SPECIAL Maschinen-Automation schon im Studium oder in Familienunternehmen Kontakt zur Fertigungsindustrie gefunden. mav: Spüren Sie das auch an den Rückmeldungen aus dem Markt? Nyman: Durchaus. Viele unserer Kunden sagen: Das unterscheidet euch von anderen, ihr seid nicht irgend so ein ERP-Unternehmen, sondern ihr riecht noch nach Kühlmittel. Damit meinen sie, dass wir aus der Fertigung kommen und verstehen, welche Anforderungen dort bestehen. Mir gefallen solche Kommentare sehr und ich würde gerne diesen „Geruch nach Kühlmittel“ beibehalten. mav: Wie fügen sich Ihre Systeme in die großen IoT- Plattformen ein, wie sie SAP und andere entwickeln? Nyman: Wir können natürlich nicht alles das, was SAP kann – und das wollen wir auch nicht. Wir kommen von der Fabrikebene und ergänzen Systeme wie SAP, weil die den Fertigungsbereich nicht so gut verstehen wie wir – das hören wir zumindest von unseren Kunden. Unser Ansatz ist es, neue Softwareschichten oberhalb dessen einzuziehen, was wir heute anbieten, um die Automation von der System- auf die Fabrikebene zu heben. Dabei wollen wir auch diejenigen Zellen mit einbinden, die noch auf manuelle Arbeitsschritte angewiesen sind. mav: Wie genau? Nyman: Wie automatisieren die Information über die Arbeit, die manuell geleistet wird. Das ist sehr wichtig, um einen vollständigen digitalen Blick auf die Prozesse zu erhalten. Bei der Produktion mit unseren FMS etwa gibt es oft manuelle Phasen. Die sind dann wie schwarze Löcher, in denen das Werkstück verschwindet. mav: Und dann kommt es zurück und Sie sehen wieder, was Sie vor sich haben ... Nyman: So ist es. Und das wollen wir vollständig transparent machen. Die Robocell One eröffnet in Kombination mit der MMS von Fastems neue Potenziale für die flexible, wirtschaftliche Losgrößenfertigung. Bild: Fastems Flexible Fertigung auch für schwerere Teile Eine anpassungsfähige, mithin flexible spanende Bearbeitung insbesondere schwererer Teile in unterschiedlichen Losgrößen ermöglicht die Robocell One von Fastems. Die einfach konfigurierbare Roboterzelle ist zur Handhabung vor allem von gewichtigen Werkstücken bis 80 kg sowie zur Automatisierung von bis zu zwei Werkzeugmaschinen gleichen Typs (Dreh- oder Fräsmaschine) ausgelegt. Die Zelle wurde speziell für die flexible Losgrößenfertigung mit hoher Teilevarianz entwickelt. Eine Besonderheit ist in diesem Zusammenhang ein optionales automatisiertes Greiferwechselsystem für die flexible Werkstückhandhabung sowie eine einfache Implementierung neuer Teile auch während der laufenden Produktion. Der Roboter lässt sich hierzu mit Einzel-, Doppel- oder Sondergreifern bestücken, wobei für die fertigungsspezifische Werkstückhandhabung bis zu sechs verschiedene Greifer eingesetzt werden können. Somit ist ein einzelner, auf einer Linearachse verfahrbarer Roboter in der Lage, zwei Maschinen flexibel mit Werkstücken zu versorgen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, mit beiden Maschinen parallel unterschiedliche Produkte zu fertigen. Hierzu wechselt der Roboter zum Be- und Entladen der jeweiligen Anlage automatisch seine Greifer. Das Ergebnis: eine optimale Maschinenauslastung selbst bei häufig wechselnden Aufträgen. Ihre Stärken spielt die Robocell One vor allem in Kombination mit der Manufacturing Management Software (MMS) aus. Die MMS plant entsprechend der Produktionsaufträge automatisch die gesamte Fertigung mit wechselnden Werkstücken in unterschiedlichen Losgrößen und unter Berücksichtigung sämtlicher hierfür benötigten Ressourcen. Wird die Robocell One erstmals auf ein neues Werkstück umgerüstet, sind hierzu nahezu keine Roboterkenntnisse erforderlich. Statt den Roboter zeitaufwendig einzuteachen, erfolgt dessen Konfiguration mittels parametrischer Programmierung über die MMS. Somit lassen sich neue Teilestammdaten sowie Aufträge einfach während der laufenden Produktion, also hauptzeitparallel, erstellen. 124 September 2019
