Spectrum_3_2020
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zent der untersuchten Eissturmvögel fanden
sich in ihren Mägen Plastikteile. Oft
verhungern sie, weil der Magen durch das
Plastik komplett gefüllt ist. Auf Lord-Howe-Island,
erzählt Terra X, wüssten die
Forschenden keinen anderen Rat mehr,
als den Jungvögeln nachts die Mägen auszupumpen,
um sie zu retten.
«Right here, right now is where we
draw the line.»
Ernüchternd wirkt das Ergebnis des Leibniz-Zentrum
für Marine Tropenforschung
zum Projekt «The Ocean Cleanup». Es
handelt sich dabei um schwimmende
Müllschlucker, die Plastik aus dem Meer
sammeln und unsere Welt von Plastik befreien
sollen. Gemäss der Studie könne
aber nach 130 Jahren nur etwas mehr als
fünf Prozent des gesamten Meeresplastikabfalls
durch diese Technik herausgefiltert
werden. Dennoch steht der 23-jährige
Boyan Slat mit seinem «The Ocean Cleanup»
für eine neue Bewegung. Wegen der
stetig wachsenden Produktion von Plastik
sind seit 1970 immer mehr Erkenntnisse
gesammelt und Initiativen gegen
exzessive Nutzung von Plastik gegründet
worden. Länder wie Ruanda, Uganda,
Marokko, Eritrea oder Kongo haben bereits
Anti-Plastik-Gesetze erlassen. Die
Europäische Union beschloss punktuelle
Einwegplastikverbote ab 2021 und schuf
mit Horizon 2020 das grösste Forschungsprogramm
der Union, das zum Beispiel
auch die Studie des National Oceanography
Centres unterstützte. Die Seychellen
haben alle Einwegprodukte verbannt und
ein Marinereservat gegründet, das die
Grösse von Grossbritannien hat. Private
Akteure wie Ocean Care setzen sich ein
für ein Verbot von primärem Mikroplastik,
lancieren Kampagnen wie «I care»,
die App «Beat the Microbead» und rufen
mit Ihrem Hastag #plasticdiet zu einem
Verzicht auf Einwegplastik auf. Auch Klimaaktivisten,
wie Greta Thunberg, verschaffen
sich immer mehr Gehör. Auf der
Generalversammlung der Vereinten Nationen
sprach sie Ende September 2019
«Right here, right now is where we draw
the line. The world is waking up. »
Wir leben in einer Umbruchzeit. Die Erfindungsfähigkeit
des Menschen hat uns
in eine neue geochronologische Epoche
geführt. Plastik erobert die Welt und
hinterlässt in der Umwelt, im Wasser, im
Tier und im Menschen seine Spuren. Die
Studien überschlagen sich mit immer neuen
ernüchternden Feststellungen. Jedoch
zeigen sie auch, dass wir beginnen hinzuschauen,
dass in der Welt alles zusammenhängt
und es dem Menschen möglich
ist, sich darin einzumischen. Wir können
neue Spuren hinterlassen.
Die Songwriterin Frederika Stahl besingt
im Lied «Pull Up Your Sleeves» das Fazit
«Nothing we can say is no excuse, we’ve
got the power in our hands.»
Für weitergehende Informationen
zum Thema
siehe den neu erschienen Plastikatlas
der Heinrich-Böll-Stiftung.
https://www.boell.de/de/plastikatlas
Dokumentarfilm «A Plastic Ocean»
von Craig Leeson
24 spectrum 09.20