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Spectrum #1 2018

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„Für uns steht extrem viel auf dem Spiel“<br />

Am 4. März wird über die „No-Billag“-Initiative abgestimmt. Die Abschaffung der Empfangsgebühren<br />

für Radio und Fernsehen würde nicht nur die SRG, sondern auch 34 private Sender<br />

treffen, darunter das einzige Freiburger Lokalradio RadioFR.<br />

NOAH FEND<br />

Regionalität, Zweisprachigkeit, Nähe:<br />

Das ist RadioFR für Programmleiter<br />

Oliver Kempa. „Das Radio von Freiburg<br />

für Freiburg“, fügt er den kurzen<br />

aber markigen Stichworten bei, die er<br />

zur Charakterisierung des Lokalradios<br />

wählt. Als einziger regionaler Radiosender<br />

im Kanton Freiburg kommt RadioFR<br />

eine wichtige Rolle zu bei der Versorgung<br />

der Freiburgerinnen und Freiburger mit<br />

lokalen Nachrichten aus Politik, Wirtschaft,<br />

Sport und mit lokaler Kultur.<br />

Gelder aus dem Gebührentopf<br />

FREIBURG<br />

© Foto: zVg<br />

Damit die regionale Versorgung mit<br />

Nachrichten und Kultur im kleinen,<br />

zweisprachigen, ländlichen und eher<br />

wirtschaftsschwachen Kanton Freiburg<br />

mit seiner vergleichsweise geringen<br />

Reichweite gewährleistet werden kann,<br />

erhält RadioFR finanzielle Unterstützung<br />

aus dem Gebührentopf. Dank des<br />

Gebührenanteils kann sichergestellt<br />

werden, dass auch kleine Sendegebiete,<br />

die für einen privaten Radio- oder Fernsehsender<br />

nicht profitabel wären, mit<br />

lokalen Informationen versorgt werden<br />

können.<br />

Bei RadioFR stammt rund ein Drittel<br />

des jährlichen Budgets von 7,5 Millionen<br />

Franken aus dem Billag-Gebührentopf.<br />

Damit ist das Freiburger Lokalradio<br />

direkt betroffen von der „No<br />

Billag“-Initiative, über die am 4. März<br />

abgestimmt wird. „Für uns steht extrem<br />

viel auf dem Spiel“, sagt Oliver Kempa.<br />

Trotzdem schlägt er im Gespräch nicht<br />

die vorherrschenden Töne des zuweilen<br />

laut und emotional geführten Abstimmungskampf<br />

an, sondern wirkt sehr gefasst<br />

und reflektiert.<br />

Mainstream statt Lokaljournalismus<br />

„Eine Annahme der „No Billag“-Initiative<br />

am 4. März würde das Ende von RadioFR<br />

in der heutigen Form als zweisprachiges<br />

Lokalradio bedeuten“, stellt Kempa klar.<br />

Ein Ja zur Initiative hiesse zwar nicht<br />

gleich Lichterlöschen bei RadioFR, man<br />

würde alles versuchen, um weiterhin<br />

Live on air: junge Gäste im Studio von RadioFR beim Live-Interview<br />

für die Region Freiburg Radio machen<br />

zu können. Ein künftiges Freiburger Lokalradio<br />

mit gut einem Drittel weniger<br />

Budget würde aber entsprechend anders<br />

aussehen und es würde zu einem erheblichen<br />

Leistungsabbau kommen.<br />

Der grösste Kostentreiber bei RadioFR<br />

sind die derzeit rund fünfzig Angestellten.<br />

Bei ihnen müsste man sicher auch<br />

ansetzen, wenn es darum ginge, Kosten<br />

in der Höhe von jährlich rund 2,5 Millionen<br />

einzusparen. „Ein Radio FR ohne<br />

Gebühren wäre ein Radio mit massiv<br />

weniger Inhalt und vor allem mit massiv<br />

weniger Journalismus“, sagt Oliver<br />

Kempa. Information, Sport und Kultur<br />

wären wohl die Hauptverlierer im Programm:<br />

„Wir könnten aus einer stark reduzierten<br />

Redaktion niemanden mehr<br />

zu einem Interview mit dem Staatsrat<br />

schicken, nachdem dieser über die Erhöhung<br />

der Studiengebühren beraten hat,<br />

wir könnten keine Gottéron-Spiele mehr<br />

live übertragen und keine lokalen Bands<br />

mehr fördern, weil wir uns nur noch<br />

Mainstream-Musik leisten könnten.“<br />

Mit weniger journalistischem Schaffen<br />

muss bei RadioFR das Freiburgische dem<br />

Mainstream weichen. Das könnte sogar<br />

so weit führen, dass man anstatt wie bisher<br />

zwei nur noch einen Sender betreiben<br />

könnte. Im Gegensatz zur gesamtschweizerischen<br />

Lage würde im Kanton<br />

Freiburg vor allem die deutschsprachige<br />

Minderheit verlieren. Denn bereits jetzt<br />

ist es eher der französischsprachige Sender,<br />

der mit mehr Werbeeinnahmen den<br />

deutschsprachigen Teil quersubventioniert.<br />

Rein ökonomisch betrachtet ist<br />

der deutschsprachige Radiomarkt im<br />

Kanton Freiburg also noch unattraktiver<br />

als der französischsprachige.<br />

RadioFR im Spannungsfeld<br />

Auf der Redaktion von RadioFR ist die<br />

bevorstehende Abstimmung ein Dauerthema,<br />

das täglich an Sitzungen oder<br />

in Kaffeepausen zur Sprache kommt.<br />

Es wäre aber falsch, von einer konstant<br />

herrschenden Angst zu sprechen, die<br />

sich auf das redaktionelle Arbeitsklima<br />

niederschlägt. Stellvertretend dafür<br />

spricht Kempa sehr differenziert und<br />

sachlich über die Initiative und betont, er<br />

fände die Diskussion um den Service public,<br />

die nun geführt wird, enorm wichtig<br />

und wolle sich dieser auch stellen.<br />

Obwohl sich das Unternehmen mit dem<br />

Verband Schweizer Privatradios klar gegen<br />

die Initiative positioniert, wird in<br />

der Redaktion – wie bei allen politischen<br />

Themen – auf Ausgewogenheit und Neutralität<br />

geachtet und professionell gearbeitet.<br />

Das sei auch das einzig Richtige<br />

für RadioFR, so Kempa: „Es geht darum,<br />

wie immer einen guten Job zu machen,<br />

unabhängig davon, worüber berichtet<br />

wird.“<br />

02-03.<strong>2018</strong><br />

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