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Heft 29 - Sektion Gera

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Klaus Kinski nach dem Zieleinlauf über 76 km<br />

in Schmiedefeld.<br />

980<br />

kleinen giftigen Anstiege der Vorstadt immer<br />

heftiger wurde.Acht Kilometer sanfter Anstieg<br />

folgte. Die Butterblumen bildeten links und<br />

rechts von uns einen wundervollen Kontrast<br />

in den saftig grünen Wiesen. Eine schöne<br />

Jahreszeit. Das Burschenschaftsdenkmal<br />

im Hintergrund vollendete dieses herrliche<br />

Panorama. Ähnliche Gedanken hatte auch<br />

der Hubschrauberpilot, der sein Gefährt landete<br />

und uns Läufer vor dieser Kulisse für das<br />

MDR-Fernsehen vorbeiziehen ließ.<br />

Meine 2090 von ASICS waren wirklich eine<br />

gute Entscheidung. Weich, wie auf Watte, lief<br />

ich über den mittelalterlichen Knüppeldamm.<br />

Nach 40 Minuten erreichte ich den Rennsteig<br />

an der „Hohen Sonne“.<br />

Viele von uns wünschten sich den Start des<br />

Laufes wieder hier. Wegen der Publikumswirksamkeit<br />

wurde er vor Jahren auf den Marktplatz<br />

nach Eisenach verlegt. Die Wirksamkeit<br />

ist gegeben, nur das Publikum fehlt – Sonnabend<br />

morgens 6.00 Uhr! Über eintausend<br />

Trainingskilometer seit Jahresbeginn hatte ich<br />

bisher in Vorbereitung dieses Laufes immer in<br />

den Beinen und halte das für eine gute Voraussetzung<br />

zum Überstehen des Rennens in einer<br />

zufrieden stellenden Zeit. Ob es wirklich läuft, merke ich erst unterwegs.<br />

Prüfstein ist hier nach 25 Kilometern der Anstieg auf den Inselsberg. Muss ich vorher schon<br />

gehen, ist das für den weiteren Verlauf des Wettkampfs kein gutes Zeichen. Vom Inselsberg<br />

hatte ich einen herrlichen Blick in die Thüringer-Becken-Landschaft. Besonders imposant sind<br />

um diese Jahreszeit die gelben Rapsfelder, die am Horizont mit dem Himmelblau verschmelzen.<br />

Trotz des blauen Himmels hatte die Sonne heute nicht die Kraft, uns zu wärmen.<br />

Am Verpfl egungspunkt des Kleinen Inselsbergs tankte ich Energie. Heißer Tee und der altbewährte<br />

Haferschleim taten gut.<br />

Nicht nur der Anstieg auf diesen Berg schlaucht. Zu unterschätzen ist auf keinen Fall der steile<br />

Abstieg, der Sturz- und damit Verletzungsgefahren in sich birgt. Ich lief mit permanenter „Fußbremse“<br />

und hatte das Gefühl als glühten meine Knie. Eine lange „Abfahrt“ ließ das Gefühl eines<br />

Bustouristen in mir aufkommen. Fehlte nur noch die Zeitung in der Hand. Die Beine, mein „Motor“,<br />

liefen fast von allein und ich konnte die vorbeiziehende Landschaft auf mich wirken lassen.<br />

Dieser Zustand begann sich zu trüben als sich Bauchschmerzen ankündigten. Stünde hier jetzt<br />

ein „Herzhäuschen“, ich würde es benutzen.<br />

Mit einer einen Meter langen, eng gewickelten Rolle Toilettenpapiers in meinem Hosentäschchen<br />

hatte ich für diesen Fall vorgesorgt. Also, kurz entschlossen, in einer Linkskurve rannte ich geradeaus<br />

in dichtes Unterholz. Umgeben von eng stehendem Fichtengehölz, das mich mit seinen<br />

Nadeln traktierte als wollte es mich wieder auf die Strecke schicken, sah ich die Läuferschar<br />

vorbeiziehen. Eile war geboten, denn ich wollte die „verlorene“ Zeit wieder aufholen.<br />

Unverzüglich war ich wieder auf der Laufstrecke. Jörg hatte einen Vorsprung von 200 Metern.<br />

Nach zehn Minuten war ich bei ihm. Das war zu schnell. Ich merkte es beim nächsten Anstieg.<br />

Im vorigen Jahr lief ich fast die gesamte 75-km-Distanz mit Hans-Uwe Strübing, einem Läuferurgestein<br />

aus Wismar. Ich habe es noch angenehm in Erinnerung.<br />

Wo blieb er nur in diesem Jahr? War er vor mir? Das glaubte ich nicht, denn er läuft langsamer an<br />

und holt mich in der Regel zwischen Kilometer 10 und 15 ein. Auf einmal war er da.<br />

„Du kommst spät. Was ist los?“, fragte ich. Muskuläre Probleme, und wenn es nicht besser<br />

würde, müsse er aussteigen, konnte ich als Wortfetzen wahrnehmen. Es stand also schlimm um<br />

ihn. Vielleicht könnte ich ihn begleiten, ihn ziehen, um ihm seine Lage zu erleichtern? dachte ich.<br />

Wir liefen gemeinsam weiter und Meter für Meter setzten wir uns von Jörg, der unbeirrt und ruhig<br />

seine Bahn zog, ab. Nicht ich zog Hans-Uwe, sondern er mich. Ich hatte Mühe, sein Tempo zu

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