THW-Handbuch Kraftfahrwesen im THW - THW OV Friedberg / Hessen
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<strong>Kraftfahrwesen</strong> <strong>im</strong> <strong>THW</strong><br />
Geschwindigkeiten und Entfernungen richtig einzuschätzen. Ältere Fußgänger reagieren<br />
häufig nicht schnell genug oder verhalten sich aus Unsicherheit und Angst anders<br />
als erwartet. Lkw-Fahrer sind wegen der Unhandlichkeit ihres Fahrzeugs oft zu Fahrmanövern<br />
gezwungen, die für andere Verkehrsteilnehmer auf den ersten Blick unverständlich<br />
sind. Motorräder reagieren bei Vollbremsungen anders als ein zweispuriges<br />
Fahrzeug usw. Nur mit Kenntnis der Situations- und Handlungsbedingungen der anderen<br />
Verkehrsteilnehmer kann die angemessene Geschwindigkeit gewählt werden.<br />
13.6.37 Akzeptanz sozialer Tugenden<br />
Die Akzeptanz sozialer Tugenden <strong>im</strong> Straßenverkehr hängt in erster Linie davon ab,<br />
wieweit die Teilnahme am Straßenverkehr soziales Verhalten ist. Soziales Verhalten<br />
spielt sich ab in der Begegnung mit anderen Menschen, wobei man den anderen Menschen<br />
bewusst wahrn<strong>im</strong>mt und für den anderen Menschen wahrnehmbar ist. Wesentliches<br />
Kennzeichen hierfür ist, dass man auf die Wirkung des eigenen Verhaltens bedacht<br />
ist. Die Geschwindigkeit hat Auswirkungen auf die Qualität der sozialen Akzeptanz.<br />
13.6.38 Kommunikation<br />
Im Straßenverkehr kann man die soziale Qualität des Verhaltens be<strong>im</strong> Gehen und be<strong>im</strong><br />
Radfahren direkter wahrnehmen. Autofahren dagegen verliert seine soziale D<strong>im</strong>ension<br />
mit zunehmender Geschwindigkeit, denn in einer best<strong>im</strong>mten Zeit kann man nicht beliebig<br />
viele Begegnungen verarbeiten. Begegnungen bei Geschwindigkeiten bis zu 30<br />
km/h behalten in der Regel ihre soziale D<strong>im</strong>ension bei. Oberhalb dieser Grenze n<strong>im</strong>mt<br />
sie deutlich ab. Die soziale Qualität einer Begegnung ist abhängig von der Geschwindigkeit,<br />
bei der sich die Begegnungen ereignen. Je geringer die Geschwindigkeit bei einer<br />
Begegnung, je bewusster kann man sie erleben. Je bewusster eine Begegnung<br />
wahrgenommen wird, je intensiver ist die daraus resultierende Erfahrung.<br />
13.6.39 Wertvorstellungen<br />
Erfahrungen be<strong>im</strong> Gehen und Radfahren beeinflussen Wertvorstellungen am intensivsten.<br />
Hier können sich wegen der direkten sozialen Kontakte vorhandene Wertvorstellungen<br />
wie Toleranz und Rücksichtnahme am intensivsten entwickeln. Das ist vor allem<br />
für junge Menschen bedeutsam, da sie hauptsächlich als Fußgänger und Radfahrer sozialisiert<br />
werden. In dieser Zeit verfestigen sich Vorstellungen über Vorrang und<br />
Nachrang <strong>im</strong> Straßenverkehr. Die Verhaltensmuster des zukünftigen Autofahrers werden<br />
in dieser Phase wesentlich geprägt. Wenn Kinder als Fußgänger und Radfahrer<br />
überwiegend höfliches Verhalten erleben, werden sich wahrscheinlich eher entsprechende<br />
Wertvorstellungen bei ihnen entwickeln.<br />
13.6.40 Lernort für unsoziales Verhalten<br />
Von ihrem dritten Lebensjahr an erleben Kinder den Straßenverkehr. Ihre Erfahrungen<br />
beginnen auf der Straße vor der Haustür. Wiener Sozialpsychologen untersuchten das<br />
Verhalten von 140 Testpersonen <strong>im</strong> Alter zwischen 18 und 84 Jahren. Fast alle Autofahrer<br />
hatten Kinder am Straßenrand zu spät wahrgenommen und bremsten auch nur<br />
unzureichend, wenn ein Kind über die Straße gehen wollte. Die Fahrer machten eher<br />
einen Schwenk um die Kinder, als abzubremsen.<br />
© <strong>THW</strong>-Leitung, <strong>Kraftfahrwesen</strong> <strong>im</strong> <strong>THW</strong> 12/2001 88