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Ausgabe 45 12/2005 - HSV-Supporters

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die spitze des eichbergs<br />

text | ingo thiel<br />

Von der PR-Agentur des Vermark-<br />

ters engagierte Schauspieler auf<br />

Jahreshauptversammlungen,<br />

überteuertes Autowachs beim Mer-<br />

chandising,Immobiliensteuersparmo- delle im Osten, ein <strong>Supporters</strong>-Kas-<br />

senwart, der Fan-Gelder veruntreute<br />

und unvergessene Spielereskapaden<br />

z.B. bei Taxifahrten – man sollte mei-<br />

nen, der <strong>HSV</strong> habe allein in den vergan-<br />

genen zehn Jahren genug Skandälchen<br />

erlebt. Ist aber alles nichts gegen die<br />

schönsten Skandale auf Schalke: waren<br />

die ersten Jahre seit Vereinsgründung<br />

nur durch solche Höhepunkte wie den<br />

dreimaligen Dauergewinn der Ruhrbezirksmeisterschaft<br />

gekennzeichnet,<br />

wäre es 1930 schon fast wieder vorbeigewesen<br />

mit der Schalker Herrlichkeit.<br />

Die Knappen verstießen durch Zahlung<br />

von Spesen gegen das Amateurstatut<br />

und der DFB verbot im August den Einsatz<br />

fast aller Spieler der 1. Mannschaft<br />

und hob es erst im Oktober gegen Zahlung<br />

einer Geldstrafe wieder auf. Einzig<br />

bedauernswertes Opfer: Der Schatzmeister<br />

Willi Nier, der die Schande nicht<br />

ertragen konnte und sich bei Bekanntwerden<br />

der Affäre selbst entleibte. Die<br />

sechs deutschen Meisterschaften zwischen<br />

1934 und 1942 wären eigentlich<br />

noch getoppt worden, so die Autoren,<br />

wenn man Schalke, das damalige Bayern<br />

des Westens mit seinem berühmten<br />

„Kreisel“, nicht 1938 im Endspiel<br />

gegen Hannover aufs Übelste beschissen<br />

hätte. So habe Reichssportführer<br />

von Tschammer und Osten beim Mannschaftsbankett<br />

ausgesagt „es musste<br />

mal eine andere Mannschaft Deutscher<br />

Meister werden, sonst wäre es langweilig<br />

geworden.“ Auch nach dem Krieg<br />

ging das Schummeln und Bescheißen<br />

auf Schalke weiter: Der zweite Kassierer<br />

des S 04 startete eine Intrige<br />

und deckte auf, dass der Klub laufend<br />

Steuergelder unterschlagen und Eintrittskarten<br />

nicht angerechnet und eine<br />

schwarze Kasse eingerichtet hatte.<br />

Zwei Jahre dauerte der Prozess und endete<br />

– genau – mit Geldstrafen und einem<br />

Selbstmord, wobei der erste Kassierer<br />

Asbeck sich privat verkalkuliert<br />

haben soll. Auch Schalkes Hauptrolle<br />

im Bundesligaskandal wird minutiös<br />

aufgerollt und man wundert sich schon,<br />

wie lange Lügen und Meineide von Lizenzspielern<br />

aufrecht erhalten werden.<br />

Und wer moniert, dass der DFB bei der<br />

Hoyzer-Affäre zögerlich und unsicher<br />

agiert habe, der sollte lesen, wie die<br />

Funktionäre geschlagene fünf Jahre<br />

benötigten und auf ständigen Schlingerkurs<br />

gingen, um letztendlich einen<br />

Vergleich zu schließen und Spieler wie<br />

Lütkebohmert, Fichtel und Rüssmann<br />

lediglich für ein Jahr zu sperren.<br />

Viel schöner als die Schalker und andere<br />

Schummeleien sind da doch Anekdoten<br />

wie die „Schäferhund-Affäre“<br />

als die Spieler Friedel Rausch und Gerd<br />

Neuser ausgerechnet beim Erzrivalen<br />

in Dortmund während des laufenden<br />

Spiels von Polizeihunden in den Allerwertesten<br />

gebissen wurden und das Interview<br />

mit Carmen Thomas zu ihrem<br />

legendären „Schalke 05“-Versprecher.<br />

Genial auch die Ausführungen der Günter-Machtkämpfe<br />

an Schalkes Spitze<br />

mit den Zampanos „Oscar“ Siebert und<br />

Die Spitze des Eichbergs<br />

Die schönsten Skandale des FC Schalke 04<br />

Schalker Fan-Initiative e.V. (Red. Schalke Unser)<br />

Klartext Verlag<br />

14,90 Euro<br />

supporters news<br />

dem „Sonnenkönig“ Eichberg, das Interview<br />

mit dem „Drei-Tage-Präsidenten“<br />

Michael Zylka sowie die drei<br />

Pressekonferenzen innerhalb von zwei<br />

Stunden mit jeweils widersprechendem<br />

Inhalt nach der Jahreshauptversammlung<br />

1994. Da das Buch mit der „Kontraste-Affäre“,<br />

als das ARD-Magazin<br />

heftigste Vorwürfe gegen Rudi Assauer<br />

erhob, 1995 endet, sind wir schon gespannt<br />

auf die Fortsetzung. Auch wenn<br />

die Autoren meinen, dass Schalke sich<br />

seitdem in ruhigen Fahrwassern bewegt<br />

- über 4-Minuten-Meisterschaften,<br />

Finanzierungsmodelle, Großeinkäufe<br />

und 50 Jahre vergebliches<br />

Warten auf die nächste Meisterschaft<br />

(2008) lässt sich doch vortreffl ich ein<br />

zweiter Teil schreiben. Denn „Schalke<br />

Unser“ ist einfach ein geiles Fanzine,<br />

mit viel Herzblut und Selbstironie gemacht.<br />

Und man kann ja gegen Gelsen-<br />

Szene, ballonseidene Trainingsanzüge<br />

und die schönste Turnhalle der Welt haben<br />

was man will – der Einsatz der Fans<br />

für ihren S 04 ist schon bemerkenswert<br />

und das gilt auch für dieses Buch, das<br />

eine etwas andere Vereinschronik darstellt:<br />

Gerade für Nicht-Schalker amüsant.<br />

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