D'Handwierk Avril 2020
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MAGAZINE<br />
INTERVIEW<br />
TOM OBERWEIS, PRÄSIDENT DER CHAMBRE DES MÉTIERS IM INTERVIEW (30. MÄRZ <strong>2020</strong>)<br />
Das Handwerk in<br />
der Corona-Krise.<br />
Infolge der von der Regierung in dieser Coronakrise erlassenen Maßnahmen, ist die Mehrheit der Handwerksbetriebe<br />
gezwungen, ihre Arbeit einzustellen. Einige wenige, so z.B. Lebensmittel- und Reinigungsbetriebe- oder Optiker, dürfen<br />
ihre Leistung weiterhin anbieten. Im Bausektor ist die Ausführung dringender Wartungs- oder Reparaturarbeiten erlaubt.<br />
Kleine, mittlere und große Unternehmen aus dem Handwerk müssen sich mit einer wirtschaftlichen Situation<br />
auseinandersetzen, wie es sie seit dem Zweiten Weltkrieg nie wieder gab.<br />
Wo sehen Sie das Hauptproblem für die Unternehmen?<br />
Es gibt Betriebe, denen Aufträge und Projekte nicht verloren<br />
gehen, allerdings wird deren Ausführung zeitlich verzögert.<br />
Während dieser Wartezeit kann ein Betrieb einen Großteil<br />
laufender Kosten aber nicht einfach aussetzen, sondern muss<br />
weiterhin diese Fixkosten decken. Für andere, insbesondere<br />
im Nahrungsmittelhandwerk (hier gibt es große Verluste<br />
durch verderbliche Waren), können die am Anfang der<br />
Krise entstandenen Verluste auch nach der Krise nicht mehr<br />
ausgeglichen werden.Unabhängig von der individuellen<br />
Situation, stehen die Unternehmen in unmittelbarer Zukunft<br />
vor einem akuten Liquiditätsproblem. Das war die<br />
Hauptbotschaft von Generaldirektor Tom Wirion in<br />
einem RTL-Interview vom 24. März, in dem er eine<br />
Sonderfinanzhilfe in Form eines nicht rückzahlbaren<br />
Zuschusses forderte.<br />
Wie bewerten Sie das am 26. März von der Regierung<br />
vorgelegte Stabilitätsprogramm?<br />
Das vorgelegte Paket ist ein starkes Signal an die<br />
Wirtschaft. Es besteht aus dem folgenden Maßnahmen-<br />
Mix: Erstens einer staatlichen Garantie, die es Banken<br />
ermöglicht, Kreditlinien zu günstigen Bedingungen zu<br />
gewähren. Zweitens, rückzahlbaren Vorschüssen.<br />
Drittens, einer nicht rückzahlbaren Soforthilfe für Kleinstunternehmen,<br />
denen das Arbeiten untersagt ist. Viertens,<br />
Kurzarbeit mit Vorschusszahlungen. Fünftens, die schnelle<br />
Rückerstattung von MwSt.-Guthaben unter 10.000 Euro<br />
sowie sechstens, die Stundung von Steuer- und<br />
Sozialversicherungsbeiträgen.<br />
Das Paket entspricht teilweise den Vorschlägen der<br />
Chambre des Métiers, die seit Beginn der Krise in engem<br />
Kontakt mit der Regierung steht, insbesondere mit dem<br />
Minister für Mittelstand und Tourismus Lex Delles und<br />
dem Wirtschaftsminister Franz Fayot.<br />
Jetzt ist es wichtig, dass die beschlossenen Maßnahmen<br />
schnell umgesetzt und, wenn erforderlich, angepasst werden.<br />
Am 27. März hat die Chambre des Métiers der Regierung<br />
vorgeschlagen, die 5.000-EUR-Soforthilfe auf einen größeren<br />
Begünstigten-Kreis auszuweiten, diesen Zuschuss nicht<br />
„einmalig“ zu lassen sowie den rückzahlbaren Vorschuss<br />
anzupassen. Wir sind weiterhin im direkten Kontakt mit<br />
der Regierung, die bereits mitgeteilt hat, gegebenenfalls<br />
nötige Anpassungen vorzunehmen.<br />
Welche Rolle übernimmt die Chambre des Métiers<br />
in dieser Situation?<br />
Wir haben uns entschieden, unsere Kräfte in zwei<br />
Richtungen zu bündeln: Auf der einen Seite führen wir<br />
den Dialog mit der Regierung. Wir diskutieren und<br />
formulieren Vorschläge auf Basis der Rückmeldungen,<br />
die wir schon sehr früh von unseren Unternehmen erhalten<br />
haben. Die Chambre des Métiers ist somit einer der<br />
Hauptgesprächspartner der Regierung. Das wurde vom<br />
Finanzminister bei der Vorstellung des Maßnahmenpakets<br />
bestätigt.<br />
Auf der anderen Seite unterstützen wir unsere Betriebe in<br />
dieser Krise in ihrem Kampf gegen wirtschaftliche Schäden.<br />
Unter www.yde.lu wurde eine Info-Webseite zum Thema<br />
Coronavirus eingrichtet, auf der wesentliche und fortlaufend<br />
aktualisierte Infos und FAQs zu finden sind. Zusätzlich<br />
steht den Betrieben ein Berater-Team über eine hierfür<br />
eingerichtete Hotline zur Verfügung.<br />
Am 16. März, dem ersten Tag der Hotline hatten wir bei<br />
der Chambre des Métiers bereits mehr Anrufe als bei<br />
uns sonst im ganzen Monat eingehen. Das zeigt deutlich,<br />
dass dieser Service die richtige Antwort auf die dringlichen<br />
Bedürfnisse der Betriebe ist.<br />
Über wichtige neue Infos wurden und werden die<br />
Betriebe auch direkt per Mailing informiert. Parallel erhöht<br />
die verstärkte Präsenz in den sozialen Medien unsere<br />
Reichweite und somit die schnelle Vermittlung und<br />
Verbreitung wichtiger Informationen. Ich möchte die<br />
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