mav: Wenn Sie die Märkte für Automatisierung weltweit betrachten, sehen Sie da Unterschiede? Nyman: Europa ist traditionell der führende Anwender von Automationstechnik. Hier ist man sich seit Langem einig, dass es nicht darum geht, ob automatisiert wird, sondern nur darum, wie. In den Vereinigten Staaten ist man etwas später aufgewacht. Aber in den vergangenen Jahren wurde einiges an Produktion in die USA zurückverlagert und man hat erkannt, dass Automation nötig ist, um wettbewerbsfähig zu sein. Zumal jetzt die Fachkräfte fehlen, die über die Jahre verloren gegangen sind. Dabei suchen die Amerikaner nicht immer die allerneueste Technologie, sie sind vor allem scharf auf simple Lösungen, die funktionieren und schnell Profit bringen. mav: Und die Chinesen? Nyman: In China sieht es anders aus: Die Chinesen sind nicht an Second-Hand-Technologie oder Einstiegslösungen interessiert, sie wollen die neueste und beste Technologie – und sind auch bereit, dafür zu zahlen. Sie fahren einen Hightech-Ansatz ... mav: ... wie auch im Bereich der Qualität. Hängt das zusammen? Nyman: Absolut. Die Chinesen haben Kunden in Europa und in den USA und sie setzen die gleichen Qualitätsmaßstäbe auch für die chinesische Produktion an. Um stabile Prozesse, hohe Qualität und Rückverfolgbarkeit ihrer Produkte zu sichern, benötigen sie Automation sowie Software, die alles dokumentiert. „Die Intelligenz und die zusätz - liche Wert - schöpfung steckt in der Software – und in deren Weiterentwicklung investieren wir.“ mav: Wodurch heben sich Ihre Lösungen von anderen im Markt ab? Nyman: Den wahren Unterschied macht unsere Manufacturing Management Software (MMS), die die fortschrittlichste Lösung zur Fertigungsautomation im Markt darstellt und kontinuierlich weiterentwickelt wird. Natürlich haben sich viele andere Hersteller davon inspirieren lassen und eigene Produkte entwickelt, aber ich denke, wir sind immer einen Schritt voraus. Außerdem sind andere meist spezialisiert auf einen Teilbereich, etwa auf die Automation von Fräs- oder von Drehbearbeitung. Wir decken mit einer Software alles ab: Fräsen, Drehen und auch manuelle Arbeiten. Diese Bandbreite bietet sonst keiner. Unsere Software ist auch unabhängig vom Transportgerät: Ob Ladeportal, Roboterzelle, fahrerloses Transportsystem oder manueller Transport – wir decken alles ab. mav: Wie beurteilen Sie die jüngste Geschäftsentwicklung? Nyman: Unser Geschäft ist zuletzt stark gewachsen. In den vergangenen zwei Jahren konnten wir unseren Auftragseingang um 82 % steigern. Natürlich sehen wir im Moment eine Marktberuhigung, weil viele sich Sorgen machen – sei es wegen des Brexit, sei es wegen drohender Handelskriege, sei es wegen der Veränderungen durch die Elektromobilität. Das alles schafft eine Umgebung, in der die Kunden ihre Investitionen zurückhalten. Und wenn sie investieren, dann dauern die September 2019 125
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