nicht mehr.<br />
Während die Erneuerbaren zeitweise im Überfluss ins<br />
Netz drücken, leidet insgesamt die Versorgungssicherheit.<br />
Auf Veranlassung des Netzbetreibers musste beispielsweise<br />
2<strong>01</strong>4 das Kernkraftwerk Brokdorf die Revision verschieben.<br />
Gleichzeitig ergreifen die europäischen Nachbarn im<br />
Osten technische Maßnahmen, um die ungebremste<br />
Stromeinspeisung aus Deutschland zu Spitzenzeiten der<br />
regenerativen Erzeugung zu verhindern. Erforderliche Infrastrukturinvestitionen<br />
in Deutschland bleiben hingegen<br />
aus: zu wenig Planungssicherheit und jede Menge regionale<br />
Widerstände. Und die technische Umsetzung von Großspeichern<br />
ist nach wie vor nicht gelöst. Die „Dunkelflaute“<br />
wird bei weiter steigendem Anteil der Regenerativen immer<br />
mehr zum Problem, technisch wie auch wirtschaftlich.<br />
Fazit: Der Energiemarkt funktioniert nicht mehr.<br />
Gleichzeitig versucht die Bundesregierung die durch<br />
ihre aktionistischen Eingriffe selbst verursachten Probleme<br />
bei Energieversorgung und Klimaschutz auf die Industrie<br />
und damit letztlich alle Bürger abzuwälzen. Das betrifft<br />
in gleichem Maße den vom Erneuerbare-Energie-Gesetz<br />
(EEG) beeinflussten hohen Strompreis – dem inzwischen<br />
in Europa nach Dänemark mit Abstand zu anderen<br />
EU-Staaten zweithöchsten – wie den verordneten Zwang<br />
zur Häuserdämmung. Und für die weitere Entsorgung<br />
werden neue zusätzliche Zwischenlagergenehmigungen<br />
für Abfälle aus der Wiederaufarbeitung gefordert, weil<br />
diese politisch motiviert nicht mehr in das dafür vorgesehene<br />
zentrale und genehmigte Lager dürfen.<br />
Die Bundesregierung zeigt sich dennoch überrascht,<br />
dass ihre Eingriffe mit Konsequenzen insbesondere für die<br />
großen Energieversorger verbunden sind und diese unter<br />
wirtschaftlichen Gesichtspunkten zum Handeln gezwungen<br />
werden. Das über Jahrzehnte gesamtgesellschaftlich<br />
eingeschwungene System zwischen Industrie, Politik und<br />
Gesellschaft ist aus dem Takt.<br />
Mich persönlich erstaunt bei diesen Entwicklungen in<br />
Deutschland am meisten, dass die politisch Verantwortlichen<br />
immer wieder von Konsequenzen überrascht werden,<br />
die doch eigentlich recht gut im Voraus zu berechnen<br />
waren. Ein Beispiel dafür ist die Diskussion um die Entsorgungskosten.<br />
Auf Basis geprüfter Konzepte wurden<br />
über Jahrzehnte Rückstellungen aufgebaut und bestätigt.<br />
Für den Wegfall von Planungs- und Geschäftsgrundlagen<br />
kann man die Unternehmen der Energiewirtschaft aber<br />
tatsächlich nicht verantwortlich machen; weder für den<br />
um Jahrzehnte verschobenen Bau eines Endlagers für<br />
hochradioaktive Abfälle noch für die gesetzliche „Enteignung“<br />
ihrer Kraftwerke und den damit verbundenen wirtschaftlichen<br />
Verlust.<br />
Liebe Leserinnen und Leser, ich möchte mich weder vom<br />
bisherigen Bild der ingenieurtechnisch geprägten und innovativen<br />
Bundesrepublik verabschieden, noch vom Wirtschaftsstandort.<br />
Die Erkenntnisse des Bundeswirtschaftsministers<br />
lassen mich hier ein wenig hoffen. Schließlich hat<br />
er die Komplexität der Energiewende erkannt und auch das<br />
EEG als ungeeignetes Mittel zur Steuerung der Energiesysteme<br />
adressiert. Wir dürfen dennoch gespannt sein, wie die<br />
übergeordneten energiepolitischen Ziele Wirtschaftlichkeit,<br />
Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit in<br />
Deutschland wieder gleichermaßen Einzug halten.<br />
Ich wünsche Ihnen und uns allen für das Jahr <strong>2<strong>01</strong>5</strong>,<br />
dass wir auch weiterhin unsere Kompetenz und unser Engagement<br />
im Dienste der friedlichen Nutzung der Kernenergie<br />
zum Einsatz bringen können – in Deutschland und<br />
weit darüber hinaus!<br />
Ihre<br />
Dr. Astrid Petersen<br />
Vorsitzende der KTG e.V.<br />
KTG-Newsletter Nr. 4<br />
* Der vollständige<br />
Newsletter, u.a. mit<br />
detaillierten Informationen<br />
zu Vorstand<br />
und Aktivitäten der<br />
KTG-Sektionen ist<br />
auf den Webseiten<br />
der KTG verfügbar<br />
unter www.ktg.org |<br />
Service<br />
Liebe Leserinnen und Leser, wir haben in der Mitgliederversammlung der Kerntechnischen Gesellschaft e. V.<br />
(KTG) am 6. Mai 2<strong>01</strong>4 einstimmig eine neue Satzung verabschiedet, die u.a. eine Vereinfachung der Struktur vorsieht.<br />
Die Fusion der bisher 10 Ortssektionen zu den 5 Sektionen – Nord, Süd, West, Ost und Südwest – ist inzwischen<br />
umgesetzt. Informationen darüber, aber auch über die konstituierende Sitzung des KTG-Beirats und vieles mehr<br />
finden sie in diesem Newsletter*.<br />
Weiterhin ist es uns sehr wichtig, dass der KTG-Newsletter<br />
insbesondere durch Beiträge von IHNEN – den KTG-<br />
Mitgliedern – lebt, daher gilt nach wie vor: Ihr Feedback<br />
aber auch Ihr Input ist ausdrücklich erwünscht. Lob, Kritik<br />
und Verbesserungsvorschläge, aktuelle Themen, interessante<br />
Beiträge und News aus der Welt der Kerntechnik<br />
senden Sie gerne an: newsletter-input@ktg.org.<br />
Die nächste Ausgabe des Newsletters ist für das<br />
II. Quartal <strong>2<strong>01</strong>5</strong> geplant mit Einsendeschluss für Beiträge<br />
28. Februar <strong>2<strong>01</strong>5</strong>. Ihr Redaktionsteam<br />
KTG Inside