Frohe Weihnachten und Prosit 2012! - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 114 / 21. 12. <strong>2012</strong><br />
zunehmend an Autonomie. In der Rückschau<br />
steht Steinkellner mit dieser Neuausrichtung<br />
seiner Arbeit im Kontext internationaler<br />
künstlerischer Tendenzen <strong>und</strong> Umbrüche.<br />
Durch die Entdeckung der Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Potentiale dieses Mediums Mitte der<br />
1970er-Jahre kam es zu einem radikalen<br />
Austausch von Steinkellners bisherigen Bezugsystems.<br />
An der Schnittstelle dieser Entwicklung<br />
steht die Werkgruppe „Zeichnungen<br />
Nr. 1-12 nach einer Gouache von 1976“.<br />
Ausgehend von dem kleinformatigen Bild<br />
„Weg ohne Spur“ hat Steinkellner mit Kugelschreiber<br />
(teilweise auch mit Farbstiften<br />
<strong>und</strong> Deckweiß) die vorgegebene gemalte<br />
Komposition mit einer Figur <strong>und</strong> einem Figurenfragment<br />
noch einmal in einer Serie<br />
von Zeichnungen ausgelotet. Er beschreibt<br />
es als den „Versuch, die Struktur der Malerei<br />
mit dem Zeichenstift abzutasten“. Ein Linien<strong>und</strong><br />
Gitternetz bildet dabei das Ordnungssystem,<br />
das der zeichnerischen Arbeit zugr<strong>und</strong>e<br />
liegt. Die Suche nach der „idealen<br />
Figur“ folgt damit einem vorgegebenen<br />
Plan. Es scheint, als wollte Steinkellner das<br />
scheinbar Abgeschlossene der Malerei noch<br />
einmal überprüfen <strong>und</strong> in Frage stellen.<br />
Zeichnung <strong>und</strong> Malerei, leeres<br />
Zwischenreich, All-over<br />
Anfang der 1980er-Jahre – dem Jahrzehnt<br />
der „Neuen Wilden Malerei“ – entstand ein<br />
weiterer Werkblock von großformatigen<br />
Zeichnungen, wieder bildeten Malereien den<br />
Ausgangspunkt. Im wiederholten Hinausarbeiten<br />
aus den gemalten Vorbildern – im Spannungsfeld<br />
von Entwurf <strong>und</strong> Ausführung –<br />
entdeckte Steinkellner nach eigenen Angaben<br />
das „überraschende Eigene des Zeichnens“,<br />
ein „leeres Zwischenreich“, das es „zu<br />
erk<strong>und</strong>en, zu beleben“ galt. Es ist vor allem<br />
das in diesen Zeichnungen angewandte Prinzip<br />
des „All-over“, das bei oberflächlicher<br />
Betrachtung Malerei suggeriert. Steinkellner<br />
ging es jedoch keineswegs darum, mit Farbstiften<br />
zu malen bzw. Malerei durch Zeichnung<br />
zu ersetzen. Vielmehr benutzte er das<br />
„All-over“ – als Prinzip der Malerei – zur<br />
Möglichkeit des scheinbar grenzenlosen<br />
Ausuferns, wobei lediglich die Bildränder<br />
die Intensität des Arbeitens bändigen <strong>und</strong><br />
eingrenzen.<br />
Zeichnung, Freiraum<br />
Im Versuch das Wesen der Zeichnung zu<br />
beschreiben, definiert Norman Bryson die<br />
Malerei als das „Sein“, die Zeichnung hingegen<br />
als das „Werden“. Dieses Werden, das<br />
Vorläufige des Prozesses des Zeichnens ist<br />
Foto: Philipp Steinkellner<br />
Foto: Philipp Steinkellner<br />
Kultur<br />
Fritz Steinkellner, Stationen VIII, 1972, Siebdruck 58 x 54 cm<br />
auch in den Arbeiten Steinkellners spürbar.<br />
Der Betrachter wird zum Archäologen, der<br />
für sich erst bestimmen muß, was er vor sich<br />
hat. Neben der Fragestellung um die Möglichkeiten<br />
der Malerei <strong>und</strong> der Zeichnung<br />
war es wohl diese Unmittelbarkeit des<br />
Zeichnens <strong>und</strong> das damit verb<strong>und</strong>ene Risiko<br />
des Arbeitens „ohne Schutzschirme oder<br />
Fritz Steinkellner, Im Spiegel <strong>und</strong><br />
außerhalb, 2011/<strong>2012</strong>, 112 x 136 x 28 cm<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
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Filter“, dieser „Bereich radikaler Offenheit“,<br />
was Steinkellner an der Zeichnung interessierte<br />
<strong>und</strong> ihn veranlaßte, die Zeichnung in<br />
der Folge immer weiter, in all ihren Facetten<br />
auszuloten. (Auszug aus Jutta M. Pichler:<br />
"Fürchte Dich nicht! Es gibt keine Kunst!",<br />
Fritz Steinkellner, 1972)<br />
Fritz Steinkellner<br />
ist am 14. Juni 1942 in Bad St. Leonhard,<br />
Kärnten geboren. Von 1962 bis 1966 Studium<br />
an der Akademie der bildenden Künste,<br />
Wien. Seit 1977 Mitglied der Wiener Secession.<br />
Von 1984 bis 1990 Lehrauftrag an der<br />
Akademie der bildenden Künste, Wien. Lebt<br />
<strong>und</strong> arbeitet in Wien <strong>und</strong> im niederösterreichischen<br />
Weinviertel.<br />
Katalog zur Ausstellung<br />
„Fritz Steinkellner: Ein Arbeitsbuch.“<br />
Hrsg. von Christine Wetzlinger-Gr<strong>und</strong>nig /<br />
Museum Moderner Kunst Kärnten. Mit Beiträgen<br />
von Martin Adel, Berthold Ecker, Ernst<br />
Nowak, Jutta M. Pichler, Kristian Sotriffer<br />
<strong>und</strong> Christine Wetzlinger-G<strong>und</strong>nig. Wien u.a.,<br />
Springer <strong>2012</strong>. ISBN: 978-3-7091-1487-2,<br />
Preis: 49 Euro. <br />
http://www.mmkk.at