Ausgabe 45 12/2005 - HSV-Supporters
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supporters news<br />
delegierter im aufsichtsrat:<br />
ein imperatives mandat?<br />
eine glosse zur rolle und aufgabe des aufsichtsratsdelegierten der abteilung der fördernden mitglieder<br />
text | milan pein<br />
Eine notwendige (trockene)<br />
Vorbemerkung: Die Satzungsväter<br />
des <strong>HSV</strong> haben<br />
bestimmten Teilen des Vereins<br />
das besondere Recht eingeräumt,<br />
ein Vereinsmitglied aus ihren Reihen<br />
in den Aufsichtsrat des Gesamtvereins<br />
direkt zu entsenden. Diese sogenannten<br />
Delegierten sind ordentliche<br />
Mitglieder des Aufsichtsrates mit allen<br />
Rechten und Pflichten, wie sie die<br />
Satzung und das deutsche Vereinsrecht<br />
aufgeben. Ihr einziger Unterschied<br />
zu anderen Mitgliedern des Aufsichtrates<br />
ist der, dass sie nicht durch<br />
die oberste Vereinsinstanz – die Mitgliederversammlung<br />
–, sondern durch<br />
eine Versammlung der einzelnen Abteilungen<br />
gewählt wurden. Außerdem<br />
können sie auch nicht durch Beschluss<br />
der Mitgliederversammlung abberufen<br />
werden. Delegierte werden gestellt<br />
von der Abteilung der Fördernden Mitglieder<br />
(im Verein regelmäßig konsequent<br />
inkorrekt als <strong>HSV</strong>-<strong>Supporters</strong><br />
bezeichnet), der Gemeinschaft der Senioren<br />
und den Amateurabteilungen.<br />
Der <strong>HSV</strong>- Ochsenzoll stellt als eigener<br />
Verein ebenfalls einen Delegierten.<br />
Aus dem Vorgesagten wird bereits<br />
deutlich, dass die Satzung den Delegierten<br />
keine andere Rolle, Aufgabe<br />
oder Funktion als den anderen Aufsichträten<br />
zugedacht hat. Selbstverständlich<br />
wird jede Abteilung ein besonderes<br />
Augenmerk auf die Arbeit „seines“ Aufsichtrates<br />
haben, und dieser wird sich<br />
im Gegenzug in besonderer Weise für<br />
<strong>12</strong><br />
die Belange dieser Abteilung einsetzen.<br />
Nichtsdestotrotz nimmt er sein Mandant<br />
in dem zentralen Kontrollgremium<br />
des Gesamtvereins für den ganzen <strong>HSV</strong><br />
wahr. In der Regel werden ein Großteil<br />
seiner Entscheidungen und Befassungen<br />
solche Themen zum Gegenstand<br />
haben, die seine eigene „Heimatabteilung“<br />
nicht oder jedenfalls nur indirekt<br />
betreffen. Gefragt sind meinungsund<br />
willensstarke Persönlichkeiten, die<br />
ihre Aufgabe nach bestem Wissen und<br />
Gewissen wahrnehmen. Amen.<br />
Trotzdem hat Henning Trolsen als<br />
Delegierter unserer Abteilung zur<br />
Grundlage seiner Amtsführung erklärt,<br />
er werde das, was die Mehrheit<br />
der Mitglieder ihm als ihre Meinung zu<br />
verstehen gibt, als seine Meinung im<br />
Aufsichtrat vertreten. Mit dieser basisdemokratisch<br />
anmutenden Aussage<br />
ist er auf der vorletzten Abteilungsversammlung<br />
mit großer Mehrheit gewählt<br />
worden. Sicher dürfte sein, dass<br />
er auch ohne den nicht ohne Pathos daherkommenden<br />
Satz „Ich bin nur eine<br />
Hülle“ gewählt worden wäre. Auf der<br />
damaligen Versammlung ist kritisch<br />
und mahnend von Seiten eines Aufsichtrates<br />
angemerkt worden, dass<br />
eine solche Interpretation des Delegiertenamtes<br />
als „imperatives“ (etwa<br />
befehlsgebundenes) Mandant erhebliche<br />
Schwierigkeiten bereiten könnte.<br />
Nach gut einem Jahr Tätigkeit im<br />
Aufsichtrat hat Henning Trolsen auf der<br />
letzten Abteilungsversammlung Bilanz<br />
gezogen und mitgeteilt, dass das bisher<br />
von ihm praktizierte System zu ei-<br />
nem Konflikt führen könnte. Zum einen<br />
sei festzustellen, dass viele Entscheidungen<br />
in einem solchen Tempo getroffen<br />
werden müssten, dass eine Rückkopplung<br />
mit den einfachen Mitgliedern<br />
nicht möglich sei. Beispiel: Der praktisch<br />
über Nacht abzuschließende Van<br />
der Vaart-Transfer. Es ehrt Henning<br />
Trolsen, dass er sich nicht scheut einzugestehen,<br />
dass er diesem Transfer<br />
nicht seine Zustimmung erteilt hat, weil<br />
er, gewissermaßen seines Basiskontaktes<br />
beraubt, eine solche Entscheidung<br />
nicht verantworten wollte. Zum<br />
anderen bereite die angestrebte Hüllen-Funktion<br />
den anderen Mitgliedern<br />
des Aufsichtrates mehr und mehr Probleme,<br />
da sie die Vertraulichkeit der<br />
Beratungen hierdurch bedroht sehen.<br />
Trolsen befürchtet wohl insoweit nicht<br />
ganz zu Unrecht, dass wichtige Entscheidungen<br />
demnächst ohne ihn getroffen<br />
werden oder besser gesagt vorbereitet<br />
werden.<br />
Mit der ihm eigenen Eloquenz hat<br />
Trolsen die Lösung dieses Konfliktes<br />
an die Mitgliedschaft delegiert. Diese<br />
soll nun entscheiden, wie es weiter gehen<br />
soll. Dabei kann sie überspitzt gesagt<br />
zwischen Pest und Cholera wählen,<br />
denn entweder sie entlässt die<br />
„Hülle“ Trolsen aus dem selbstgewählten<br />
Gefängnis des Lobbyisten und<br />
beraubt sich damit vermeintlich ihres<br />
einzig wahren, bedingungslos ergebenen<br />
Vertreters, oder sie schickt ihn ins<br />
Exil der Nichtgefragten, die erst dann<br />
abstimmen dürfen, wenn bereits alles<br />
entschieden wurde. Welche Alter