Heft 29 - Sektion Gera
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Doch der Genialität waren Grenzen gesetzt,<br />
die Natur gab die Linie vor. Um dem Wasser<br />
Herr zu werden, bohrte man für die Sill beim<br />
Mühlthal-Tunnel und bei Matrei sowie den<br />
Eisack bei Gossensaß besondere Tunnel,<br />
die den Wasserzustrom ablenkten. Weitere<br />
besondere Konstruktionen und Hilfsanlagen<br />
waren vonnöten. So wurden z. B. nahe der<br />
Station Gries zum Höhengewinn kolossale<br />
Steinaufdämmungen vorgenommen und zum<br />
Schutze vor Lawinen Galerien und gedeckte<br />
Durchfahrten hergestellt. 22 Tunnel mit einer<br />
Gesamtlänge von 5233 m entstanden. Das<br />
größte dieser Bauwerke ist der Tunnel am<br />
Mühltal mit einer Länge von 867 m und damit<br />
fast um die Hälfte kürzer als der Haupt- und<br />
Scheiteltunnel am Semmering. Kein Vergleich<br />
also zu den entsprechenden Wunderwerken<br />
der späteren Alpenbahnen wie am Simplon<br />
oder Gotthard. Doch die Brennerbahn brauchte<br />
keinen Scheiteltunnel, wurde sie doch „offen“<br />
zur Passhöhe geführt – was sie uns heute<br />
so bewundern lässt.<br />
Wenn auch nicht so spektakulär ausgeführt,<br />
waren doch die Tunnelbauten unverzichtbar.<br />
Entscheidend für die Höhenentwicklung sind<br />
die beiden Kehrtunnel, übrigens die ersten<br />
ihrer Art. Der bei St. Jodok (469 m lang)<br />
fungiert als Mittelglied einer in die beiden<br />
Seitentäler Schmirn und Vals ausbiegenden<br />
Trassenschleife. Einzig mit der St. Jodoker<br />
Anlage war es möglich, die Brennerhöhe<br />
ohne Scheiteltunnel zu gewinnen! Der zweite<br />
Kehrtunnel befi ndet sich südlich der Wasserscheide<br />
zwischen den Stationen Schelleberg<br />
und Gossensaß.<br />
Insbesondere beim St. Jodok-Tunnel hatten<br />
die Mineure mit gewaltigen Wassereinbrüchen<br />
zu kämpfen. Beim Mühltal-Tunnel drohte das aus Ton- und Glimmerschiefer bestehende Erdmaterial<br />
zu rutschen und das Gewölbe einzustürzen. Deshalb trieb man von der Talseite her extra<br />
Stollen vor und teufte Schächte ab, um das alte Widerlager zu verstärken.<br />
Der Schienenweg über den Brenner bildet das wichtige Mittelstück der zwei großen alt-österreichischen<br />
Südbahn-Linien, welche das Land Tirol von Norden nach Süden und von Westen<br />
nach Osten durchziehen. Die ursprünglich 125 km lange Brennerbahn wurde am 17. August<br />
1867 für den Frachtverkehr und eine Woche später für den Personenverkehr freigegeben. Aufgrund<br />
der für die Trassierung schwierigen Gebirgsverhältnisse liegt über die Hälfte der Strecke<br />
„in der Kurve“. Das bedeutet einen höheren Verschleiß an den Schienen und verlangt leistungsstarke<br />
Lokomotiven sowie „leichtlaufende“ Wagen. Zudem befi nden sich nur 12 km Gleistrasse<br />
der gesamten Strecke in horizontaler Lage, 113 km sind Steigungen bzw. Gefälle. Die mit 1:40<br />
bzw. 25 Promille steilsten Rampen nehmen beachtliche 28 Streckenkilometer ein. Zwischen den<br />
Stationen Steinach und Brenner steigt die Bahn – die Zwischenstation Gries und den Jodok-Tunnel<br />
ausgenommen – auf über 12 km durchweg im Verhältnis 1:40. Bahnreisende nach St. Jodok<br />
mußten lange Zeit im Bahnhof Steinach aussteigen, da der Haltepunkt im Talort der <strong>Gera</strong>er Hütte<br />
erst am 26. November 1966 eröffnet wurde.<br />
1994 ging die „Umfahrung Innsbruck“ mit dem 12,72 km langen Inntaltunnel in Betrieb. Diese<br />
Umgehungsstrecke verbindet die im Inntal verlaufende Westbahnlinie mit der in Innsbruck<br />
nach Süden abzweigenden Brennerbahn. Bis dahin mussten die Züge aus Deutschland über<br />
978<br />
St. Jodok – Bahnschleife vor Hausberg Padauner<br />
Kogel.<br />
Brennerbahn, Durchfahrt Steinach.