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D'HANDWIERK JANUAR 2020

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MAGAZINE<br />

THÉMATIQUE<br />

Angehörigen gehen. Sie helfen ebenfalls, die erste schockierende<br />

Nachricht zu begreifen und die ersten Stunden durchzustehen.<br />

„Das ist sehr gut, für die Hinterbliebenen, denn sie bringen<br />

ebenfalls Zeit mit und kümmern sich“, sagt Thierry Graul.<br />

Die Bestatter-Branche<br />

Er selbst arbeitet in einem Familienunternehmen, das es<br />

seit fünf Generationen in Luxemburg gibt. Dabei war sein<br />

beruflicher Werdegang nicht von Anfang an klar, denn<br />

Thierry Graul hat Hotelmanagement gelernt. Er berichtet:<br />

„Ich war in der Hotellerie tätig. Ich habe mir als Jugendlicher<br />

und junger Erwachsener keine großen Gedanken gemacht,<br />

den Betrieb zu übernehmen. Aber dann kam mein Vater<br />

ins Rentenalter und es stand in der Familie die Frage<br />

im Raum, wie und ob es weitergehen solle. Ein Jahr lang habe<br />

ich mir das überlegt und schließlich beschlossen, unser<br />

Bestattungsunternehmen zu führen.“ Schließlich fügt er hinzu:<br />

„Es ist auf jeden Fall ein abwechslungsreicher Beruf, keine<br />

Situation gleicht der anderen. Manchmal kommt man natürlich<br />

an seine Grenzen, wenn beispielsweise ein Kind oder ein<br />

Jugendlicher verstorben ist. Das geht an keinem vorbei“,<br />

so Thierry Graul nachdenklich.<br />

Um solche und ähnliche Situationen zu verarbeiten, sprechen<br />

die Bestatter sehr viel untereinander. „Es ist für uns ein<br />

Ehrenkodex, dass wir, außerhalb unseres Berufsstands,<br />

nichts weitergeben, was wir bei unserer Arbeit erleben.<br />

Das sind für die Menschen sehr intime Situationen und da<br />

ist für uns selbstverständlich, dass wir darüber Stillschweigen<br />

bewahren“, so der Verbandsvorsitzende.<br />

Nachwuchssorgen hat die Bestatterbranche weniger, weil<br />

die meisten Bestattungsunternehmen Familienunternehmen<br />

sind. Wenn Personal gesucht wird, sind oft mehr weibliche<br />

als männliche Bewerber dabei. „Das wundert mich ein wenig,<br />

weil es ja teilweise ein schwerer Beruf ist.“ Was hilft, in diesem<br />

nicht einfachen Beruf zu bestehen, ist nach Auffassung von<br />

Thierry Graul, wenn man im Rettungsdienst tätig war.<br />

„Da hat man schon einiges gesehen. Wenn der Rettungsdienst<br />

kommt, gibt es noch Hoffnung, wenn wir kommen, gibt<br />

es keine mehr“, fasst er zusammen, der selbst einige Jahre<br />

im Rettungsdienst gearbeitet hat. Bestatter ist bis jetzt noch<br />

kein Ausbildungsberuf, aber es gibt Fortbildungen, wie<br />

die hygienische Grundversorgung beim Verband der<br />

deutschen Einbalsamierer, bei dem es darum geht, eine Person<br />

herzurichten, beispielsweise nach einem Unfall.<br />

Der Bestatter Verband<br />

Die Luxemburger Bestatter arbeiten momentan noch auf<br />

einer Gesetzesbasis von 1913. Thierry Graul meint: „Wir vom<br />

Verband sind momentan dabei, Vorschläge zu machen, damit<br />

ein neues Gesetzt in den folgenden Jahren, hoffentlich für 2021,<br />

in Kraft treten kann, das auf die heutigen Verhältnisse<br />

abgestimmt ist. In dem jetzigen geht es noch um den Transport<br />

von Verstorbenen mit dem Zug und Kutschen. Zudem ist<br />

von Krankheiten wie Typhus die Rede und wie wir uns<br />

verhalten müssen, um deren Ausbreitung zu verhindern.“<br />

Er ergänzt: „Würden wir uns danach richten, würde<br />

das Krematorium in die Luft fliegen.“<br />

Vieles hat der Verband in den vergangenen Jahren auch schon<br />

erreicht: Ist beispielsweise jemand in der Stadt Luxemburg<br />

verstorben, durften die Bestatter die Person einsargen, aber<br />

„Die Menschen sollen wissen, was wir für sie und<br />

die Gesellschaft leisten.“<br />

anschließend kam ein Wagen der Kommune, die den<br />

Transport übernommen hat. „Das haben wir ändern können,<br />

denn es war sehr umständlich.“ Zudem haben sie ihren<br />

Mitgliedern die Arbeit erleichtert, indem sie einige<br />

Informationen auf dem internen Bereich ihrer Internetseite<br />

veröffentlicht haben.<br />

Wenn es Probleme gibt, zwischen Bestattern und anderen<br />

Institutionen, treten sie vermittelnd auf. Zudem hat der Verband<br />

internationale Kontakte und weiß über Neuerungen im Bestattungswesen<br />

sehr gut Bescheid. „In den Niederlanden und der<br />

Schweiz werden momentan Folien benutzt, in denen eine<br />

Leiche luftdicht verschlossen werden kann, zum Transport.<br />

Diese Folie soll den Zinksarg ersetzen. Dies ist sehr viel<br />

kostengünstiger als in einem Zinksarg, wegen des Gewichts.<br />

Bei Rückführungen mit dem Flugzeug oder wenn die Strecke<br />

länger ist als 650 Kilometer, braucht man das.<br />

Wichtig ist dem Verband, dass alle Mitglieder für einen<br />

gemeinsamen Codex stehen, der nach außen hin sichtbar ist.<br />

„Die Menschen sollen wissen, was wir für sie und die<br />

Gesellschaft leisten.“, schließt der Verbandschef.<br />

Fédération des Artisans<br />

j.lelong@fda.lu<br />

www.fda.lu<br />

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