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Sommer Magazin 2012

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DIE EISERNEN<br />

VOM WÖRTHERSEE.<br />

Was um alles in der Welt treibt einen vernünftigen<br />

Menschen dazu, 3,86 km zu schwimmen, hinterher<br />

180,2 km am Rennrad zu strampeln und zum<br />

Drüberstreuen einen Marathon (42,195 km) zu laufen?<br />

Und wer tut sich das an?<br />

Text Mike Diwald<br />

1<br />

Kärnten magazin 82<br />

Zumindest letztere Antwort ist denkbar<br />

einfach: All jene, die einmal als<br />

Finisher des Ironman Kärnten gelten<br />

wollen, und besagte Distanzen in<br />

maximal 17 Stunden schaffen.<br />

17 Stunden? So wie zwei Arbeitstage<br />

plus eine Überstunde, nur ohne Schlafen<br />

dazwischen? Yessir!<br />

Wobei?s auch schneller geht: Der Rekord,<br />

im letzten Jahr vom 6-fach-Sieger<br />

Marino Vanhoenacker aus Holland<br />

aufgestellt, liegt bei 7 h 45 min 58 sec.<br />

Und zwischen dieser Zeit und besagten<br />

17 Stunden ereignen sich die kleineren<br />

und größeren Tragödien von 2.349 Finishern,<br />

und die ganz großen von jenen<br />

146 Unglücklichen, die die Checkpoints<br />

zu spät passieren oder aufgeben.<br />

Zweieinhalbtausend Spinner, sagen die<br />

einen, zweieinhalbtausend Helden, die<br />

anderen!<br />

3-fach-Finisher: Birgit Morelli.<br />

Dabei sind sie weder das eine noch das<br />

andere, sondern ganz normale Menschen,<br />

die ihre Grenzen ausloten, und<br />

sich auf eine Abenteuerreise begeben.<br />

Menschen wie Birgit Morelli:<br />

Die damals 26-jährige beschloss 2004,<br />

endlich regelmäßig Sport zu betreiben,<br />

und engagierte einen Personal Trainer,<br />

der ihr ?in den Hintern treten sollte?.<br />

Das tat der Mann offensichtlich mit Erfolg,<br />

denn bereits zwei Jahre später<br />

nahm die Kärntnerin am Ironman in<br />

Klagenfurt teil, den sie in 13 h 48 min<br />

auch finishte. ?Der Bewerb?, sinniert<br />

sie, ?ist nur die Belohnung für das<br />

Training, das die eigentliche Herausforderung<br />

darstellt.? 8 bis 10 Stunden<br />

wöchentlich habe sie im Schnitt dafür<br />

über 10 Monate investiert. ?Arbeiten,<br />

trainieren, schlafen, das war mein<br />

Tagesablauf.? Und zwischendurch ?<br />

beim Training ebenso wie beim Bewerb<br />

? immer wieder die Frage nach dem<br />

Sinn dieses Tuns. Eine Frage, auf die sie<br />

nach drei erfolgreichen Teilnahmen am<br />

Ironman Kärnten ihre Antwort gefunden<br />

zu haben glaubt. ?Ich hab viel für<br />

mein Berufs- und Privatleben gelernt:<br />

das Durchhalten, das Bewältigen von<br />

Krisen, das Durchtauchen von Wellentälern.<br />

Das kann mir niemand mehr<br />

nehmen!?<br />

Von Velden zur Klagenfurter Ostbucht:<br />

?Kärnten läuft?-Halbmarathon.<br />

Gegen die Ironman-Strapazen muten<br />

die 21,0975 km beim ?Kärnten läuft?-<br />

Halbmarathon von Velden nach Klagenfurt<br />

beinahe wie ein Kirchenchor-<br />

Ausflug an. Aber Vorsicht! Auch diese<br />

Distanz ist nicht zu unterschätzen,<br />

zumal sie in einem ganz anderen<br />

Tempo als die volle Marathon-Distanz<br />

am Ende des Ironman angegangen<br />

wird. Der Kenianer Kipsang Wilson<br />

siegte im vergangenen Jahr mit der<br />

Zeit von 1 h 02 min 25 sec, das bedeutet<br />

eine Durchschnittsgeschwindigkeit von<br />

20,28 km/h. Zum Vergleich: Selbst gute<br />

Hobbyläufer bringen?s im Sprint über<br />

ein paar Meter maximal auf 18 km/h.<br />

Aber das sind Zahlenspielereien für<br />

ehrfürchtige Hobbysportler. Genau an<br />

die richtet sich ?Kärnten läuft? in erster<br />

Linie: Wer regelmäßig ? sprich: mehrmals<br />

pro Woche ? sein Laufpensum absolviert,<br />

für den stellt die Halbmarathon-Distanz<br />

keinen allzu großer Auftrag<br />

dar.<br />

Schönste Laufstrecke der Welt.<br />

Der sollte während des Laufens die<br />

Muße finden, das Nordufer des Wörthersees<br />

in einer ganz ungewohnten<br />

Gemächlichkeit zu erleben: Er sieht<br />

prächtige Wörthersee-Villen, die pittoreske<br />

Kirche von Maria Wörth am gegenüberliegenden<br />

Seeufer, die alten<br />

Badehäuser beim Friedlstrand und die<br />

vielen Segelboote am tiefblauen See.<br />

Und endlich wallen die Endorphine<br />

hoch, gelangt der Läufer in jenen mystischen<br />

Bereich des ?Runner?s High?,<br />

das ihm ein glückliches Lächeln ins Gesicht<br />

zaubert.<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1) 6-fach-Sieger Marino Vanhoenacker<br />

bei seinem Ironman-Klagenfurt<br />

Triumph 2011. Im letzten Jahr war er<br />

noch mal um 20 Sekunden schneller.<br />

2) Die Wasserdusche kurz vor dem Ziel<br />

des ?Kärnten läuft?-Halbmarathon<br />

gibt Kraft für den Endspurt.<br />

3) Vor dem Schlosshotel Velden<br />

erfolgt der Start zum ?Kärnten läuft?-<br />

Halbmarathon.<br />

4) Birgit Morelli auf der 180,2 km langen<br />

Radstrecke des Ironman Kärnten.<br />

Immer lauter werden die Anfeuerungsrufe<br />

und die Publikumsreihen dichter<br />

auf diesen letzten Kilometern vor dem<br />

Ziel. Bio-Doping für die bereits bleischweren<br />

Beine, die sich verselbstständigen<br />

und ausgerechnet den<br />

letzten Kilometer in knapp 5 Minuten<br />

förmlich überfliegen.<br />

Und im ersten Rausch nach dem Passieren<br />

der Ziellinie fragt man sich, ob<br />

man nicht auch einmal zu jenen Eisernen<br />

gehören will, die sich ?Finisher des<br />

Ironman? nennen dürfen. Naja, nächstes<br />

Jahr vielleicht ...<br />

Kärnten magazin 83

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