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Kärnten magazin 14<br />
SAURES VON<br />
JOHANNA.<br />
Wenn sie im roten Top, im schwarzen<br />
Mini, mit perfekt manikürten Nägeln<br />
und ihren Flip-Flops, begleitet von ihrer<br />
Hündin Bella, den fruchtbaren Hügel<br />
zum Lenzbauern hinaufspaziert, wo<br />
Wein und Äpfel gedeihen, wirkt sie<br />
eher wie ein süßes Schulmädel aus der<br />
Stadt, das sich aufs Land verirrt hat.<br />
Klischees passen nicht auf Johanna<br />
Gritsch. Sie ist schon 24, hat keine<br />
Angst ?vor Dreck?, liebt das Leben auf<br />
dem Bergrücken über Wolfsberg und<br />
liefert im Jahr 250.000 Flaschen feinsten<br />
Essigs aus. Die besten Lavanttaler<br />
?Apfalan? sind der feine Rohstoff für<br />
Johannas Produkt, und die Lieferungen<br />
erreichen über die größten Handelsketten,<br />
die wir kennen, selbst Norddeutschland.<br />
2007, als sich ihr Vater immer mehr mit<br />
dem Weinbau zu beschäftigen begann,<br />
hat Johanna die Frage gestellt bekommen,<br />
ob sie die Essigproduktion übernehmen<br />
würde. Sie hat kurz nachgedacht<br />
und ?Ja!? gesagt. Die Wabnig-<br />
Mutti, ihre 91-jährige Großmutter, hört<br />
seither nicht auf, ihre Enkelin zu fragen:<br />
?Meinst, Johanna, ist das wohl das<br />
Richtige für dich??<br />
Die fesche Lavanttalerin wird manchmal<br />
zwar richtig schmutzig, muss immer<br />
wieder in den riesigen Tank steigen, um<br />
ihn zu reinigen, duftet schon einmal<br />
streng nach Essig. Dennoch: Sie hat<br />
einen lieben Freund gefunden, mit dem<br />
sie bald ein Haus zu bauen beginnen<br />
will, sie macht ihre Sache mit großer<br />
Leidenschaft, beschreibt sich als Frau<br />
der Praxis, hasst die Arbeit am Laptop<br />
und geht völlig auf, wenn sie den neuesten<br />
Jahrgang beurteilt. Wie sehr sie<br />
ihren Essig wertschätzt, erkennt man<br />
schon daran, dass sie ihn aus denselben<br />
Gläsern verkostet, aus dem Gäste<br />
des Lenzbauern den famosen Schlehdorn-<br />
oder Vogelbeerschnaps kredenzt<br />
bekommen, den ihr Vater brennt.<br />
?Meine Leidenschaft heißt Essig!?, sagt<br />
sie. Man nimmt Johanna ihre Passion<br />
auch ab, sieht man sie strahlen, wenn<br />
sie die Milde schmeckt und die schöne<br />
Farbe ihres Bioprodukts im Schein des<br />
Gegenlichts funkeln lässt. ?Essig ist das<br />
einzige Lebensmittel, das mit zunehmendem<br />
Alter nur besser wird ...?,<br />
schwärmt sie, ?... und obendrein eines,<br />
das schon in der Bibel erwähnt wird!?,<br />
ergänzt der stolze Papa. Johanna<br />
lächelt, als hielte sie das für eine Übertreibung.<br />
Wie sie das, was sie tut, gelernt hätte?<br />
?Durch mein Papa, durch?s Internet und<br />
durchs Lästigsein beim Nachfragen bei<br />
allen, die sich auskennen?, schmunzelt<br />
sie.<br />
Acht Katzenfindelkinder, zwei Pfaue,<br />
Dolce und Gianni, zwei Igel, Fred und<br />
Wilma mit Namen, Frösche, Kröten und<br />
natürlich der Berner Sennenhund Bella<br />
fleuchen über den Hof. Johanna ist fast<br />
ein weiblicher Dr. Dolittle. Sie genießt<br />
das Landleben sehr, wie sie sich auch<br />
ins Zeug wirft, tischt die Mama ihre<br />
himmlischen faschierten ?Labalan? mit<br />
dem würzigen Erdäpfelpüree auf. ?Hier<br />
heroben kann ich machen, was ich will.<br />
Hier geht?s mir einfach gut.? Zwar liebt<br />
sie Housemusik, geht aber auch einmal<br />
auf ein Zucchero-Konzert. Sie fährt<br />
ihren schwer aufpolierten Golf mit der<br />
gleichen Selbstverständlichkeit, mit der<br />
sie ihren über zumindest zweieinhalb<br />
Jahre im Holzfass gereiften Apfelessig<br />
mit Blütenhonig mittwochs auf dem<br />
Reifnitzer Bauernmarkt am Wörthersee<br />
feilbietet.<br />
Wenn nach der Apfelernte im Herbst<br />
der Ertrag von vier Hektar Bio-Plantage<br />
aussortiert wird, legt Johanna<br />
selbst Hand an, und die Maniküre muss<br />
zuweilen ein wenig warten. ?Gepresst<br />
werden nur die besten Äpfel!?, ist sie<br />
streng. Unlängst wurde ein neues<br />
Flaschenlager im Tal gebaut. Immerhin<br />
stehen ständig drei- bis vierhunderttausend<br />
Liter Essig in Holzfässern zur<br />
Abfüllung bereit.<br />
Die Spätsommersonne flutet den Südhang.<br />
Johanna beißt in einen Apfel. Sie<br />
lächelt ihr süßestes Lächeln und freut<br />
sich auf die nächste Ernte. Es wird<br />
wieder feinen sauren Essig geben ...<br />
Wenn einem Johanna Gritsch, die Lenzbäuerin,<br />
Saures verspricht, so ist das keine Drohung.<br />
Im Gegenteil, dann kann man sich auf feinsten,<br />
mit Honig veredelten Essig aus Kärntens<br />
Apfelregion, dem Lavanttal, freuen. Begegnung<br />
mit einer Frau, die aus dem Klischee kippt.<br />
Johanna Gritsch verkauft ihre herrlich ehrlichen Essigprodukte und die Weine<br />
und Schnäpse ihres Vaters auch ab Hof und sommers auf dem wöchentlichen Markt<br />
in Reifnitz am Wörthersee. Da ist die charmante Essigbäuerin persönlich<br />
anwesend. Für einen ersten Überblick reicht ein Klick: www.lenzbauer.com<br />
Kärnten magazin 15