VDWF im Dialog 2/2007
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14 <strong>VDWF</strong> <strong>im</strong> <strong>Dialog</strong> 2/<strong>2007</strong><br />
Keine normale Behörde:<br />
Das Europäische Patentamt, ein internationaler<br />
Wissensspeicher in München<br />
von Claus Kaelber, München<br />
Die Idee zählt: Neben komplizierten technischen<br />
Patenten werden auch <strong>im</strong>mer wieder scheinbar<br />
“einfache” Ideen als Gebrauchs- und Geschmacksmuster<br />
geschützt. Am Beispiel zweier konsequent<br />
durchdachter Objekte aus der Sammlung<br />
der Designprofessoren Carmen und Urs Greutmann<br />
von der Akademie der Bildenden Künste<br />
München lässt sich erkennen, dass ein cleveres<br />
Konzept und eine entsprechend gute Gestaltung<br />
einem Produkt zu einer eigenständigen Qualität<br />
verhelfen können. Der Grundstein für den späteren<br />
wirtschaftlichen Erfolg ist gelegt.<br />
Silikon-Pillendose mit Filmscharnier: Der Verschluss<br />
stülpt sich be<strong>im</strong> Öffnen nach unten<br />
weg und bildet eine Mulde für den Inhalt.<br />
Vorteil: Das Behältnis lässt sich leicht mit einer<br />
Hand öffnen.<br />
Faltrasierer: Das Produkt verpackt sich selbst.<br />
Der Rasierer wird durch Filmscharniere an vordefinierten<br />
Stellen gefaltet, das Produkt benötigt<br />
nur ein Min<strong>im</strong>um an Platz. Interessanter Nebeneffekt:<br />
Die Handhabung des Objekts reizt den<br />
Spieltrieb. Wir wissen, wovon wir sprechen.<br />
Die nachlassende Anspannung ist den Gesichtern anzusehen.<br />
Alle denkbaren Verkehrswege, die vom Empfang in die Tiefe<br />
des Gebäudes führen, sind durch mobile Absperrungen, wie man<br />
sie vom Sicherheitscheck auf den Flughäfen kennt, klar gekennzeichnet.<br />
Niemand soll sich verlaufen oder zum unerwarteten<br />
Sicherheitsproblem werden. Das spezialisierte Personal trägt<br />
dunkle Anzüge und die obligatorischen Knöpfe in den Ohren,<br />
aber in ein paar Stunden wird wieder die Normalität des Büroalltags<br />
einziehen. Gestern war Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />
zu Besuch, heute morgen hielt der Industriekommissar der<br />
Europäischen Union, Günter Verheugen, einen Vortrag. Ein<br />
nicht alltägliches Programm, aber das Europäische Patentamt<br />
(EPA) in München feiert gerade seinen 30. Geburtstag. In der<br />
Wahrnehmung der Öffentlichkeit handelt es sich um eine<br />
unauffällige, distanziert und leise arbeitende Einrichtung,<br />
von der viele Menschen <strong>im</strong> Grunde nicht so genau wissen, was<br />
dort eigentlich gemacht wird. Etwas mit Patenten, nur auf<br />
europäischer Ebene.<br />
Allein aus dem Namen Auftrag und Selbstverständnis des<br />
Europäischen Patentamts abzuleiten führt aber schon fast in<br />
die falsche Richtung. Denn eine europäische Behörde, in irgendeiner<br />
Form dem Brüsseler Verwaltungsapparat unterstellt, ist<br />
die Einrichtung keinesfalls. Auf Eigenständigkeit und separate<br />
Verantwortungen, auch in finanziellen Dingen, legt man betont<br />
großen Wert. Vizepräsident Thomas Hammer unterstreicht die<br />
Bedeutung des Amtes über die nationalen Landesgrenzen hinweg,<br />
verweist aber gleichzeitig auf die besonderen Aufgaben der<br />
jeweiligen nationalen Einrichtungen, die besonders für kleinere<br />
Unternehmen, Betriebe und Einzelpersonen die erste Anlaufstelle<br />
sind. Beide Organisationen eint freilich ein recht komplexes<br />
Regelwerk <strong>im</strong> Verwaltungsablauf zwischen Patentanmeldung,<br />
Prüfung, Bescheid und schließlich der Dokumentation und<br />
Informationsleistung über erteilte Patente. Das ist wesentlich<br />
anspruchsvoller, als es <strong>im</strong> ersten Augenblick klingt, und hat nicht<br />
sonderlich viel mit den üblichen Klischees behördlicher Organisationsabläufe<br />
zu tun. Zumindest die Chefetage vermittelt<br />
diesen Eindruck glaubhaft nach außen.<br />
Eine Behörde, die die Zukunft organisiert<br />
Thomas Hammer, ein sportlicher Endfünfziger, studierter<br />
Maschinenbauingenieur mit langjähriger Industrieerfahrung<br />
und permanent pendelnd zwischen seinen beiden Büros in<br />
Den Haag und München, denkt besonders gerne über die<br />
zukünftigen Herausforderungen und Weichenstellungen seiner<br />
international operierenden Einrichtung nach. Und <strong>im</strong> Zentrum<br />
dieser Aufgaben steht der Umgang mit einem weltweit <strong>im</strong>mer<br />
schneller und flüchtiger gehandelten Rohstoff: Wissen.<br />
<strong>VDWF</strong> <strong>im</strong> <strong>Dialog</strong> 2/<strong>2007</strong> 15<br />
Das Europäische Patentamt in München liegt<br />
ein wenig versteckt <strong>im</strong> Grün der Außenanlagen<br />
direkt an der Isar, unmittelbar gegenüber vom<br />
Deutschen Museum. Hier trafen sich Claus<br />
Kaelber und Thomas Hammer, Vizepräsident<br />
des Europäischen Patentamts, zum Gespräch.